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RA Digital - 11/2018

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568 Zivilrecht

568 Zivilrecht RA 11/2018 Das Gericht betont, dass ein Formzwang i.S.d. § 311b I 1 BGB bei nachträglicher Änderung auch für die Klarheit und Rechtssicherheit im Rechtsverkehr nicht förderlich wäre. Problem des § 139 BGB Würde der Vertrag nachträglich formunwirksam, könnte er nicht gem. § 311b I 2 BGB geheilt werden, weil die Auflassung nicht in Erfüllung einer wirksamen sondern einer nichtigen Vereinbarung erfolgen würde. Die dem Notar erteilte Ausfertigungssperre stellt lediglich eine den technischen Vollzug betreffende Abrede dar, die an der Formfreiheit ebenfalls nichts ändern kann. deshalb alles getan, quasi einen Automatismus in Gang gesetzt, um den Eigentumswechsel zur Eintragung zu bringen. Das rechtfertigt es nach Auffassung des Senats, den Schutzzweck des § 311b I 1 BGB als erreicht anzusehen und weitere Vereinbarungen der Parteien, sofern durch sie nicht Erwerbs- oder Veräußerungspflichten geändert oder neu begründet werden, von der Beurkundungspflicht auszunehmen. [16] Unterlägen Vereinbarungen nach bindend gewordener Auflassung der Form des § 311 I 1 BGB, wäre dies zudem der Klarheit und Rechtssicherheit im Rechtsverkehr abträglich. [17] Ein Formmangel bei nachträglichen Änderungen eines Grundstückskaufvertrags führt im Zweifel (§ 139 BGB) zur Nichtigkeit des Vertrages mit allen Nebenabreden (§ 125 BGB). Die Vermutung, dass sich die Nichtigkeit auf den gesamten Vertrag erstreckt, kann zwar, was der tatrichterlichen Würdigung bedarf, durch die besonderen Umstände des Falles widerlegt sein. Bis zur Klärung dieser Frage bestünde aber Unsicherheit über die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Kausalgeschäfts. [18] Der Vertrag könnte nämlich, soweit er wegen der nachträglichen Änderung insgesamt formunwirksam wäre, nicht geheilt werden. Die Formnichtigkeit des Grundstückskaufvertrags ergreift zwar nicht die mitbeurkundete Auflassung, und die Heilung tritt nach § 311b I 2 BGB auch dann ein, wenn die Auflassung nicht nach den schuldrechtlich getroffenen Vereinbarungen, sondern mit ihnen zugleich beurkundet wird. Diese Wirkung hat die vor formlosen Änderungen des Grundstückskaufvertrags erklärte Auflassung aber, anders als im Schrifttum teilweise vertreten wird, nicht, weil sie nicht in Erfüllung der formnichtigen Vereinbarungen erfolgt sein kann. Die heilende Wirkung von Auflassung und Eintragung erstreckt sich nur auf die Gesamtheit der vertraglichen Vereinbarungen, die bei der Auflassung Inhalt des Vertrages waren.“ Im Ergebnis haben die Parteien damit nachträglich formfrei wirksam den in der notariellen Urkunde vom 04.05.2011 vereinbarten Kaufpreis um 27.100 € auf 282.600 € ermäßigt. Bei der in dem Kaufvertrag vereinbarten Anweisung der Parteien an den beurkundenden Notar, eine die Auflassungserklärung enthaltende beglaubigte Abschrift oder Ausfertigung der Urkunde erst zu erteilen, wenn ihm die Zahlung des geschuldeten Kaufpreises nachgewiesen worden ist (sog. Ausfertigungssperre), handelt es sich lediglich um eine den technischen Vollzug betreffenden Abrede. Sie steht der Formfreiheit der nachträglichen Änderung des beurkundeten Kaufpreises daher ebenfalls nicht entgegen. Der Kaufpreiszahlungsanspruch ist damit gem. § 362 I BGB vollständig erfüllt und erloschen. Jura Intensiv B. Ergebnis K hat gegen B keinen Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises i.H.v. 27.100 € gem. § 433 II BGB. FAZIT Änderungen im Grundstückskaufvertrag bedürfen nicht der Form des § 311b I 1 BGB, wenn sie nach der Auflassung vorgenommen werden, denn mit der Auflassung gilt die Übereignungsverpflichtung des Verkäufers bereits als erfüllt. Erforderlich ist dann nur noch die Eintragung im Grundbuch zur Vollendung des Rechtserwerbs. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 11/2018 Zivilrecht 569 Problem: Rückgewähr des Vorschusses nach einem Werklieferungsvertrag Einordnung: Schuldrecht BT BGH, Urteil vom 30.08.2018 VII ZR 243/17 EINLEITUNG Der BGH musste sich mit der Frage auseinandersetzen, wie der Ausschlusstatbestand des § 312g II Nr. 1 BGB bei Werkverträgen unter Berücksichtigung der Verbraucherrechterichtlinie auszulegen ist. SACHVERHALT (LEICHT ABGEWANDELT) Anfang Mai 2018 wendet sich die beklagte Unternehmerin (B) telefonisch an den Kläger (K) und fragt, ob er Interesse an der Installation eines Personenlifts in seinem Wohnhaus habe. Am 13.05.2018 sucht B den K in seinem Wohnhaus auf und stellt ihm verschiedene Liftmodelle vor. K schließt gleich im Anschluss an das Gespräch mit B einen Vertrag über die Bestellung eines Senkrechtlifts zum Preis von 40.600 €. B verpflichtet sich, den Lift innerhalb von „ca. 10 Wochen nach Bauaufmaß und geklärter Bestellung“ zu liefern und zu montieren. Er weist zudem darauf hin, dass zur Durchführung des Auftrags bauseitige Voraussetzungen durch den Besteller zu schaffen seien, die bei Bedarf durch sie nach erfolgtem Bauaufmaß schriftlich mitgeteilt würden. Am 21.05.2018 übersendet B dem K Planungsunterlagen bestehend aus den Konstruktionszeichnungen und Angaben zu den erforderlichen bauseitigen Voraussetzungen zum Einbau des Lifts. Unter der Überschrift „Hinweis“ führt B wörtlich aus: „Die Montage solcher Anlagen ist ein komplexer Vorgang. Die einzelnen Teile des Liftes sind an die jeweilige Einbausituation angepasste Maßanfertigungen. Ein reibungsloser Montageablauf erfordert, dass alle bauseitigen Leistungen, exakt wie vorher abgestimmt, vor Montage fertiggestellt sind.“ Im Anschluss an die Übersendung der Planungsunterlagen erhält K eine Vorschussrechnung und zahlt auf diese 12.435 €. Eine Freigabe der Planungsunterlagen erteilt K in der Folgezeit nicht. Er fordert B vielmehr auf, die Konstruktionszeichnung nachzubessern und sodann erneut zur Prüfung und Freigabe zu übersenden. Am 09.06.2018 erklärt K telefonisch gegenüber B, dass er von dem Vertrag Abstand nehme. Mit Schreiben vom 22.07.2018 weist K die B auf den erfolgten „Rücktritt“ hin und verlangt die Rückzahlung des Vorschusses. Am 03.09.2018 übermittelt B dem K eine Berechnung der Werklohnkosten wegen der aus ihrer Sicht erfolgten Kündigung. Mit Schreiben vom 25.09.2018 widerruft K den Vertrag und fordert die Beklagte zur Rückzahlung der Anzahlung binnen 14 Tagen auf. B meint, dem Widerruf stünde die Erklärung vom 09.06.2018 entgegen, da darin eine Kündigung des Vertrags nach § 648 BGB liege. Zu Recht? Jura Intensiv LEITSATZ Der Ausschlusstatbestand § 312g II Nr. 1 BGB gilt jedenfalls regelmäßig nicht für Werkverträge nach § 631 BGB. Prüfungsvermerk: Art. 2 Nr. 5 Verbraucherrechterichtlinie: Im Sinne dieser Richtlinie [bezeichnet der Ausdruck] „Kaufvertrag“ jeden Vertrag, durch den der Unternehmer das Eigentum an Waren an den Verbraucher überträgt oder deren Übertragung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt, einschließlich von Verträgen, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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