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RA Digital - 10/2020

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518 Zivilrecht

518 Zivilrecht RA 10/2020 Man ist als Mieter nicht befugt, einem Dritten ohne Zustimmung des Vermieters, den gesamten Wohnraum zu überlassen. Dies gilt auch dann, wenn der Dritte mit Zustimmung des Vermieters einen Teil des Gebrauchs innehatte, ständige Rspr., BGH, Urteil vom 11.06.2014, VIII ZR 349/13. Der Bruder ist kein Dritter i.S.d. § 543 II 1 Nr. 2 BGB: BGH, Urteil vom 12.06.2013, XII ZR 143/11. Deshalb greift § 543 II 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB nicht. In einem Gutachten wären folgende Anspruchsgrundlagen kurz anzusprechen und zu verneinen: Der Anspruch aus § 985, der auch gegen den mittelbaren Besitzer geltend gemacht werden kann, scheitert am Vorliegen eines mit dem Mietvertrag bestehenden Besitzrechts aus §§ 986 I 1 Alt. 1, 535 BGB. Aus demselben Grund besitzt B1 nicht rechtswidrig gegenüber K, weshalb ein Anspruch aus §§ 823 I, 249 I BGB ausscheidet. Mit dem Mietvertrag besteht ein Rechtsgrund zum Behaltendürfen des Besitzes, was einen Anspruch aus § 812 I 2 Alt. 1 BGB ausschließt. Aus dem gleichen Grund kann sich B2 auf sein abgeleitetes Besitzrecht berufen, weshalb sowohl der Anspruch aus § 985 BGB, der Anspruch aus §§ 823 I, 249 I BGB (nicht rechtswidrig) sowie ein Anspruch aus § 812 I 1 BGB nicht gegeben sind. sich bei dem Beklagten zu 2) um einen „Dritten“ i.S.d. §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB gehandelt hätte. Jedenfalls ab dem Frühjahr 2014 wäre die Gebrauchsüberlassung an den Beklagten zu 2) dann nicht mehr „berechtigt“ i.S.d. §§ 540 Abs. 1, 553 Abs. 1 BGB und damit „unbefugt“ i.S.d. § 543 Abs. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB gewesen, selbst wenn die Klägerin schon zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses im Jahre 2011 Kenntnis davon hatte, dass nicht nur der Beklagte zu 1) als alleiniger Mieter, sondern auch der Beklagte zu 2) die Wohnung in Besitz nehmen würde. Denn eine Gebrauchsüberlassung an Dritte ist - vorbehaltlich einer hier fehlenden Genehmigung des Vermieters zur vollständigen Drittüberlassung - allenfalls dann „berechtigt“ und nicht „unbefugt“ i.S.d. §§ 540 Abs. 1, 543 Abs. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2, 553 Abs. 1 BGB, wenn der Mieter dem Dritten lediglich einen Teil des Wohnraums, nicht jedoch, wenn er ihm den gesamten Wohnraum überlässt. Hier aber hat der Beklagte zu 1) dem Beklagten zu 2) ab dem Jahre 2014 den gesamten Wohnraum überlassen, nachdem er in das von seiner übrigen Familie bewohnte Einfamilienhaus zurückgekehrt ist. [5] Bei dem Beklagten zu 2) handelte es sich jedoch um den Bruder des Beklagten zu 1). Seine Aufnahme in die Mietsache war - ebenso wie die anderer Familienmitglieder - privilegiert, da er kein „Dritter“ i.S.d. §§ 540 Abs. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2, 553 Abs. 1 BGB ist. Ob die Besitzüberlassung an den genannten Personenkreis, auch wenn sie wie hier den gesamten Wohnraum betrifft, überhaupt „unbefugt“ i.S.d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB wäre, kann dahinstehen. Es bedarf ebenfalls keiner abschließenden Entscheidung der Kammer, ob eine in der vollständigen Gebrauchsüberlassung an ein zuvor mit Kenntnis des Vermieters in die Mietsache aufgenommenes Familienmitglied liegende Pflichtverletzung mangels hinreichend ins Gewicht fallender wirtschaftlicher oder sonstiger Nachteile des Vermieters überhaupt geeignet wäre, die Rechte des Vermieters in dem von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB geforderten „erheblichen Maße“ zu verletzen oder jedenfalls eine außerordentliche oder ordentliche Beendigung des Mietverhältnisses gemäß §§ 543 Abs. 1 BGB, 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB zu rechtfertigen. Jura Intensiv Folglich lag der Kündigungsgrund des § 543 II 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB nicht vor. Andere Kündigungsgründe wurden weder geltend gemacht noch sind solche ersichtlich. Folglich fehlt es an der Beendigung des Mietverhältnisses. Also hat K gegen B1 keinen Anspruch aus § 546 I BGB. I. Anspruch gegen B2 aus § 546 II BGB Der Anspruch gegen B2 aus § 546 II BGB setzte eine Beendigung des Hauptmietverhältnisses zwischen K und B1 voraus. Dieses besteht aber mangels wirksamer Kündigung fort. B. Ergebnis K kann weder von B1 noch von B2 die Räumung verlangen. FAZIT Der Bruder ist ein privilegierter Familienangehöriger und damit kein „Dritter“ im Sinne des § 543 II 1 Nr. 2 BGB. Auch wenn der Mieter seinem Bruder den gesamten Wohnraum überlässt kommt eine außerordentliche Kündigung gemäß dieser Rechtsnorm nicht in Betracht. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 10/2020 Zivilrecht 519 Problem: Keine Haftung des Werkunternehmers bei Erfüllung seiner Prüfpflicht Einordnung: Werkvertragsrecht OLG Oldenburg, Urteil vom 01.09.2020 2 U 43/20 SACHVERHALT K betreibt ein Möbelfachgeschäft in gepachteten Räumen. Im Frühjahr 2014 beauftragte sie B zur Verlegung von PVC-Design-Bodenbelag-Planken sowie Teppichboden. Der vorhandene Fußboden war zuvor bereits durch einen Vorunternehmer teilweise gespachtelt worden. Da diese Spachtelarbeiten nicht ausreichend waren, beauftragte K die B gemäß Angebot vom 28.03.2014 auch, vor dem Verlegen der Bodenbeläge den vorhandenen Unterboden maschinell anzuschleifen, mit Haftgrundierung vorzustreichen und ganzflächig mit einer Nivelliermasse auszugleichen. Einige Monate nach Abschluss der Verlegearbeiten zeigten sich im Bereich des PVC-Designbodens Auswölbungen und Beulen, sowie beim Teppichboden flächige Aufwölbungen und Knack- bzw. knisternde Geräusche. Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.07.2016 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung erfolglos zu Mangelbeseitigung auf. Der vorhandene Untergrund in den Räumlichkeiten war ungeeignet, da er auf dem erdreichangrenzenden Beton eine ca. 10 mm dicke Walzasphaltestrichschicht ähnlich einer Straßendecke aufweist. Zur Herstellung ordnungsgemäßer Bodenbelagsflächen muss zuerst ein geeigneter Untergrund hergestellt werden, in dem der Walzasphaltestrich inklusive der Bodenbeläge zurückgebaut und ein geeigneter Gussasphaltestrich eingebaut wird. Die Bearbeitung des Untergrunds erfordert einen Gesamtaufwand von netto 5.520 €. Die erneute Verlegung der PVC-Planken sowie des Teppichbodens kostet 18.180 € netto veranschlagt. K begehrt von B einen Kostenvorschuss in dieser Höhe. B wendet ein, sie habe in keiner Art und Weise einen Anlass gehabt, die Eignung des Untergrunds eingehender zu prüfen. Ein Walzasphalt werde – was zutrifft – praktisch nie innerhalb von Gebäuden genutzt. Für ein Vorhandensein habe es keine Anzeichen gegeben. B verweigert die Zahlung. Zu Recht? Jura Intensiv LEITSATZ 1. Ein Fußbodenbelag in einem Ladenlokal, der einige Monate nach der Verlegung auswölbt und beim Begehen Knackgeräusche von sich gibt, ist mangelhaft. 2. Das gilt auch dann, wenn die Mangelerscheinung darauf beruht, dass der Bodenbelag auf einem im wesentlichen vorgespachtelten Walzasphaltestrich aufgebracht wurde, der für eine vollflächige Verspachtelung ungeeignet ist, und der in Anspruch genommene Unternehmer nur noch ergänzende Spachtelarbeiten sowie die Fußbodenverlegung durchführte. 3. Der Fußbodenverleger kann von der Mängelhaftung entlastet sein, wenn er seiner Prüfpflicht nachgekommen ist und bei deren Erfüllung die Fehlerhaftigkeit der Vorleistung nicht erkennen konnte. LÖSUNG A. Anspruch K gegen B auf Zahlung des Vorschusses gem. §§ 634 Nr. 2, 637 BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Zahlung des Vorschusses in Höhe von 23.700 € zuzüglich Mehrwertsteuer aus §§ 634 Nr. 2, 637 BGB haben. I. Abschluss eines Werkvertrages Der hierfür erforderliche Werkvertrag wurde zwischen den Parteien unstreitig geschlossen. II. Werkmangel gem. § 633 BGB Es muss ein Werkmangel vorliegen. Hier könnte ein Mangel gem. § 633 II 2 Nr. 2 BGB vorliegen. Dies wäre der Fall, wenn der Boden nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Werken gleicher Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann. Mangel gem. § 633 II 2 Nr. 2 BGB © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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