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RA Digital - 09/2021

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476 Öffentliches Recht

476 Öffentliches Recht RA 09/2021 ÖFFENTLICHES RECHT LEITSÄTZE 1. Das in § 23 Abs. 4 Satz 1 StVO angeordnete Gesichtsverhüllungsund -verdeckungsverbot soll die Erkennbarkeit und damit die Feststellbarkeit der Identität von Kraftfahrzeugführern bei automatisierten Verkehrskontrollen sichern, um diese bei Verkehrsverstößen heranziehen zu können. Der Vorschrift kommt (auch) eine präventive Funktion zu. Mit dieser Zielrichtung dient die Vorschrift der allgemeinen Sicherheit des Straßenverkehrs und dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter (Leben, Gesundheit, Eigentum) anderer Verkehrsteilnehmer. 2. Durch die den Straßenverkehrsbehörden in § 46 Abs. 2 Satz 1 StVO eingeräumte Möglichkeit der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung soll besonderen Ausnahmesituationen Rechnung getragen werden, die bei strikter Anwendung der Bestimmungen nicht hinreichend berücksichtigt werden könnten und eine unbillige Härte für den Betroffenen zur Folge hätten. 3. Das Ermessen der Straßenverkehrsbehörden bei der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 StVO von dem in § 23 Abs. 4 Satz 1 StVO geregelten Verbot ist nicht bereits deshalb auf Null reduziert, weil ein religiös begründetes Bedürfnis nach einer Verhüllung des Gesichts besteht (hier: Gesichtsschleier in Form eines Niqabs). 4. […] § 46 II 1 StVO Problem: Führen eines Kfz mit Gesichtsschleier Einordnung: Grundrechte, Straßenverkehrsrecht VG Düsseldorf, Beschluss vom 26.11.2020 6 L 2150/20 OVG Münster, Beschluss vom 20.05.2021 8 B 1967/20 EINLEITUNG Die Frage, ob eine gläubige Muslima aufgrund ihrer religiösen Überzeugung bestimmte Pflichten aus der StVO nicht erfüllen muss, ist sicherlich eher ungewöhnlich, aber rechtlich hoch interessant und ein „ganz heißer“ Examenstipp. SACHVERHALT Die Antragstellerin (A) beantragt bei der zuständigen Behörde, ihr beim Führen eines Kfz das Tragen eines Niqab zu erlauben, bei dem lediglich die Augen, die Augenbrauen und der obere Teil der Nasenwurzel sichtbar sind. Zur Begründung beruft sie sich auf ihre Glaubensfreiheit, da sie praktizierende Muslima sei und den Niqab aus tiefer religiöser Überzeugung trage. Ein Verweis auf die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sei unzulässig. Sie wohne zwar in einer Großstadt mit einem gut ausgebauten ÖPNV, sei aber in der Öffentlichkeit immer wieder Anfeindungen aufgrund ihres Niqab ausgesetzt, sodass ihr die Nutzung des ÖPNV nicht zugemutet werden könne. Zudem sei ein Verhüllungsverbot nicht erforderlich, da als milderes Mittel die Auferlegung eines Fahrtenbuchs in Betracht komme. Steht A der geltend gemachte Anspruch zu? LÖSUNG A steht der geltend gemachte Anspruch zu, wenn eine wirksame Anspruchsgrundlage existiert und deren Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Jura Intensiv I. Anspruchsgrundlage Als Anspruchsgrundlage kommt § 46 II 1 StVO in Betracht. II. Anspruchsvoraussetzungen Fraglich ist, ob die Voraussetzungen des § 46 II 1 StVO vorliegen. Ausnahme von § 23 IV 1 StVO Problem: Verfassungskonformität des § 23 IV 1 StVO Parlamentsgesetz erforderlich? 1. Tatbestand Tatbestandlich setzt § 46 II 1 StVO voraus, dass eine Ausnahme von Vorschriften der StVO begehrt wird. Hier ist die Verbotsvorschrift des § 23 IV 1 StVO einschlägig, wonach niemand, der ein Kfz führt, sein Gesicht so verhüllen oder verdecken darf, dass er nicht mehr erkennbar ist. Fraglich ist jedoch, ob dieses Verbot im Einklang mit dem höherrangigen Recht steht. a) Wesentlichkeitstheorie Möglicherweise gebietet die sog. Wesentlichkeitstheorie, das Verhüllungsverbot in einem Parlamentsgesetz zu normieren. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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