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RA Digital - 10/2017

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534 Öffentliches Recht

534 Öffentliches Recht RA 10/2017 Konstellation 2: Ordnungsgeld • passivlegitimiert ist die Gemeinde. Gemeint ist vor allem eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht. Ebenso VG Düsseldorf, Urteil vom 14.8.2009, 1 K 6465/08 Argument: Eingriff in das Privatvermögen des Ratsmitglieds. Konstellation 3: Schwächere Sanktion als ein Ordnungsgeld, z.B. Ermahnung • passivlegitimiert ist die Gemeinde. Ebenso VG Regensburg, Urteil vom 24.09.2014, RO 3 14.383; a.A. VG Braunschweig, Urteil vom 18.07.2007, 1 A 356/06; Engel/ Heilshorn, KommunalR Bad.-Württ., Rn 162 f. Fragwürdig, es handelt sich eher um eine Behauptung als um ein Argument. Hier verschwimmt die Grenze zwischen Organstellung und persönlicher Rechtsstellung. Konstellation 4: Erstattung von RA-Kosten im Kontext mit Ratstätigkeit • passivlegitimiert ist die Gemeinde, auch wenn ein KVS zugrunde liegt. Unerheblich, ob KVS zugrunde liegt Argument: Da nur die Gemeinde eigenes Vermögen hat, kann sich auch der Anspruch nur gegen sie richten. Wendet sich das Mitglied eines Gemeinderats hingegen gegen ein Ordnungsgeld, das ihm gemäß § 17 Abs. 4 i.V.m. § 16 Abs. 3 GemO wegen einer Verletzung der in § 17 Abs. 4 GemO genannten Pflichten auferlegt wurde, ist passivlegitimiert nicht etwa der Gemeinderat, der über die Auferlegung zu entscheiden hatte (§ 16 Abs. 3 GemO), oder der Bürgermeister, der den Beschluss ggf. vollzieht (§ 43 Abs. 1 GemO). In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass ein auf die zuvor genannten Normen gestütztes Ordnungsgeld ein Verwaltungsakt und für eine dagegen gerichtete Anfechtungsklage die Gemeinde passivlegitimiert ist. […] Als vollstreckungsbewehrte Vermögenssanktion reicht sie über das rein innergemeindliche Rechtsverhältnis hinaus, da sie neben einer disziplinierenden Wirkung auch das Privatvermögen des Adressaten betrifft und final auf diese Rechtsfolge gerichtet ist. Hat der Gemeinderat gestützt auf § 17 Abs. 4 i.V.m. § 16 Abs. 3 GemO kein Ordnungsgeld, sondern […] eine weniger schwerwiegende Sanktion verhängt (Rüge, ernstliche Ermahnung o. dgl.) und wendet sich das betroffene Gemeinderatsmitglied dagegen, ist auch für diese Klage nicht der Gemeinderat oder Bürgermeister, sondern die Gemeinde passivlegitimiert. […] rein interorganschaftlichen Rechte und Pflichten stehen […] nicht unmittelbar im Streit, wenn der Kläger sich gegen eine ihm erteilte Rüge oder Ermahnung wendet. Denn auch eine solche unterhalb der Schwelle zum Ordnungsgeld verbleibende Sanktion berührt durch den damit verbundenen und in einem förmlichen Verfahren formulierten Vorwurf, der Adressat habe eine der in § 17 Abs. 4 GemO genannten Pflichten eines ehrenamtlich tätigen Bürgers verletzt, die persönliche Rechtsstellung des Klägers als ehrenamtlich tätiger Bürger gegenüber seiner Gemeinde. Begehrt das Mitglied eines Gemeinderats mit seiner Klage schließlich die Erstattung von Anwaltskosten, die ihm im Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung um seine Rechte und/oder Pflichten als Gemeinderatsmitglied entstanden sind, kommt dafür als passivlegitimiert ebenfalls nur der Rechtsträger der betroffenen Organe bzw. Organteile in Betracht. Insoweit ist es unerheblich, ob die dahinter stehende Auseinandersetzung im jeweiligen Einzelfall interorganschaftliche oder andere Rechte bzw. Pflichten eines Gemeinderatsmitglieds betrifft. Auch wenn ein Kommunalverfassungsstreit zugrunde liegt, kann Anspruchsgegner eines Kostenerstattungsanspruchs […] nur der Rechtsträger - die Gemeinde -, nicht aber eines ihrer Organe sein. Das folgt bereits daraus, dass das einzelne Organ eines Rechtsträgers in der Regel über kein eigenes Vermögen verfügt, materiell-rechtlich daher nur der Rechtsträger als Kostenschuldner in Betracht kommt. Die Kostenfrage eines körperschaftsinternen Organstreites berührt stets die Außenrechtsbeziehung der Körperschaft und nicht mehr das zwischen den Organen bestehende Innenverhältnis.“ Jura Intensiv Da hier die letztgenannte Konstellation einschlägig ist, ist G und nicht deren Gemeinderat oder Bürgermeister passivlegitimiert, sodass K seinen Erstattungsanspruch gegen die richtige Anspruchsgegnerin geltend macht. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 10/2017 Öffentliches Recht 535 II. Anspruch aus klägerischer Organstellung Der behauptete Erstattungsanspruch könnte seine Grundlage in der Organstellung des Klägers als Mitglied des Gemeinderats finden. Ungeschriebener Anspruch „In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass in körperschaftsinternen Organstreitigkeiten die Verfahrenskosten einschließlich der von einzelnen Organteilen, Organwaltern oder Gremienmitgliedern wegen Verletzung ihrer organschaftlichen (mitgliedschaftlichen) Rechtsstellung eingeleiteten Gerichtsverfahren im Ergebnis der rechtsfähigen juristischen Person zur Last fallen, die Rechtsträgerin der Organe ist, sofern die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens geboten war, also nicht mutwillig aus sachfremden Gründen in Gang gesetzt wurde. Dieser Kostenerstattungsanspruch trägt dem Umstand Rechnung, dass kommunalen Funktionsträgern Aufgaben und Kompetenzen zwar zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung, jedoch nicht im eigenen Interesse, sondern ausschließlich im Interesse der Gemeinde zugewiesen sind. Auseinandersetzungen um deren Inhalt oder Umfang werden daher letztlich im Interesse der Gemeinde geführt, die jedoch nicht selbst Beteiligte eines Kommunalverfassungsstreits sein kann. Das Recht eines Mitglieds eines Gemeinderats auf Erstattung von Verfahrenskosten, die ihm im verwaltungsgerichtlichen - oder außergerichtlichen - Verfahren bei der gebotenen Verteidigung einer ihm zugewiesenen wehrfähigen Innenrechtsposition innerhalb des Gemeinderats entstanden sind, hat seine Grundlage deshalb unmittelbar in der Mitgliedschaft im Gemeinderat.“ Fraglich ist jedoch, ob K hier tatsächlich seine Organrechte als Ratsmitglied oder aber seine persönliche Rechtsstellung verteidigt. In diesem Zusammenhang ist zwischen dem Sanktionsverfahren, das mit einer ernstlichen Ermahnung endete, und dem zugrunde liegenden Streit um die Verschwiegenheitspflichtverletzung zu differenzieren. 1. Sanktionsverfahren Jura Intensiv „Die Kosten, deren Erstattung der Kläger begehrt, sind in einem auf Beschluss des Gemeinderats […] eingeleiteten Verfahren zur Auferlegung einer Sanktion wegen eines Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht […] entstanden. Dieses Sanktionsverfahren selbst ist […] keine außergerichtliche Organstreitigkeit. Das von einem solchen Verfahren betroffene Gemeinderatsmitglied versucht in diesem Verfahren, ein drohendes Ordnungsgeld oder eine Rüge bzw. Ermahnung abzuwehren. Unmittelbar verteidigt das Gemeinderatsmitglied damit seine persönliche Rechtsstellung - im Falle eines bei Verfahrenseinleitung angedrohten Ordnungsgeldes sein Privatvermögen. In dieser Hinsicht stehen organschaftliche Rechte oder Pflichten des Betroffenen von vornherein nicht im Raum. Da das Gemeinderatsmitglied insoweit im eigenen und nicht in dem Interesse der Gemeinde handelt, scheidet eine in der Organstellung begründete Kostenerstattung aus.“ 2. Streit um Verschwiegenheitspflichtverletzung Eventuell folgt aber etwas anderes aus dem Umstand, dass dem Sanktionsverfahren der Streit um die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht zugrunde lag, trifft diese Pflicht den K doch nur aufgrund seiner Stellung als Ratsmitglied. Das könnte für die Annahme eines KVS ausreichend sein. OVG Münster, NVwZ-RR 2009, 819; VGH Kassel, ESVGH 64, 154; VGH München, Urteil vom 14.08.2006, 4 B 05.939 Voraussetzungen: KVS (+) und Rechtsstreit nicht mutwillig aus sachfremden Gründen in Gang gesetzt (Hintergrund: Querulanten sollen nicht zu Rechtsstreitigkeiten animiert werden). Mutwillig handelte K nicht (eingehend dazu das VG Sigmaringen als Ausgangsinstanz, Urteil vom 21.07.2016, 8 K 2/15, juris Rn 18 f.). Organe/Organteile nehmen ihre Organrechte im Interesse der Gemeinde wahr, also soll diese auch zahlen. Das unterscheidet den KVS von einem „normalen“ Rechtsstreit, bei dem „nur“ Eigeninteressen verfolgt werden (weshalb beim KVS keine subj.-öff. Rechte in Streit stehen, sondern Organrechte). Da die Gemeinde im Falle eines KVS am Gerichtsverfahren nicht beteiligt ist (Beklagter ist ja das Organ/der Organteil), können ihr die Verfahrenskosten nicht direkt gem. § 154 I VwGO auferlegt werden. KVS (-), da persönliche Rechtsstellung bzw. das Privatvermögen verteidigt wird. KVS (+), weil Verletzung der Verschwiegenheitspflicht der Kern des Rechtsstreits ist? © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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