Aufrufe
vor 4 Jahren

RA Digital - 11/2019

  • Text
  • Waffg
  • Strafrecht
  • Anspruch
  • Stgb
  • Beklagten
  • Urteil
  • Verlags
  • Inhaltsverzeichnis
  • Jura
  • Intensiv
Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

576 Zivilrecht

576 Zivilrecht RA 11/2019 Eine wichtige Abgrenzung! Viele Anbieter bieten nämlich sogar ein eigenes Bezahlmodell an und wissen genau, was sie tun. Kein Wunder, dass die Kläger vor Gericht Recht bekamen, so AG Wiesbaden, Urteil vom 16.06.2017, 92 C 4323/16; LG München I, Urteil vom 28. Februar 2018, 27 O 11716/17, bestätigt durch OLG München Verfügung vom 6. Februar 2019, 19 U 793/18. Hier liegt ein Schwerpunkt des Falles. Wenn der Spielvertrag, den K mit seinem Anbieter geschlossen hat, gem. § 134 BGB i.V.m. §§ 284, 285 StGB nichtig ist, berührt die Nichtigkeit im Valutaverhältnis nicht das zwischen K und B bestehende Deckungsverhältnis und kann B auch grundsätzlich nicht entgegengehalten werden. Eine Ausnahme stellt der Rechtsmissbrauch dar, BGH, Urteil vom 16.04.2002, XI ZR 375/00. BGH, Urteil vom 24. September 2002, XI ZR 420/01 Folglich fehlt es an der Pflichtverletzung gem. § 241 II BGB und ein Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 280 I, 241 II BGB scheidet aus. C. Anspruch des K gegen B auf Herausgabe der Belastung gem. § 812 I 1 1. Fall. BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Herausgabe der Belastung seines Kontos haben. Dann dürfte allerdings kein Rechtsgrund für sie bestehen. Der Rechtsgrund liegt allerdings aufgrund der gem. § 675j BGB erfolgten und, wie geprüft, auch wirksamen Autorisierung, in einem Aufwendungserstattungsanspruch der B aus §§ 675f II, 675c, 670 BGB. [20] Damit ist zunächst einmal unerheblich, dass die Transaktionen dem illegalen Glücksspiel dienten. Dies hat für die Wirksamkeit des Kreditkartenvertrags und des damit einhergehenden Anspruchs der Klägerin keine Auswirkungen. Etwaige Einwendungen aus dem Valutaverhältnis kann der Karteninhaber grundsätzlich nur dem Vertragsunternehmen entgegenhalten. [21] Die Zahlung des Kreditkartenunternehmens an das Vertragsunternehmen ist allerdings ausnahmsweise dann keine Aufwendung, die das Kreditkartenunternehmen für erforderlich halten darf, wenn das Vertragsunternehmen das Kreditkartenunternehmen rechtsmissbräuchlich in Anspruch nimmt. Dann ist das Kreditkartenunternehmen zur Zahlungsverweigerung nicht nur berechtigt, sondern aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrages mit dem Karteninhaber auch verpflichtet. Problematisch ist aber, dass der Karteninhaber seinem Gläubiger mit der Unterzeichnung des Belastungsbelegs einen abstrakten Zahlungsanspruch aus § 780 BGB gegen das Kreditkartenunternehmen verschafft. Deshalb liegt eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des Kreditkartenunternehmens nur vor, wenn das Vertragsunternehmen seine formale Rechtsposition ersichtlich treuwidrig ausnutzt. Das ist nur dann der Fall, wenn offensichtlich keine Forderung aus dem Valutaverhältnis gegen den Karteninhaber besteht. Damit steht K kein Anspruch gegen B aus § 812 I 1 1. Alt. BGB zu. Jura Intensiv D. Anspruch des K gegen B auf Rückbelastung im Wege des Schadensersatzes gem. § 823 II BGB i.V.m. § 4 GlüStV Wie geprüft, liegt keine Verletzung des § 4 GlüStV vor. Es kann deshalb offen bleiben, ob es sich um ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 II BGB handelt. ERGEBNIS K kann von B nicht die Rückbelastung seines Kontos verlangen. FAZIT Ist die Autorisierung wirksam, hat der Kreditkartenkunde seinem Gläubiger einen wirksamen Autorisierungsbeleg erteilt und legt dieser den Beleg beim Kreditkartenunternehmen vor, zahlt dieses aus und belastet das Konto ihres Kunden. Der Einwand des Kreditkarteninhabers, er habe sich am illegalen Glücksspiel beteiligt, ist im Deckungsverhältnis zum Kreditkartenunternehmen unbeachtlich. Dieses handelt nur rechtsmissbräuchlich, wenn es weiß, dass kein Anspruch besteht. Das kann es aber, weil legale Spiele denselben MCC haben, nicht immer erkennen. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 11/2019 Referendarteil: Zivilrecht 577 Speziell für Referendare Problem: Nutzung eines Fußgängerüberwegs durch einen Fahrradfahrer Einordnung: Straßenverkehrsrecht OLG Hamm, Beschluss vom 27.05.2019 31 U 23/19 EINLEITUNG Unfälle im Straßenverkehr gehören zum Alltag der Gerichte. Ihre Beurteilung gehört zum Prüfungsstandard im Assessorexamen. Hier musste das OLG Hamm sich mit der Beantwortung der Frage befassen, ob es rechtlich erheblich ist, dass ein Fahrradfahrer, der über einen „Zebrastreifen“ fährt, nicht in die Pedale tritt, um sich fortzubewegen, sondern sich vom Boden abstößt und „lediglich rollt“. Die Entscheidung des OLG Hamm geben wir als erstinstanzliches Urteil wieder. TATBESTAND Am (…) ereignete sich auf dem Fußgängerüberweg im Kreuzungsbereich X.-Straße/Y.-Straße (…) ein Verkehrsunfall. Zum Unfallzeitpunkt befand sich der Kläger (K) mit seinem Fahrrad auf dem Fußgängerüberweg, der über die Rechtsabbiegerspur auf der Y-Straße führt. An beiden Seiten der Fahrbahn ist das auf das Vorhandensein des Fußgängerüberweges hinweisende Verkehrszeichen Nr. 350 aufgestellt. Zur gleichen Zeit befuhr der Beklagte zu 1) (B1) mit seinem bei der Beklagten zu 2) (B2) haftpflichtversicherten PKW (…) die Y-Straße und bog sodann auf die zuvor genannte Rechtsabbiegerspur in Richtung X-Straße ab. Auf dem Fußgängerüberweg kam es zur Kollision. Der PKW stieß mit der Front gegen das Hinterrad des Fahrrads des K, wodurch K zu Boden stürzte. Dabei erlitt K eine Fraktur des dritten Brustwirbelkörpers und wurde in ein Krankenhaus verbracht, wo er 11 Tage lang in stationärer Behandlung verblieb. Der stationäre Heilungsverlauf gestaltete sich komplikationslos. Am (…) zahlte B2 an K als Schmerzensgeld eine Summe in Höhe von 3.000 €. Jura Intensiv K behauptet, er habe den Fußgängerüberweg auf dem Fahrrad sitzend, sich mit den Füßen vom Boden abstoßend, rollend bewegt. Er vertritt die Rechtsansicht, B1 treffe ein Alleinverschulden an dem Unfall, da er – K – sich zum Unfallzeitpunkt auf dem Fußgängerüberweg befand und zudem B1 aufgrund der Nutzung des Kraftfahrzeuges eine haftungsverschärfende Betriebsgefahr zuzurechnen sei. Außerdem sei er gleich einem Fußgänger schutzbedürftig. K beantragt, B1 und B2 gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an K ein angemessenes Schmerzensgeld, welches der Höhe nach eine Summe von 5.500 € nicht unterschreitet, sowie Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen. LEITSATZ Radfahrer, die den Fußgängerüberweg benutzen, genießen nicht den Schutz des § 26 S. 1 StVO und handeln ihrerseits verbotswidrig. Unerheblich ist, ob diese sich auf dem Fahrrad sitzend und mit den Füßen vom Boden abstoßend fortbewegen oder die Pedale benutzen. Einleitungssätze werden nicht in allen Ländern gern gesehen. In Unfallsachen sind sie teilweise aber typisch. „Der Kläger begehrt Schadensersatz/Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfall vom (…)“. Fragen Sie hierzu Ihre AG-Leiter. Geschichtserzählung im Indikativ Imperfekt. Vortrag des Klägers beginnend mit streitigem Tatsachenvortrag. Dem folgen Rechtsansichten. Zeitform: Präsens Darstellung erfolgt in indirekter Rede im Konjunktiv. Der Antrag des K ist zulässig, obwohl dieser unbeziffert ist. Kein Verstoß gegen § 253 II 2 ZPO, Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 253 Rn 12. B1 und B2 beantragen, die Klage abzuweisen. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

RA - Digital

Rspr. des Monats