Aufrufe
vor 6 Jahren

RA Digital - 10/2017

  • Text
  • Intensiv
  • Jura
  • Inhaltsverzeichnis
  • Verlags
  • Stgb
  • Recht
  • Strafrecht
  • Beklagte
  • Urteil
  • Anspruch
Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

510

510 Zivilrecht RA 10/2017 PRÜFUNGSSCHEMA A. K gegen B gem. §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I 1 BGB I. Kaufvertrag II. Mangel bei Gefahrübergang III. Kein Ausschluss IV. Erfolglose Fristsetzung V. Verschulden VI. Schaden gem. §§ 249 ff. BGB B. Ergebnis LÖSUNG Die Antwort auf die spannende Frage, warum der BGH-Senat nicht wie im so genannten „Gutachter- Fall“ (BGH,RA 2014, 353) § 439 II BGB als eigenständige Anspruchsgrundlage prüft, wird weiter unten gegeben. Die Entscheidung im „Gutachter-Fall“ löste heftige Kritik aus (Lorenz, NJW 2014, 2319; Schwab, JuS 2015, 361). Der Fiat 500 wies bei Gefahrübergang am 14.04.2015 einen Sachmangel gem. § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf. Der Gewährleistungsausschluss stellt eine gem. §§ 474 I, 475 I 1 BGB den Verbraucher benachteiligende unzulässige Umgehung dar. A. K gegen B gem. §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I 1 BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Zahlung von 2.300 € gem. §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I 1 BGB haben. I. Kaufvertrag Am 14.04.2015 schlossen die Parteien einen Kaufvertrag i.S.d. § 433 BGB über einen gebrauchten Fiat 500 zu einem Kaufpreis von 2.300 €. II. Mangel bei Gefahrübergang Der Pkw müsste bei Gefahrübergang mangelhaft i.S.d. § 434 BGB gewesen sein. Der Gefahrübergang richtet sich vorliegend gem. § 446 S. 1 BGB nach der Übergabe der Sache. Zu diesem Zeitpunkt muss der Fiat 500 mangelhaft i.S.d. § 434 BGB gewesen sein. Gem. § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet sowie eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Der gebrauchte Fiat 500 weist vorliegend einen Motordefekt auf, durch den das Fahrzeug nicht mehr fahrbereit ist. Ein Sachmangel i.S.d. § 434 I 2 Nr. 2 BGB liegt damit vor. Zudem lag der Motorschaden bereits bei Übergabe des Fahrzeugs am 14.04.2015 vor. Jura Intensiv III. Kein Ausschluss Weiterhin dürften die Gewährleistungsrechte nicht wirksam ausgeschlossen worden sein. „II.1. [Der] in die Kaufvertragsurkunde aufgenommene Ausschluss einer Sachmängelhaftung ist gem. §§ 474 I, 475 I 1 BGB unwirksam. Denn K ist Verbraucherin i.S.v. § 13 BGB und auch sonst nach ihrem Gesamterscheinungsbild nicht als Unternehmerin i.S.v. § 14 I BGB aufgetreten. Die gleichwohl im Formularvertrag vorgenommene Bezeichnung als Händlergeschäft stellt sich deshalb als eine gem. § 475 I 2 BGB unzulässige Umgehung des halbzwingenden Charakters der in S. 1 dieser Bestimmung aufgeführten Vorschriften dar, im Streitfall also als eine Umgehung der sich aus §§ 437, 439 ff. ergebenden Gewährleistungsrechte der K, so dass der von ihr geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht schon aus diesem Grunde ausscheidet.“ Ein wirksamer Gewährleistungsausschluss liegt damit nicht vor. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 10/2017 Zivilrecht 511 IV. Erfolglose Fristsetzung Weiterhin müsste K der B gem. § 281 I 1 BGB erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben. „II.2.a) aa) Nach der Rspr. des Senats setzt ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers u.a. die Zurverfügungstellung der Kaufsache am rechten Ort, nämlich dem Erfüllungsort der Nacherfüllung, voraus. Für dessen Bestimmung ist im Kaufrecht die allgemeine Vorschrift des § 269 I, II BGB maßgebend mit der Folge, dass bei einem Fehlen vertraglicher Vereinbarungen über den Erfüllungsort auf die jeweiligen Umstände, insbesondere auf die Natur des Schuldverhältnisses, abzustellen ist und dass dann, wenn sich hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen lassen, der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln ist, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohn- oder Geschäftssitz hatte. II.2.a) cc) In diesem Rahmen ist das Berufungsgericht zunächst einmal unangegriffen davon ausgegangen, dass die im Kaufvertragsformular enthaltene Erfüllungsortsvereinbarung sich angesichts der zuvor - wenn auch unwirksam - ausgeschlossenen Sachmängelgewährleistung nicht auf danach von vornherein nicht in Betracht zu ziehende Nachbesserungsansprüche bezieht. Eine solche zu Lasten der B als Verwenderin des Vertragsformulars gehende Auslegung liegt allein schon nach der Unklarheitenregel des § 305c II BGB nahe.“ „Soweit das Berufungsgericht bestimmte Umstände, die einer Anwendbarkeit des § 269 I BGB von vornherein hätten entgegenstehen können oder sonst geeignet gewesen wären, der K ungeachtet des ausgebliebenen Vorschusses durch die Annahme eines auswärtigen Nacherfüllungsorts im Streitfall zusätzlich weitere Unannehmlichkeiten von Gewicht zu bereiten, nicht festgestellt hat, ist ein Rechtsfehler ebenfalls nicht zu erkennen. Im Gegenteil hat K, die in den Tatsacheninstanzen durchgängig davon ausgegangen ist, dass die Nachbesserung am Sitz der B in Berlin erfolgen müsse, durch ihr Angebot, gegen Zahlung des verlangten Vorschusses den Transport des Fahrzeugs zu B nach Berlin zu organisieren, selbst zu erkennen gegeben, dass bei einem vorab zu leistenden finanziellen Ausgleich der organisatorische Aufwand für sie keine, zumindest keine erhebliche Unannehmlichkeit bedeutet hätte. Sonstige Umstände, die das Berufungsgericht bei Anwendung des § 269 I BGB hätten veranlassen müssen, den Ort der Nacherfüllung am Wohnsitz der K bzw. an dem damit übereinstimmenden Fahrzeugstandort anzusiedeln, sind ebenfalls rechtsfehlerfrei nicht festgestellt, so dass das Berufungsgericht die in der Vorschrift enthaltene Auslegungsregel zur Anwendung bringen konnte, welche als Nacherfüllungsort den Geschäftssitz der B in Berlin bestimmt. Jura Intensiv Der Erfüllungsort der Nacherfüllung bestimmt sich vorliegend nach der allgemeinen Vorschrift des § 269 I, II BGB. Erfüllungsortsvereinbarung: Verkäufer“ „Beim Der Nacherfüllungsort ist daher der Geschäftssitz des B in Berlin. Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers muss zudem seine Bereitschaft umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen am Erfüllungsort der Nacherfüllung für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Dementsprechend ist der Verkäufer grds. nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm die Gelegenheit dazu gegeben hat. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

RA - Digital

Rspr. des Monats