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RA Digital - 12/2016

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642 Nebengebiete

642 Nebengebiete RA 12/2016 Die Schuldnerin sprach am 16. Februar 2016 eine außerordentliche Änderungskündigung aus mit dem Angebot, den Kläger als Manager Ligths Design in der Abteilung Engineering Design zu beschäftigen. Mit Schreiben vom 19. Februar 2016 hat der Gläubiger das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen. Mit Schriftsatz vom 11. März 2016 hat der Gläubiger ferner beantragt, ein Zwangsgeld festzusetzen zur Durchsetzung der Weiterbeschäftigungsverpflichtung als Manager Interior Design. Der Maßstab für die Bestimmtheit einer vollstreckungsfähigen Leistung deckt sich mit den Anforderungen nach § 253 I ZPO für einen bestimmten Antrag in der Klageschrift. Der bestimmte Antrag dient zum einen zur Abgrenzung des Streitgegenstands, zum anderen schafft er eine Voraussetzung für die etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung. Gemessen an diesen Zielen ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis absteckt (§ 308 ZPO), Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennen lässt (§ 322 ZPO), das Risiko des Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeiten auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lassen. Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung dürfen deshalb nicht aus dem Erkenntnisverfahren ins Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber worin die Verpflichtung besteht. Mit Beschluss vom 21. April 2016 hat das Arbeitsgericht ein Zwangsgeld zur Durchsetzung des Weiterbeschäftigungstitels festgesetzt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der titulierte Ausspruch nicht zu unbestimmt sei, materielle Einwendungen wie ein nachfolgender Ausspruch einer Änderungskündigung seien im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht zu überprüfen. Hiergegen hat die Schuldnerin sofortige Beschwerde eingelegt. LÖSUNG Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 62 I ArbGG, 793 ZPO an sich statthaft und wurde innerhalb der in § 569 I ZPO normierten Zweiwochenfrist eingelegt. Die sofortige Beschwerde ist aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht dem Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln nach § 888 ZPO stattgegeben. 1. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung liegen vor. Die Vollstreckungsklausel ist erteilt (§§ 724, 725 ZPO) und der Titel ist auch zugestellt worden (§ 750 I ZPO). Jura Intensiv 2. Der Titel ist hinreichend bestimmt. a) (...) Bei der Titulierung des dem Arbeitnehmer zustehenden Anspruchs auf Weiterbeschäftigung muss der Vollstreckungstitel verdeutlichen, um welche Art von Beschäftigung es geht. Für den Schuldner muss aus rechtsstaatlichen Gründen erkennbar sein, in welchen Fällen er mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat. Andererseits erfordern das Rechtsstaatsprinzip und das daraus folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes, dass materiell-rechtliche Ansprüche effektiv durchgesetzt werden können. Bei im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebener Arbeitspflicht kann der Titel aus materiell-rechtlichen Gründen nicht so genau sein, dass er auf eine ganz bestimmte im Einzelnen beschriebene Tätigkeit oder Stelle zugeschnitten ist. Um diesen Gesichtspunkten gerecht zu werden, ist es jedenfalls erforderlich, dass die Art der ausgeurteilten Beschäftigung des Arbeitnehmers aus dem Titel ersichtlich ist. Einzelheiten hinsichtlich der Art der Beschäftigung oder sonstigen Arbeitsbedingungen muss der Titel demgegenüber nicht enthalten. Inhaltsverzeichnis

RA 12/2016 Nebengebiete 643 Dafür reicht es aus, wenn sich aus dem Titel das Berufsbild, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, ergibt oder diesem zu entnehmen ist, worin die ihm zuzuweisende Tätigkeit bestehen soll. b) Diesen Anforderungen ist vorliegend Genüge getan. Nach Ziff. 3 des Teil- Urteils des Arbeitsgerichts vom 17. Dezember 2015 sollte der Gläubiger als „Manager Interior Design“ in der Abteilung Design beschäftigt werden. (...) Dass die einzelnen mit dieser Position verbundenen Aufgaben ebenfalls in den Titel mit aufgenommen werden, ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht geschuldet und würde auch zu praktischen Unwägbarkeiten führen. Die Schuldnerin muss als Arbeitgeberin selbst wissen, welche Tätigkeiten mit der Position eines „Manager Interior Design“ in ihrem Unternehmen verbunden sind. Ihrem Bestreiten, dass völlig unklar sei, welches Berufsbild und welche Aufgaben sich dahinter verbergen, ist demnach nicht nachvollziehbar. Eine weitergehende Überprüfung ist hier nicht angezeigt. Es gilt der Grundsatz der Trennung von Erkenntnis- und Zwangsvollstreckungsverfahren. Nicht zu überprüfen ist im Verfahren nach § 888 ZPO danach die materielle Richtigkeit des arbeitsgerichtlichen Urteils. Das Zwangsvollstreckungsverfahren ist nicht dazu da, die Entscheidungen im Erkenntnisverfahren zu korrigieren. Gründe, die bereits Gegenstand des Erkenntnisverfahrens bis zum Erlass des Titels waren oder bis zu diesem Zeitpunkt im Prozess vorgebracht hätten können, können nicht herangezogen werden, um eine Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung begründen zu können. Etwas anderes widerspräche der Aufteilung der Funktionen von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren. Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber worin die Verpflichtung besteht und ob diese zurecht festgelegt worden ist. 3. Im Zwangsvollstreckungsverfahren ist auch der Einwand einer weiteren Kündigung – hier einer außerordentlichen Änderungskündigung – nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils grundsätzlich unbeachtlich. Jura Intensiv a) Abgesehen von dem Einwand der Erfüllung und der Unmöglichkeit sind materielle Einwendungen in dem Verfahren nach § 888 ZPO nicht mehr zu überprüfen. Dem Schuldner steht dann lediglich die Möglichkeit offen, diese Einwendungen im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) oder im Berufungsverfahren vorzutragen. Dies gilt auch für den Ausspruch von Folgekündigungen, denn auch hierbei handelt es sich um einen materiell-rechtlichen Einwand. Auch hier kommt grundsätzlich nur der Weg über das Berufungsverfahren oder eine Zwangsvollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO infrage. Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung kann dann entweder über § 62 I ArbGG oder § 769 ZPO erreicht werden. Allerdings ist zu beachten, dass sich Berufung und Zwangsvollstreckungsgegenklage im Grundsatz ausschließen. BAG, Urteil vom 27. Mai 2015, 5 AZR 88/14 Rn 44 Das LAG kommt dem Arbeitnehmer hinsichtlich des in der Einleitung beschriebenen Problems sehr weit entgegen. Darauf sollte man sich z.B. in einer Anwaltsklausur aber nicht „verlassen“. Deshalb wird z.B. empfohlen, der Arbeitnehmer solle verschiedene, hilfsweise hintereinander gestaffelte Klageanträge präsentieren: Weist das Gericht den primären, z.B. auf eine möglichst genau definierte Beschäftigungspflicht gerichteten Antrag zurück, wird hilfsweise als zweiter Antrag die Verurteilung des Arbeitgebers zu einer weniger genau definierten Beschätigungspflicht begehrt usw., oder „umgekehrt“, je nach dem, was dem Interesse des Mandanten eher entspricht. BAG, Beschluss vom 15. April 2009, 3 AZB 93/08, Rn 16 Die Vollstreckungsgegenklage ist eine prozessuale Gestaltungsklage, die nicht den Titel selbst, sondern nur dessen Vollstreckbarkeit beseitigt. Sie greift, wenn dem Unterlegenen eines Prozesses, gegen den nun aus dem Titel vollstreckt wird, gegen den titulierten Anspruch materiell-rechtliche Einwendungen zustehen, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind. Die anfechtbaren Titel sind in § 767 ZPO und § 794 ZPO aufgelistet. b) Teilweise wird betont, dass im Zwangsvollstreckungsverfahren zu überprüfen sei, ob nach Erlass des Urteils durch den Ausspruch einer neuen Kündigung die Beschäftigung des Arbeitnehmers unmöglich geworden sei. (...) Hier erscheint eine Klarstellung, wann von einer im Rahmen des Inhaltsverzeichnis

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