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RA Digital - 09/2016

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490 Referendarteil:

490 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 09/2016 Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz, da von der Behörde Ausnahme von Vergabekriterien zugelassen wurde Rechtsanspruch auf Festsetzung des Wochenmarktes nur in der beantragten Ausgestaltung BVerwG, Urteil vom 3.3.1987, 1 C 15.85, juris Rn 17; Landmann/ Rohmer, GewO § 69 Rn. 2, § 69a Rn 1 § 1 I GewRV NRW: Auf die örtlichen Ordnungsbehörden wird die Ermächtigung nach § 67 II GewO übertragen zu bestimmen, dass über die in § 67 I GewO aufgeführten Warenarten hinaus bestimmte Waren des täglichen Bedarfs auf allen oder bestimmten Wochenmärkten feilgeboten werden dürfen. Berücksichtigung des Angebots des Beigeladenen rechtswidrig, weil keine Beschränkung auf Waren des täglichen Bedarfs BVerwG, Urteil vom 27.4.1984, 1 C 26.82, juris Rn. 18 Besorgnis der Befangenheit der mitentscheidenden Amtsträger §§ 20, 21 VwVfG NRW entsprechen §§ 20, 21 VwVfG (Bund) BVerwG Beschluss vom 19.10.2015, 5 P 11.14, juris Rn 19 Nach den oben angeführten Maßstäben hat die Antragsgegnerin den Anspruch der Antragstellerin auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG zudem dadurch verletzt, dass sie den Antrag des Beigeladenen berücksichtigte, nachdem sie ihm vor Ablauf der Bewerbungsfrist abweichend vom allgemeinen Ausschreibungstext zugestanden hatte, auch außerhalb der für den Wochenmarkt in O. vorgesehenen Fläche, wie sie im Lageplan in Anlage 5 zur Ausschreibung verzeichnet war, Verkaufsstände darzustellen. […] Ob diese zusätzlichen Angebote auch auf der von der Antragsgegnerin vorgegebenen Wochenmarktfläche hätten realisiert werden können, ist unerheblich. Nach § 69 GewO besteht ein Rechtsanspruch auf Festsetzung des Markts nur in der beantragten Ausgestaltung, sofern keine Versagungsgründe nach § 69a Abs. 1 GewO vorliegen. Aus der Einstandspflicht des § 69 Abs. 2 GewO folgt, dass eine Festsetzung, die nicht nach Maßgabe des Antrags erfolgen kann, versagt werden muss. Eine hypothetisch mögliche vom Antrag abweichende Aufteilung des Marktangebots innerhalb des im Lageplan dargestellten Bereichs bei der Marktfestsetzung kommt deshalb nicht in Betracht. Darüber hinaus gibt der Fall Anlass zu dem Hinweis, dass der Antrag des Beigeladenen auch deshalb nicht berücksichtigt werden durfte, weil sich der Beigeladene danach offensichtlich nicht auf den Kreis der Waren des täglichen Bedarfs beschränken wird, die nach § 67 GewO i. V. m. § 1 Abs. 1 Gewerberechtsverordnung - GewRV NRW - und der Zusatzwarenverordnung der Stadt W. auf einem Wochenmarkt angeboten werden dürfen und abschließend festgelegt sind. In dem Non-Food-Bereich, den der Beigeladene ausweiten möchte, sollen außer Lebensmitteln alle übrigen Produkte, insbesondere Kurz- und Lederwaren, Gardinen, Bekleidung, Bettwäsche, Haushaltswaren, Blumen und Dekoration sowie andere Gegenstände des täglichen Bedarfs angeboten werden. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass jedenfalls auch nicht von § 67 GewO i. V. m. der Zusatzwarenverordnung erfasste Waren angeboten werden sollen. Scheidet auch aus diesem Grund nach geltendem Recht eine Festsetzung auf der Grundlage des Antrags des Beigeladenen aus, durfte neben der Erweiterung der Marktflächen auch die Ausweisung eines Non-Food- Bereichs erst recht nicht - wie tatsächlich erfolgt - zu einer Aufwertung dieses Antrags durch die Mitglieder der „Arbeitsgruppe Wochenmarkt“ führen. Jura Intensiv Die Antragsgegnerin darf bei der Ausübung ihres Auswahlermessens nicht auf Gesichtspunkte abstellen, die mit der zulässigerweise festzusetzenden Veranstaltung in keinem sachlichen Zusammenhang stehen. Gleichfalls ohne Erfolg wendet sich die Antragsgegnerin gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, hinsichtlich der an der Auswahlentscheidung beteiligten Ausschussmitglieder G. U. und V. N. bestehe die Besorgnis der Befangenheit gemäß § 21 VwVfG NRW. Die Regelung ist ebenso wie die Bestimmung über den gesetzlichen Ausschluss nach § 20 VwVfG NRW Ausdruck des Gebots der Unbefangenheit von Amtsträgern, das seine Grundlage im Rechtsstaatsgebot und den daraus abzuleitenden Prinzipien der Verfahrensgerechtigkeit sowie der Gewährleistung eines fairen Verfahrens findet. Inhaltsverzeichnis

RA 09/2016 Referendarteil: Öffentliches Recht 491 Auf sich beruhen kann, ob sich die Besorgnis der Befangenheit des Arbeitsgruppenmitglieds U. schon daraus ergibt, dass er Vorsitzender einer Wählergemeinschaft ist, die Mitglied des Beigeladenen ist. Ein Grund, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, liegt schon deshalb vor, weil er ersichtlich nicht die vorliegenden teilweise sehr ausführlichen Anträge und Konzepte vertretbar gewürdigt, sondern bezogen auf den Markt in O. dem Beigeladenen die volle Punktzahl zugebilligt hat, während er an alle Mitbewerber in sämtlichen Rubriken Null Punkte vergeben hat. Ausgehend davon, dass Null Punkte nach den vom Rat beschlossenen Vorgaben nur vergeben werden dürfen, wenn „keine konzeptionellen Angaben“ in einem Antrag enthalten sind, und ein gewerberechtlich nicht berücksichtigungsfähiger Antrag nicht mehr sachlich vertretbar als „sehr gutes Konzept mit innovativen Ideen“ mit der Höchstpunktzahl bewertet werden kann, drängt sich auf, dass die Bewertung dieses Ausschussmitglieds nicht anhand der Antragsunterlagen nachvollziehbar unparteiisch, sondern unter erkennbarer Bevorzugung des Beigeladenen, in dem die von ihm geleitete Wählergemeinschaft Mitglied ist, erfolgt ist. Jedenfalls besteht, was für einen Ausschluss bereits genügt, die Besorgnis seiner Befangenheit. Denn mit dem Ausschluss soll bereits dem „bösen Schein“ einer Befangenheit vorgebeugt werden. Dass die Bewertung des Arbeitsgruppenmitglieds U. gleichwohl berücksichtigt worden ist, ist auch nicht nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Es ist nicht offensichtlich, dass seine Mitwirkung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Bliebe seine Bewertung außer Betracht, hätte der Beigeladene nur 102 Punkte erhalten, während auf die Antragstellerin mit unverändert 108 Punkten die Höchstpunktzahl entfallen wäre. Das Verwaltungsgericht hat auch das weitere (stellvertretende) Ausschussmitglied N wegen Besorgnis der Befangenheit für von der Mitwirkung ausgeschlossen gehalten, weil diese bis Ende Oktober 2013 Vorstandsmitglied des Beigeladenen gewesen ist. Jura Intensiv In einer derartigen Stellung zu einem Verfahrensbeteiligten kann wegen der besonderen Verbundenheit zu diesem ein Grund vorliegen, der geeignet ist, Misstrauen gegen die unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, auch wenn die Vertretung des Beteiligten, die nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VwVfG NRW schon kraft Gesetzes zu ihrem Ausschluss geführt hätte, aktuell nicht mehr fortbesteht. Da schon die Berücksichtigung eines nicht genehmigungsfähigen Antrags und die Mitwirkung des Ausschussmitglieds U. eine stattgebende Entscheidung rechtfertigt, bedarf letztlich keiner abschließenden Klärung, ob auch Frau N. von einer Mitwirkung ausgeschlossen war. Allerdings spricht Vieles dafür. Der seit dem Austritt des stellvertretenden Ausschussmitglieds N. aus dem Vorstand des Beigeladenen verstrichene Zeitraum allein lässt die aus der früheren Tätigkeit erwachsene Besorgnis noch nicht entfallen. Für ein Fortbestehen dieser Besorgnis spricht immerhin Folgendes: Nach Aktenlage ist nicht ersichtlich, dass das Ausschussmitglied N gemäß §§ 21 Abs. 2, 20 Abs. 4, 88 VwVfG NRW wegen bestehender Zweifel, ob sie wegen der Besorgnis der Befangenheit Besorgnis der Befangenheit allein aufgrund von bestimmter Stellung? Besorgnis der Befangenheit wegen tatsächlichem Verhalten während des Verfahrens? BVerwG, Beschluss vom 14.10.2002, 1 DB 10.02, juris Rn 49 § 46 VwVfG NRW entspricht § 46 VwVfG (Bund) Bei einem Verstoß gegen § 21 VwVfG ist stets die Frage nach der Unbeachtlichkeit des Fehlers nach § 46 VwVfG NW zu prüfen. Der VA ist dann zwar formell rechtswidrig, seine Aufhebung kann aber – da ja die Entscheidung materiell richtig ist – nicht verlangt werden. Die Vorschrift dient der Prozessökonomie. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.10.1990, 10 M 30/90, juris Rn 10 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 20 Rn 17a Rechtsfragen, die nicht entscheidungserheblich sind, sind eigentlich offen zu lassen. In der Praxis nehmen die Gerichte hierzu dennoch Stellung, insbesondere wenn die Beteiligten hierzu intensiv vorgetragen haben. Hintergrund ist, dass sich die Beteiligten sich mit ihren Argumenten vor Gericht „gehört“ fühlen sollen. So sollte dann auch in einer Klausur verfahren werden. Inhaltsverzeichnis

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