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RA Digital - 09/2020

Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

Die richtige Lernhilfe

Die richtige Lernhilfe zur Examensvorbereitung Karteikarten für das 1. Examen ab 39,90 € Erhältlich für alle Rechtsgebiete, komplett in einem Kasten Im Frage- und Antwortsystem aufgebaut Länderspezifisch im Öffentlichen Recht, abgestimmt auf Ihr Bundesland* Jura Intensiv Zivilrecht Öffentliches Recht Strafrecht Alle Karteikarten sind in unserem Onlineshop erhältlich • BGB AT • Schuldrecht AT • Schuldrecht BT • Bereicherungsrecht & Deliktsrecht • Sachenrecht • Familien- & Erbrecht • ZPO I & ZPO II Nebengebiete • Arbeits-, Handels- und Gesellschaftsrecht Bundeseinheitlich: • Staatsorganisationsrecht, Grundrechte, Europarecht Landesspezifisch: • Verwaltungsrecht AT, Verwaltungsprozessrecht, Staatshaftungsrecht • Besonderes Verwaltungsrecht (Kommunalrecht, Polizeirecht, Baurecht, Straßenrecht) • Strafrecht Allgemeiner Teil • Strafrecht Besonderer Teil • StPO * Erhältlich für: Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen verlag.jura-intensiv.de/karteikarten Inhaltsverzeichnis

RA 09/2020 ÖFFENTLICHES RECHT Öffentliches Recht 477 Problem: Verfassungswidrigkeit des Paritätsgesetzes Einordnung: Staatsorganisationsrecht VerfGH Thüringen, Urteil vom 15.07.2020 VerfGH 2/20 EINLEITUNG Das Urteil des VerfGH war mit großer Spannung erwartet worden, handelt es sich doch um die erste Verfassungsgerichtsentscheidung zu einem der aktuell ganz großen Streitthemen des Staatsorganisationsrechts, der Paritätsgesetzgebung. Danach müssen die Wahllisten der Parteien abwechselnd Frauen und Männer aufweisen, sodass beide Geschlechter zu je 50% vertreten sind. Aufgrund des Umfangs der Entscheidung und ihrer besonderen Examensrelevanz finden sich in diesem Heft der „RA“ nur 2 anstatt der gewohnten 3 Entscheidungen zum Öffentlichen Recht. SACHVERHALT Nach dem Siebten Gesetz zur Änderung des Thüringer Landeswahlgesetzes – Einführung der paritätischen Quotierung – (Paritätsgesetz) sind die Landeslisten für die Wahl zum Thüringer Landtag abwechselnd mit Frauen und Männer zu besetzen. Landeslisten sind zurückzuweisen, soweit sie dieser paritätischen Besetzung nicht entsprechen. Personen, die im Personenstandsregister als „divers“ registriert sind, können auf jedem Platz kandidieren. Steht das Paritätsgesetz im Einklang mit der Thüringer Verfassung? LÖSUNG Das Paritätsgesetz könnte gegen Art. 46 I der Thüringer Verfassung (ThürVerf) und gegen Art. 21 I GG verstoßen. Jura Intensiv „In der Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte wie auch des Bundesverfassungsgerichts ist anerkannt, dass die Regelung in Art. 21 GG über die Mitwirkung von Parteien an der politischen Willensbildung zu dem in das Landesverfassungsrecht hineinwirkenden Bundesverfassungsrecht und damit zum materiellen Landesverfassungsrecht gehört.“ I. Beeinträchtigung des Art. 46 I ThürVerf Das Paritätsgesetz könnte die in Art. 46 I ThürVerf verankerten Grundsätze der Freiheit und Gleichheit der Wahl beeinträchtigen. „Diese Rechte beziehen sich nicht nur auf die Wahl selbst, sondern auch auf wahlvorbereitende Akte wie die von den Parteien vorgenommene Aufstellung von Listenkandidaten und -kandidatinnen. Durch diese Aufstellung wird eine notwendige Voraussetzung für die Wahl selbst geschaffen und das aktive und passive Wahlrecht unmittelbar berührt. Zum Bürgerrecht auf Teilnahme an der Wahl gehört daher auch die Möglichkeit, Wahlvorschläge zu unterbreiten. Mithin beziehen sich die Gleichheit und Freiheit der Wahl auch auf dieses Wahlvorschlagsrecht.“ LEITSÄTZE (DER REDAKTION) 1. Die Paritätsgesetzgebung beeinträchtigt die Wahlrechtsgrundsätze der Freiheit und Gleichheit der Wahl sowie das Recht der Parteien auf Chancengleichheit, Betätigungsfreiheit und Programmfreiheit. 2. Dem Demokratieprinzip lässt sich nicht entnehmen, dass ein Parlament ein Spiegelbild der Gesellschaft zu sein hat. Im Parlament schlagen sich die parteipolitischen Präferenzen des Volkes nieder, nicht dessen geschlechtermäßige, soziologische oder sonstige Zusammensetzung. 3. Die in Art. 2 II 2 ThürVerf normierte Gleichstellungsverpflichtung kann zwar grundsätzlich auch Beeinträchtigungen der Wahlrechtsgrundsätze und des Rechts der Parteien auf Chancengleichheit rechtfertigen. Das Paritätsgesetz lässt sich darauf jedoch wegen seiner Eingriffsintensität und unter Beachtung der historischen Auslegung nicht stützen. Prüfungsmaßstab Beachte: Art. 21 GG ist auch materielles Landesverfassungsrecht und damit Prüfungsmaßstab der Landesverfassungsgerichte (BVerfG, Urteil vom 24.1.1984, 2 BvH 3/83, juris Rn 23; VerfGH Rh.-Pfalz, Urteil vom 27.11.2007, VGH O 27/07, juris Rn 9). Art. 46 I ThürVerf: „Wahlen nach Art. 49 Abs. 1 […] sind allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim.“ Art. 49 I ThürVerf: „Der Landtag wird nach den Grundsätzen einer mit der Personenwahl verbundenen Verhältniswahl gewählt.“ Wahlrechtsgrundsätze schützen auch die Wahlvorbereitung © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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