Aufrufe
vor 4 Jahren

RA Digital - 11/2019

  • Text
  • Waffg
  • Strafrecht
  • Anspruch
  • Stgb
  • Beklagten
  • Urteil
  • Verlags
  • Inhaltsverzeichnis
  • Jura
  • Intensiv
Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

586 Nebengebiete

586 Nebengebiete RA 11/2019 Dies ist der entscheidende Punkt bei der anwaltlichen Beratung: Durch die Ablehnung des Änderungsangebots spielt der Arbeitnehmer mit seinem Job, ohne seine Siegchancen im Prozess dadurch zu erhöhen. Praktische Umsetzung in Tenor und Klageantrag Kündigungsschutzklage und Änderungskündigungsschutzklage Änderungsschutzklage Sowohl bei der Änderungsschutzklage als auch bei der Änderungskündigungsschutzklage ist nur zu überprüfen, ob die Änderung (!) der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt ist. Auch im zweiten Fall geht es nicht um die Überprüfung, ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sozial gerechtfertigt ist. Dass die Änderungskündigung zur Beendigungskündigung geworden ist, liegt an der Ablehnung des Änderungsangebotes durch den Arbeitnehmer und kann dem Arbeitgeber insoweit nicht „angelastet“ werden (vgl. BAG, 22.09.2016, 2 AZR 509/15, RA 2017, 25). Verliert der Arbeitnehmer im ersten Fall (Fall des § 2 KSchG), so arbeitet er unter den geänderten Arbeitsbedingungen, verliert er hingegen in Fall zwei, so verliert er seinen Arbeitsplatz. In einer arbeitnehmerseitigen Anwaltsklausur sollten Sie deshalb in der Regel den Weg der Änderungsschutzklage empfehlen. Anderenfalls riskiert der Arbeitnehmer, seinen Job zu verlieren! Weisen Sie den Mandanten aber darauf hin, dass die §§ 9, 12 KSchG in diesem Fall keine Anwendung finden. Nur wenn die geänderten Arbeitsbedingungen – für den Mandanten – schlechterdings unzumutbar sind oder der Gewinn der Kündigungsschutzklage „sicher“ ist, sollte die Ablehnung des Änderungsangebotes empfohlen werden. Für die Erhebung einer Änderungsschutzklage gilt dieselbe dreiwöchige Klagefrist wie für eine normale Kündigungsschutzklage (§ 4 Satz 1 und 2, § 7 KSchG). Ein Kündigungsschutzantrag gemäß § 4 Satz 1 KSchG sollte folgendermaßen lauten: „Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers/der Klägerin durch die (Änderungs-)Kündigung des/der Beklagten vom XX.XX.20XX nicht aufgelöst (worden) ist.“ Teilweise wird auch noch das Datum der Kündigungsfrist in den Antrag aufgenommen: „Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers/der Klägerin durch die (Änderungs-)Kündigung des/der Beklagten vom XX.XX.20XX nicht zum XX.XX.20XX aufgelöst (worden) ist.“ Jura Intensiv Beide Formulierungen sind gleichwertig. Demgegenüber sollte man einen Änderungsschutzantrag gemäß § 4 Satz 2 KSchG so formulieren: „Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers/ der Klägerin gemäß der Änderungskündigung des/der Beklagten vom XX.XX.20XX sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist.“ Möglich ist auch die folgende (etwas kürzere) Formulierung: „Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers/der Klägerin durch die Änderungskündigung des/der Beklagten vom XX.XX.20XX vom ... unwirksam ist.“ Problematisch ist vorliegend die folgende Fallkonstellation: Der änderungsgekündigte Arbeitnehmer hatte zwar rechtzeitig das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen (d.h. innerhalb von drei Wochen, § 2 Satz 2 KSchG) und er hatte auch innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist (§ 4 Satz 1 KSchG) gegen die Kündigung geklagt, d.h. eine Klageschrift bei Gericht eingereicht. Allerdings enthielt diese Klageschrift zunächst einen „normalen“ Kündigungsschutzantrag, den der Arbeitnehmer erst später im Verlauf des Verfahrens korrigierte. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 11/2019 Nebengebiete 587 Möglicherweise ist in einem solchen Fall die dreiwöchige Klagefrist für die Einreichung einer Änderungsschutzklage verstrichen, denn der Arbeitnehmer hat ja „nur“ eine normale Kündigungsschutzklage eingereicht. SACHVERHALT Der Betreiber einer Spielhalle, in der mehr als zehn Arbeitnehmer tätig waren, hatte einem langjährig beschäftigten Automatentechniker fristgemäß gekündigt und ihm angeboten, ihn nach Ablauf der Kündigungsfrist als „Servicemitarbeiter“ für eine deutlich geringere Bezahlung zu beschäftigen. Die mit der neuen Tätigkeit verbundenen Arbeitsaufgaben waren im Kündigungsschreiben nicht näher beschrieben, was im Streitfall zu einer Unklarheit des Änderungsangebotes führte, denn im Betrieb des Arbeitgebers wurden zwei verschiedene Arten von Servicemitarbeitern eingesetzt: Zum einen die normalen Servicemitarbeiter und zum anderen solche, die als sog. Technikbeauftragte höherwertigere Tätigkeiten verrichteten. Der Kläger erklärte fristgerecht die Annahme des Änderungsangebots unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG, und er reichte auch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eine „normale“ Kündigungsschutzklage ein. Der Klage fügte er keine Anlagen bei und erwähnte auch nicht, dass die Kündigung eine Änderungskündigung war. Später stellte er dann den Kündigungsschutzantrag (noch in der ersten Instanz) auf einen Änderungsschutzantrag um. LÖSUNG Die Auswechslung des Klageantrags ist zulässig und die Änderungsschutzklage deshalb begründet. Aus § 4 Satz 2 KSchG in Verb. mit § 7 KSchG könnte zwar der Schluss gezogen werden, dass nur ein formal richtiger Änderungsschutzantrag verhindert, dass die Änderungskündigung gemäß § 7 KSchG als wirksam anzusehen ist. Gegen eine solche Auslegung sprechen aber Sinn und Zweck der Begrenzung der Klagefrist auf drei Wochen. Denn die kurze Frist dient dem Interesse des Arbeitgebers, der rasch Sicherheit darüber haben soll, ob der Arbeitnehmer die Kündigung gelten lassen möchte oder nicht. Die Information, dass der Arbeitnehmer die Kündigung nicht akzeptiert, erhält der Arbeitgeber aber auch durch eine zunächst unrichtige Fassung des Klageantrags. Der Arbeitgeber erfährt nämlich auch bei einem unrichtigen Klageantrag, dass der Arbeitnehmer die (Änderungs-)Kündigung nicht gegen sich gelten lassen will. Der Arbeitnehmer erstrebt stets den unveränderten Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses. Dass es sich bei der konkret angegriffenen Kündigung um eine Änderungskündigung handelt, weiß der Arbeitgeber, weil er sie selbst erklärt hat. Im Übrigen stützt das BAG seine Ansicht ausdrücklich nicht auf eine sinngemäße Anwendung von § 6 KSchG, wonach Unwirksamkeitsgründe gegen eine Kündigung noch bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens geltend gemacht werden können. Da hier § 6 KSchG nicht gilt, ist eine Antragsänderung auch noch in der Berufungsinstanz zulässig. Die Änderungsschutzklage hatte hier im Streitfall auch in der Sache Erfolg, was daran lag, dass das Änderungsangebot zu unbestimmt war. Denn der Kläger konnte aus dem Kündigungsschreiben bzw. dem darin enthaltenen Änderungsangebot nicht entnehmen, welche „Service“-Tätigkeiten er künftig verrichten sollte. Ist das Änderungsangebot aber zu ungenau, hat eine Änderungsschutzklage schon deshalb grundsätzlich Erfolg. Jura Intensiv Rechtsfrage: Kann ein zunächst gestellter – eigentlich falscher – Kündigungsschutzantrag die Präklusion in gleicher Weise verhindern wie die – korrekte – Änderungsschutzklage? Antwort BAG: Ja. Bei der Präklusion geht es um Rechtssicherheit für den Arbeitgeber und dieser weiß auch in diesem Fall, dass der Arbeitnehmer die (Änderungs-)Kündigung nicht hinnimmt. Nur weil keine Präklusion eingetreten war kam es überhaupt noch zur inhaltlichen Prüfung, ob die Änderungskündigung wirksam war. Insoweit gilt: Der Arbeitnehmer kann über ein Änderungsangebot nicht entscheiden, wenn gar nicht klar ist, was ihm eigentlich angeboten wird (BAG, Urteil vom 26.01.2017, 2 AZR 68/16). © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

RA - Digital

Rspr. des Monats