Aufrufe
vor 3 Jahren

RA Digital - 10/2020

  • Text
  • Ifsg
  • Beklagte
  • Verlags
  • Beklagten
  • Anspruch
  • Inhaltsverzeichnis
  • Urteil
  • Stgb
  • Jura
  • Intensiv
Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

520 Zivilrecht

520 Zivilrecht RA 10/2020 Knackgeräusche sind Mangelerscheinungen. [16] Der von der Beklagten erstellte Bodenbelag ist nach dem funktionalen Mangelbegriff mangelhaft. Nach von dem Sachverständigen EE im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens getroffenen Feststellungen weist der grundsätzlich ordnungsgemäß verlegte PVC-Designboden Auswölbungen/Beulenbildungen und der Teppichboden flächige Aufwölbungen sowie Knack- und Knistergeräusche beim Begehen auf. Diese Mangelerscheinungen beruhen auf dem vorhandenen Untergrund des Ladenlokals, der für die vertraglich vereinbarten Bodenbelagsarbeiten nicht geeignet war. Fraglich ist aber, ob der Werkunternehmer für einen solchen Mangel haftet. Problematisch ist nämlich, dass die Beschaffenheit des Stoffes aus dem Verantwortungsbereich des Bestellers stammt. Zur Beweislast: BGH, Urteil vom 08.11.2007, VII ZR 183/05 Der Unternehmer genügte hier seiner Prüfpflicht. Umstände des Einzelfalles [18] Der Werkunternehmer wird von der Mängelhaftung frei, wenn er bei gebotener Prüfung die Fehlerhaftigkeit bzw. Ungeeignetheit einer Leistungsbeschreibung, einer verbindlichen Anordnung des Auftraggebers, vorgeschriebener Stoffe oder Bauteile oder einer Vorleistung nicht erkennen konnte (…). Da es sich um Aufklärungspflichten handelt, gelten insoweit die allgemein dazu entwickelten Grundsätze (…). Der ungeeignete Walzasphaltestrich ist ein Bauteil, auf welches die Werkleistung der Beklagten aufgebaut werden sollte. Die Vorgabe des Untergrunds ist dem Verantwortungsbereich der Klägerin als Bestellerin zuzuordnen. Im Ergebnis konnte die Beklagte die Ungeeignetheit des Walzasphaltestrichs nicht erkennen und war nicht zu weiteren Prüfungen verpflichtet. Der Unternehmer trägt dabei die Beweislast für die Behauptung, er habe bei der gebotenen Prüfung der Anordnungen des Bestellers oder der Vorleistung des Unternehmers einen Mangel nicht entdeckt und auch nicht entdecken können (…). Dem ist die Beklagte vorliegend nachgekommen. [19] Der ungeeignete Walzasphalt war nicht unmittelbar erkennbar. [20] Jeder Werkunternehmer, der seine Arbeit auf der Grundlage von fremden Vorgaben, Planungen oder Vorleistungen auszuführen hat, muss prüfen und gegebenenfalls auch geeignete Erkundigungen einziehen, ob diese Vorgaben, Planungen, Vorarbeiten, Stoffe oder Bauteile eine geeignete Grundlage für sein Werk bieten und keine Eigenschaften besitzen, die den Erfolg seiner Arbeit infrage stellen können. Der Rahmen dieser Verpflichtung und ihre Grenzen ergeben sich aus dem Grundsatz der Zumutbarkeit, wie sie sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls darstellt (…). Kommt der Unternehmer seinen hiernach bestehenden Verpflichtungen nicht nach und wird dadurch das Gesamtwerk beeinträchtigt, so ist er gewährleistungspflichtig (..). [22] Mit einem Einbau (des Walzasphalts, die Red.) in dem Gewerbeobjekt musste die Beklagte nicht rechnen. Da sich der Walzasphalt optisch von dem Gussasphalt nicht unterscheidet, konnte und durfte sie nach dem Erkennen des Asphalts davon ausgehen, dass es sich um Gussasphalt handelte. [23] Die Beklagte hatte keinen Anlass, diese Annahme in Frage zu stellen und weitere Erkundigungen einzuholen Jura Intensiv Folglich hat sich B erfolgreich entlastet und haftet nicht für die Mangelhaftigkeit des Werkes. ERGEBNIS K hat gegen B keinen Anspruch aus §§ 634 Nr. 2, 637 BGB auf Zahlung der 23.700 € zuzüglich Mehrwertsteuer. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 10/2020 Referendarteil: Zivilrecht 521 Speziell für Referendare Problem: Beweislast haftungsbegründender Hygienemängel Einordnung: Deliktsrecht, Schuldrecht BT, ZPO I Landgericht Flensburg, Urteil vom 08.09.2020 3 O 375/14 EINLEITUNG Neben dem medizinischen Risiko, welches jede Operation in sich birgt, besteht die Gefahr, dass der Gesundheitszustand sich aufgrund von Infektionen im Rahmen eines Krankenhausaufenthaltes verschlechtert. Rechtlich problematisch wird es insbesondere dann, wenn – wie hier – diverse Krankenhausaufenthalte in unterschiedlichen Kliniken stattfanden. Die folgende Entscheidung behandelt exakt diese Problematik und ist insbesondere aufgrund der Beweislastregeln im Arzthaftungsrecht für Sie im Examen interessant. TATBESTAND Am 16.01.2014 begab sich der Kläger (K) aufgrund eines akuten (…) Myokardinfarkts in die notfallmedizinische Heilbehandlung der Ärzte der Beklagten zu 1 (B1). In der bis zum 21.01.2014 andauernden ambulanten Behandlung wurde K aufgrund einer festgestellten (…) Eingefäßerkrankung mit fünf (…) Stents versorgt. Am 21.01.2014 wurde K nach unauffälligem postoperativen Verlauf aus der Behandlung entlassen. Vom 03.02.2014 bis zum 09.02.2014 erfolgte im Herzzentrum der Beklagten zu 2 (B2) die kardiologische Rehabilitation des K. Der neurologische Status des K zum Aufnahmetag war grob unauffällig. Der am 04.02.2014 gemessene Entzündungswert des Blutes („CRP-Wert“) wies nahezu normwertige 0,53 mg/dl auf. In der Nacht vom 08.02.2014 zum 09.02.2014 wurde K wegen Ganzkörperschmerzen, Dyspnoe und Schüttelfrost auf die neurologische Intensivstation der B2 verlegt. Eine durchgeführte MRT begründete ebenso wie die klinischen Befunde den Verdacht auf eine bakterielle Spondylodiszitis. Der am 09.02.2014 ermittelte CRP-Wert betrug 1,24 mg/dl. Die Ärzte der B2 behandelten K zunächst mit einer oralen Antibiotikatherapie unter Verwendung von (Med1) und entnahmen Blutkulturen, die keinen Keimnachweis erbrachten. Am 10.02.2014 stieg der CRP-Wert auf 14,05 mg/dl. Nach einer erneuten befundlosen Gewinnung von Blutkulturen wurde die Antibiose auf die kombinierte intravenöse Gabe von (Med2) und (Med3) umgestellt und die Gabe von (Med1) abgesetzt, woraufhin der CRP-Wert am 14.02.2014 auf 1,28 mg/dl sank. Am 03.03.2014 wurde K aus der Behandlung durch die B2 entlassen. Die Antibiose mittels (Med2) wurde über den 03.03.2014 hinaus mittels oraler Gabe fortgesetzt. Jura Intensiv Am 26.03.2014 stellte sich K zur Koronarangiographie in dem Klinikum der B1 vor. Ein Interventionsbedarf wurde durch die Ärzte nicht gesehen. Zu diesem Zeitpunkt dauerte die orale Antibiose mit (Med2) an, der CRP-Wert betrug 1,7 mg/dl. Die Ärzte der B1 befundeten mittels MRT den Hinweis auf eine reaktive Spondylitis im Rahmen einer aktivierten Osteochondrose bei Bandscheibendegeneration und Bandscheibenvorfall im Segment LWK 4/5. Eine bakterielle Infektion wurde nicht festgestellt. LEITSÄTZE 1. Nur wenn unstreitig oder nachgewiesen ist, dass das Risiko, welches sich bei dem Patienten verwirklicht, aus einem Bereich stammt, dessen Gefahren ärztlicherseits durch sachgerechte Organisation und Koordinierung des Behandlungsgeschehens objektiv voll ausgeschlossen werden kann und muss, trifft die Behandlungsseite die Darlegungs- und Beweislast für Verschuldensfreiheit. 2. Das Auftreten einer Infektion als solches stellt keinen Anhaltspunkt für einen haftungsbegründenden Hygienemangel dar. Es gibt Entscheidungen, welche einen umfangreichen Tatbestand aufweisen. Zum einen ist es Ihre Aufgabe, diesen so prägnant wie möglich zu formulieren, zum anderen darf aber nie die Verständlichkeit hierunter leiden. Das Unstreitige wird im Indikativ Imperfekt dargestellt. Ausnahmen sind Umstände, die sich auf die Gegenwart beziehen. Eine solche Klausur mit fachspezifischen Ausdrücken ist undankbar, aber – wie die Praxis zeigt – nicht vermeidbar. Bezüglich der Nennung der Medikamente gilt das Gleiche. Hier wurden diese lediglich zum Zweck der Vereinfachung als „Med1-4“ bezeichnet. Im Examen müssten Sie aber Unacid, Clindamycin, Ceftriaxon und Ciprofloxacin verwenden. Oftmals verzichten wir auf die Nennung eines konkreten Datums. Hier haben wir uns dafür entschieden, da derart viele Zeitabschnitte vorliegen, dass ein wiederholtes „Daraufhin“ oder „Sodann“ für die Verständlichkeit nicht förderlich gewesen wäre, da sich der gesamte Vorgang zwischen dem 16.01.2014 bis Ende des Jahres 2014 abspielte und teilweise tägliche Veränderungen des Gesundheitszustandes des K vorgetragen wurden. Dritter Krankenhausaufenthalt, wieder in der ersten Klinik (B1) © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

RA - Digital

Rspr. des Monats