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RA Digital - 09/2021

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472 Referendarteil:

472 Referendarteil: Zivilrecht RA 09/2021 Beschluss vom 30.04.2020, I ZB 61/19 Letzte Aspekte: Erstens: Prüfung, dass es nicht dem Schuldner obliegt, die fehlende Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung selbst gerichtlich geltend zu machen. Zweitens: Prüfung dahingehend, dass der S nicht verpflichtet ist, einen ggf. bestehenden Anspruch gegen den Vermieter auf Gewährung des Zugriffs gerichtlich geltend zu machen. BGH, Beschluss vom 14.08.2008, I ZB 39/08 Es handelt sich hier um eine Rechtsmittelentscheidung (sofortige Beschwerde gem. § 567 ZPO), sodass sich die Kostenentscheidung aus § 97 ZPO ergibt. Der Satz zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde sollte ebenfalls nicht vergessen werden, soweit er nicht in einer Klausur erlassen ist. Allein diese Vorgehensweise entspricht dem formalisierten Verfahren der Zwangsvollstreckung (BGH (…)). [33] Nach den Feststellungen des Gerichtsvollziehers, die die Gläubigerin weder im Erinnerungs- noch im Beschwerdeverfahren angegriffen hat, hat der Schuldner keinen Schlüssel für den und damit keinen Gewahrsam an dem verschlossenen Kellerraum, in dem sich die Zähler für alle Wohnungen des Mehrfamilienhauses nach seinen Angaben befinden. Der Gerichtsvollzieher dürfte diesen Kellerraum daher nicht nach § 892 ZPO zwangsweise öffnen. Hier steht fest, dass der S keinen Gewahrsam an den Räumen hat, in welchen sich der Stromzähler befindet. Erforderlich für den Zutritt zu diesen Räumen ist daher zwingend das Einverständnis eines (Mit-)Gewahrsamsinhabers oder das Vorliegen eines Titels gegen einen (Mit-)Gewahrsamsinhaber. Ebenfalls handelt es sich hierbei nicht [34] (…) um einen im Vollstreckungsverfahren unbeachtlichen materiellrechtlichen Einwand des Schuldners, der im Erkenntnisverfahren zu erheben gewesen wäre oder im Wege einer Vollstreckungsabwehrklage geltend zu machen sei. Ob der Schuldner Gewahrsam an einem Raum hat, zu dem er aufgrund eines Duldungstitels im Wege einer ergänzenden Handlungspflicht Zutritt gewähren soll, ist ein vom Gerichtsvollzieher bei der Durchführung der Zwangsvollstreckung von Amts wegen zu prüfender Umstand. Ebenfalls unerheblich ist die Beantwortung der Rechtsfrage, ob dem S ein Anspruch gegen seinen Vermieter auf Zutrittsgewährung zusteht. [35] Unerheblich ist auch, ob der Schuldner einen vertraglichen oder gesetzlichen Anspruch gegen seinen Vermieter auf Zutrittsgewährung zu dem Raum hat. Im Zwangsvollstreckungsverfahren kommt es nur auf die tatsächlichen Besitzverhältnisse an (BGH (…)). Der Schuldner wird durch einen Duldungstitel nicht verpflichtet, zur Ermöglichung der Vollstreckung Gewahrsam neu zu begründen. Ob ein Anspruch des Schuldners gegen seinen Vermieter besteht und der Gläubigerin auf ihren Antrag in entsprechender Anwendung des § 886 ZPO überwiesen werden könnte, bedarf vorliegend daher keiner Entscheidung. Jura Intensiv Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, die Voraussetzungen des § 574 II, III ZPO liegen nicht vor. FAZIT Es handelt sich hierbei um einen praxisnahen Fall, mit welchem Wissen aus dem Zwangsvollstreckungsrecht ideal abgefragt werden kann. In einer Klausur kann die sich hier ergebene Problematik mit weiteren Standardproblemen sehr gut kombiniert werden. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 09/2021 NEBENGEBIETE Nebengebiete 473 Arbeitsrecht Problem: AGB-Kontrolle einer Rückzahlungsklausel Einordnung: Freiwillige Leistung des Arbeitgebers ArbG Oldenburg , Urteil vom 25.05.2021 6 Ca 141/21 EINLEITUNG Zahlt der Arbeitgeber eine freiwillige Prämie, um die Arbeitnehmer zu künftiger Betriebstreue zu animieren, stellt sich die Frage, ob und welche Regeln der Arbeitgeber bzgl. einer Rückzahlung der Prämie festsetzen kann, wenn der Arbeitnehmer sich als nicht betriebstreu erweist, oder gekündigt wird. SACHVERHALT Der Arbeitgeber wollte seine im November 2020 an den Kläger ausgezahlte Sonderzahlung i.H.v. 550,- € netto von seinem ehemaligen Angestellten zurückgezahlt bekommen. Zur Begründung berief er sich auf eine Klausel im Arbeitsvertrag, nach der freiwillige Zuwendungen zurückverlangt werden können, wenn der Mitarbeiter innerhalb von 12 Monaten nach Gewährung der freiwilligen Zuwendung – wie vorliegend – auf eigenes Verlangen den Betrieb verlässt. LÖSUNG [1] Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Vergütung in Höhe von 550,00 € für die Monate März und April 2021 aus § 611a II BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 15.06.2020. Jura Intensiv [2] Das zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestand und der Kläger einen Vergütungsanspruch aus dem Arbeitsvertrag i.V.m. § 611a II BGB für die Monate März und April 2021 hat, steht zwischen den Parteien nicht in Streit. LEITSATZ Eine Regelung in AGB, die eine Rückforderung von freiwilligen Zuwendungen (von über 100,- €) für den Fall ermöglicht, dass der Arbeitnehmer den Betrieb innerhalb von 12 Monaten nach Gewährung der freiwilligen Zuwendung freiwillig verlässt, ist unwirksam. Ferner ist eine solche Rückzahlungsklausel nach § 307 I 1 BGB unwirksam, wenn mit ihr zumindest auch erbrachte Arbeitsleistung honoriert werden soll. Ein Indiz hierfür ist, wenn die Sonderzahlung „einmalig steuerfrei in Bezug auf die Corona-Pandemie“ gezahlt wird. [3] Der Anspruch des Klägers ist auch nicht nach § 389 BGB durch Aufrechnung der Beklagten mit einem Gegenanspruch in Höhe von 550,00 € netto erloschen. [4] Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil nach § 387 BGB seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann. Die Aufrechnung erfolgt nach § 388 Satz 1 BGB durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. Sie bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind (§ 389 BGB). Für eine wirksame Aufrechnung bedarf es daher einer Aufrechnungserklärung nach § 388 Satz 1 BGB, einer Aufrechnungslage nach § 387 BGB und die Aufrechnung darf nicht nach den §§ 390 ff. BGB ausgeschlossen sein. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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