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RA Digital - 12/2016

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656 Referendarteil:

656 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 12/2016 Ein Abweichen von dem typischen Urteilsaufbau (Klageerhebung, Klägervorbringen, Anträge, Beklagtenvorbringen) ist in einer Klausur zu vermeiden. Dies gelingt, wenn man den erst nach dem Beklagtenvorbringen dargestellten Vortrag in das obige Klägervorbringen integriert. Denn es ist in der Regel unerheblich, wann ein bestimmter Vortrag erfolgt ist. Dass der Vortrag erst nach einem gerichtlichen Hinweis erfolgt ist, muss vorliegend ebenfalls nicht erwähnt werden. Andere Vereine hätten von dem Recht einer Bestätigung samt Begründung keinen Gebrauch gemacht. Die Zuteilung der Eiszeiten erfolge nach den in § 8 Abs. 5 SpoFöR dokumentierten Grundsätzen für die Vergabe von Sportanlagen; innerhalb der Vorgaben sei durch die Verwaltungspraxis die spezielle Zuteilung der Zeiten in den Eis- und Funsportzentren entwickelt worden. Da die Nachfrage nach Zeiten am Nachmittag und am Abend kontinuierlich gestiegen sei, könnten nur noch Sportvereine, die förderfähig im Sinne der Sportförderrichtlinie der Beklagten seien, berücksichtigt werden. Die von den Antragstellern gewünschte Anzahl an Trainingsstunden habe nicht mehr gewährt werden können. Vor der Vergabe von Nutzungszeiten werde der spezifische Bedarf des jeweiligen Antragstellers nach Sportart, Aktiven-Mitgliederanzahl, Kinder- und Jugendanteil sowie die Leistungsgruppe für die Zuteilung von Eisstunden ermittelt. Für die konkrete Zuteilung von Ort und Zeit würden Kriterien wie der örtliche Bezug, Zusammenhang von Nutzungszeiten und Altersstruktur, Besitzstand und Kooperationsmöglichkeiten herangezogen. Ziel sei, Vereinen mit einer annähernd gleichen Anzahl an aktiven Mitgliedern in einer Sportart und annähernd gleicher Mitgliederzusammensetzung eine vergleichbare Anzahl an Trainingsstunden pro Woche zuzuteilen. […] Die verfügbaren Eiszeiten zwischen 16.00 und 20.00 Uhr würden zwischen den Sportarten Eishockey und Eislauf aufgeteilt, sodass für den Eislauf ca. 40 % der Zeit zur Verfügung stehe. Beim Eishockey werde für Vereine mit beispielsweise einer Aktivenzahl bis 50 Personen eine Eiszeit von 1 Stunde/Woche bzw. 2 Stunden alle 14 Tage als minimale Trainingszeit festgelegt. Die Stundenzahl könne bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (z.B. hoher Kinder- und Jugendanteil) erhöht werden. Antragskonkurrenz bestehe seit jeher nur für Trainingszeiten am Nachmittag und Abend (16.00-22.00 Uhr). Zeiten am Morgen würden nur vergeben, wenn dies ausdrücklich beantragt werde. Diese Sonderstunden am Morgen würden bei der Berechnung nicht berücksichtigt und könnten von Vereinen als zusätzliche Trainingsstunden beantragt werden. Die konkrete Zuteilung der Trainingszeiten erfolge nach folgenden Kriterien: Vorrang von Vereinen mit hohem Anteil an Kindern und Jugendliche auf Termine am Nachmittag und frühen Abend, Wunschtermin des Vereins, angegebene Kooperationsmöglichkeiten, bisherige Trainingszeit. Dem Kläger war als Verein mit bis zu 50 aktiven erwachsenen Mitgliedern im Bereich Eishockey nach dem Verteilungsschlüssel eine Stunde pro Woche zuzuteilen. Da der Kläger eine Kooperation mit dem ... München ... im 14-tägigen Wechsel beantragt habe, sei die ihm zustehende Zeit mit zwei Stunden alle zwei Wochen zugeteilt worden. Ein darüber hinausgehender Anspruch habe nicht bestanden, daher sei der Antrag im Übrigen abgelehnt worden. Nach gerichtlichem Hinweis vom 23. September 2015, dass der Bescheid sich durch Zeitablauf erledigt habe und dass für eine Fortsetzungsfeststellungsklage ein Feststellungsinteresse erforderlich ist, äußerte sich der Kläger mit Schreiben vom 25. April 2016 wie folgt: Die Wiederholungsgefahr ergebe sich daraus, dass die Beklagte für die Saison 2015/2016 dem Kläger eine Nutzungsvereinbarung zugeleitet habe, aus der sich nicht entnehmen lasse, nach welchen Kriterien die Zuteilung der Eiszeiten erfolge. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass die für die Verteilung maßgeblichen Kriterien nicht beantwortet bzw. keine sachlichen Kriterien herangezogen worden seien. Die Klageerwiderung setzte sich nicht mit dem Vorbringen des Klägers auseinander. Es sei nicht ersichtlich, nach welchen Kriterien die Verteilung erfolge, mithin sei von einem Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis

RA 12/2016 Referendarteil: Öffentliches Recht 657 Ermessensnichtgebrauch auszugehen. Die Behauptung, dass dem Kläger wegen gestiegener Nachfrage die begehrten Zeiten nicht mehr gewährt werden könnten, werde mit Nichtwissen bestritten; Belege seien nicht vorgelegt worden. Die Ausführungen der Beklagten zeigten, dass die zitierte Richtlinie nicht beachtet würde. Nach § 8 V 4. B) der Richtlinie sei neben den von der Beklagten genannten Kriterien auch der Mädchen- und Frauensport ein Kriterium; nach den Ausführungen müsse davon ausgegangen werden, dass dieses nicht beachtet würde. Die Behauptung eines Ausgleichs zwischen verfügbaren Flächen und aktiver Mitgliederzahl werde mit Nichtwissen bestritten. Insgesamt werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Kriterien von der Beklagten angewendet würden. Das Gericht hat am 8. Juni 2016 mündlich verhandelt und ist mit Einverständnis der Parteien ins schriftliche Verfahren übergegangen. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 21. Juni 2016 eine Übersicht über die vergebenen Nutzungszeiten der Vereine für die Wintersaison 2014/2015 sowie eine Tabelle zur Entwicklung der Mitgliederzahlen im Eissport vorgelegt und darauf hingewiesen, dass am 1. Januar 2017 eine geänderte Sportförderrichtlinie in Kraft trete und sich möglicherweise bereits für die Wintersaison 2016/2017 die Kriterien für die Zuteilung der Nutzungszeiten änderten. Mit Schreiben vom 5. August 2016 hat der Kläger die Intransparenz bei der Vergabe und die mangelnde Schriftlichkeit des Vergabeverfahrens sowie die Ungerechtigkeit des angewendeten Verteilungsschemas gerügt. […]“ ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE „Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO). Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19. September 2014 war rechtmäßig. Ein weitergehender Nutzungsanspruch als die ihm zugeteilten Trainingszeiten für Eishockey standen dem Kläger für die Wintersaison 2014/2015 nicht zu. Der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 VwGO) ist eröffnet. Die Beklagte schließt zwar privatrechtliche Nutzungsverträge für die Benutzung der gemeindlichen Sporthalle mit den jeweiligen Nutzern, die davon zu unterscheidende und hier streitgegenständliche Frage nach dem Zugang zu der öffentlichen Einrichtung beurteilt sich hingegen nach öffentlichem Recht. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft, nachdem sich das ursprüngliche Begehren um Zuteilung von Eissportzeiten für die Wintersaison 2014/2015 mit Ende der Saison durch Zeitablauf erledigt hat. Der Kläger hat dementsprechend seine Klage von einer Verpflichtungs- auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Der Kläger kann für die Fortsetzungsfeststellungsklage ein besonderes Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr geltend machen. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat. Als Sachentscheidungsvoraussetzung muss das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen. Ein mit der drohenden Wiederholung eines Jura Intensiv Prozessgeschichte II: Indikativ Perfekt Im Übrigen s.o. Auch dieser Vortrag sollte in das obige Kläger-/Beklagtenvorbringen integriert werden. Wichtig: Klärung prozessualer Vorfragen am Anfang der Entscheidungsgründe. Ergebnissatz an den Anfang Bei der Problematik „Zugang zu öffentlichen Einrichtungen“ sollten stets kurze Ausführungen zur Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs erfolgen (Stichwort: Zwei-Stufen- Theorie). Hier: FFK in Form einer erledigten Verpflichtungsklage (§ 113 I 4 VwGO analog); die Umstellung von einer VK in eine FFK ist keine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO. Besonderes Feststellungsinteresse erforderlich. Hier: Wiederholungsgefahr Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Klage: Unstreitig der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BVerwG, Urteil vom 16.5.2013, 8 C 38/12, juris Rn 12). Inhaltsverzeichnis

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