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RA Digital - 09/2021

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488 Referendarteil:

488 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 09/2021 Rechtsgrundlage für den Gebührenbescheid: Hier FStrG i.V.m. StrSoGebV, da es um die Zufahrt zu einer Bundesstraße geht. Tatbestandsvoraussetzung: Es muss tatsächlich eine Sondernutzung vorliegen. Vorliegend geht es nicht um die „klassische“ Abgrenzung zwischen Gemeingebrauch und Sondernutzung, sondern um die Auslegung von § 8a I FStrG, die bereits Gegenstand von Examensklausuren war. Beklagte ist nicht Gebührengläubigerin Müller/Schulz, Bundesfernstraßengesetz, § 8, Rn 59 Hier: Keine gebührenpflichtige Sondernutzung Die bestandskräftige Sondernutzungserlaubnis entfaltet insoweit keine Tatbestandswirkung. Reichweite der Bestandskraft und Tatbestandswirkung eines VA Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 43, Rn 55 f., 154 Der Regelungsgehalt des VA ist durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont unter Berücksichtigung des Bestimmtheitsgebots zu ermitteln. Rechtsgrundlage des Bescheids vom 22. August 2017 ist § 8 Abs. 3 FStrG i. V. m. § 1 StrSoGebV. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 FStrG können für Sondernutzungen Sondernutzungsgebühren erhoben werden. Diese stehen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 FStrG in Ortsdurchfahrten den Gemeinden und im Übrigen dem Träger der Straßenbaulast zu. Die auf Grundlage des § 8 Abs. 3 FStrG erlassene StrSoGebV regelt in § 1 unter anderem, dass für Sondernutzungen an Bundesfernstraßen außerhalb der Ortsdurchfahrten Sondernutzungsgebühren nach dem in der Anlage aufgeführten Gebührentarif erhoben werden. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 FStrG gilt die Benutzung der Bundesstraßen über den Gemeingebrauch im Sinne des § 7 FStrG hinaus als Sondernutzung. Nach § 8a Abs. 1 Satz 1 FStrG gelten Zufahrten und Zugänge zu Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten als Sondernutzung im Sinne des § 8, wenn sie neu angelegt oder geändert werden. Eine Änderung liegt nach § 8a Abs. 1 Satz 2 FStrG auch vor, wenn eine Zufahrt oder ein Zugang gegenüber dem bisherigen Zustand einem erheblich größeren oder einem andersartigen Verkehr als bisher dienen soll. Die Zufahrt zur B 3 vom klägerischen Grundstück liegt nicht, wie die Beklagte annimmt, außerhalb einer Ortsdurchfahrt, sondern innerhalb der Ortsdurchfahrt E-Stadt. Da in Ortsdurchfahrten die Gebühren den Gemeinden zustehen kann die Beklagte nicht als zuständige Gebührengläubigerin nach § 1 StrSoGebV gehandelt haben. Dies wäre stattdessen die Beigeladene. Es liegt indes auch kein gebührenpflichtiger Sachverhalt vor. Trotz der gegenüber dem Kläger zu 1. bestandskräftig gewordenen Sondernutzungserlaubnis der Beklagten vom 15. April 2009 ist zu prüfen, ob die Zufahrt zum klägerischen Grundstück A-Straße außer- oder innerhalb der Ortsdurchfahrt liegt. Die Sondernutzungserlaubnis vom 15. April 2009 ist zwar als ein eigenständiger Verwaltungsakt gegenüber den Klägern ergangen. Nachdem diese gegen den Verwaltungsakt kein Rechtsmittel eingelegt haben, ist die Sondernutzungserlaubnis auch in formelle sowie materielle Bestandskraft erwachsen und entfaltet insofern Tatbestandswirkung. Damit steht zwischen den Beteiligten fest, dass den Klägern die Nutzung der Zufahrt zur B 3 von ihrem Grundstück gestattet worden ist. Dies allein rechtfertigt jedoch nicht die Erhebung einer Sondernutzungsgebühr. Jura Intensiv Bestandskraft und Tatbestandswirkung eines Verwaltungsakts sind in sachlicher, persönlicher und zeitlicher Hinsicht begrenzt. Sachlich bestimmt der Entscheidungsgegenstand, wie er im Verwaltungsakt nach außen bekannt gegeben wurde, den Umfang der materiellen Bestandskraft. Eine Tatbestandswirkung des Verwaltungsakts ist für den Fall anzunehmen, dass der Erlass eines wirksamen Verwaltungsakts nach materiellem Recht Voraussetzung, d.h. Tatbestandsmerkmal für den Eintritt von Rechtsfolgen ist. Für den Inhalt der Entscheidung kommt es dabei auf den Regelungsgehalt an, den sich der Verwaltungsakt nach dem objektiven Empfängerhorizont beimisst. Dieser Inhalt ist gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln, wobei neben dem Tenor auch die Begründung des Verwaltungsakts heranzuziehen ist. Nach dem Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 09/2021 Referendarteil: Öffentliches Recht 489 Bestimmtheitsgebot nach § 37 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG dürfen in einen Verwaltungsakt keine verbindlichen „Zwischenentscheidungen“ hineingelesen werden, die dort nicht hinreichend klar zum Ausdruck kommen. Wenn eine rechtliche Vorfrage hinreichend erkennbar zu einer besonderen Entscheidung verselbständigt ist, kann sie eine selbständige Verbindlichkeit erlangen. Gleiches gilt, wenn eine erweiterte Tatbestandswirkung besteht, d.h. wenn eine besondere gesetzliche Vorschrift eine Feststellungswirkung anordnet, durch welche die Beurteilung der jeweiligen Vorfrage in die Bindungswirkung der getroffenen Regelung einbezogen wird. Eine Tatbestandswirkung in dem vorstehenden Sinne kommt der Sondernutzungserlaubnis für die nachfolgende Gebührenerhebung nicht zu. Sie ist gesetzlich nicht angeordnet und auch sonst nicht gegeben. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 FStrG können Sondernutzungsgebühren „für Sondernutzungen“ erhoben werden. Die Erhebung der Gebühr knüpft an die tatsächliche Inanspruchnahme des öffentlichen Straßenraums an. Danach wird die fernstraßenrechtliche Sondernutzungsgebühr für die Ermöglichung der Inanspruchnahme der Zufahrt zur Bundesstraße erhoben, d.h. für die Sondernutzung als solche. Diese ist auch öffentlich-rechtlich durch eben das Bundesfernstraßengesetz geregelt. Die Gebühr wird dagegen nicht für eine öffentliche Leistung für eine in Ausübung hoheitlicher Befugnisse erbrachte Handlung erhoben, d.h. für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis als Verwaltungsleistung. Die Gebühr wird damit für die Tatsache der Sondernutzung an sich geschuldet. Die Sondernutzungserlaubnis hat keine Gestaltungs- oder Feststellungswirkung in dem Sinne, dass mit ihr materiell-rechtlich in nachfolgenden Verfahren für alle Betroffenen feststünde, mit der betreffenden Zufahrt sei eine Sondernutzung gegeben. Erst recht kann sie nicht als Nachweis für die Richtigkeit des Handelns der die Erlaubnis erteilenden Behörde als richtiger Gebührengläubiger herhalten. Der Bescheid über die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis vom 15. April 2009 lässt hier zwar die damalige Rechtsauffassung der Beklagten erkennen, dass die Zufahrt außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrt A-Stadt-E-Stadt liegt. Andernfalls, d.h. für den Fall, dass die Beklagte der Auffassung gewesen wäre, die Zufahrt liege innerhalb einer Ortsdurchfahrt, wäre eine Sondernutzungserlaubnis nach §§ 8a, 8 Abs. 1 FStrG gar nicht erforderlich bzw. vom Bundesfernstraßengesetz nicht gedeckt gewesen. Die in dem Bescheid der Beklagten zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung kann aber […] keine selbstständige Verbindlichkeit beanspruchen. Vielmehr war bei der nachfolgenden Prüfung, ob Sondernutzungsgebühren zu erheben waren, der Frage einer gebührenpflichtigen Sondernutzung selbständig nachzugehen. Dass in dem Bescheid vom 15. April 2019 unter Ziffer 10 der Nebenbestimmungen darauf hingewiesen wurde, dass dem Kläger für die gewerbliche Zufahrt noch ein gesonderter Gebührenbescheid nach Abschluss des Baugenehmigungsverfahrens zugehe, ändert an dieser Beurteilung nichts. Jura Intensiv (Erweiterte) Feststellungswirkung (BVerwG, Urteil vom 11.12.2014, 3 C 7.13, juris) Subsumtion Auslegung des § 8 II 1 FStrG: Keine Tatbestandwirkung der Sondernutzungserlaubnis für die nachträgliche Gebührenerhebung. Entscheidend ist, ob tatsächlich eine Sondernutzung vorliegt, da die Gebühr nicht für eine öffentliche Leistung als „Gegenleistung“ erhoben wird. Müller/Schulz, Bundesfernstraßengesetz, § 8, Rn 58 BVerwG, Urteil vom 26.6.1981, 4 C 73.78, juris; OVG Lüneburg, Urteil vom 17.1.2013, 7 LB 194/11, juris © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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