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RA Digital - 12/2016

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620 Zivilrecht

620 Zivilrecht RA 12/2016 Tätigkeiten greifen ineinander und stellen daher ein „bewusstes Miteinander“ einer „Gefahrengemeinschaft“ dar B kann sich auf den gesetzlichen Haftungsausschluss berufen – die Haftung wird die Berufsgenossenschaft übernehmen Auflieger befinden. Mit Hilfe dieser Schienen schiebt dann der Lkw-Fahrer auf der Ladefläche die Rolle nach vorne bzw. an den für sie vorgesehenen Platz auf dem Auflieger und sichert die Rolle anschließend entsprechend gegen Wegrutschen. Dies stellt nach der unwidersprochenen Schilderung des B eine generelle und übliche, arbeitsteilige Papierrollen-Beladung im Lübecker Hafen dar. [35] Die Tätigkeiten waren zwischen K und B abgesprochen, griffen mithin ineinander, und stellen sich deshalb als „bewusstes Miteinander“ i.S.d. Rechtsprechung des BGH dar. [36] Entgegen der Auffassung der Klägerin fehlt es auch nicht an der gegenseitigen Gefahrensituation, der sog. Gefahrengemeinschaft. Im Zuge des Beladevorganges konnte nicht nur - wie in concreto geschehen - der K Schaden nehmen. Vielmehr war auch der B als Staplerfahrer gefährdet und hätte durch Fehler des in den Beladevorgang eingebundenen LKW- Fahrers zu Schaden kommen können, beispielhaft dann, wenn der K die Tür D des Lkw-Anhängers nicht ordnungsgemäß nach dem Öffnen befestigt hätte, sodass diese während des Beladevorganges zugeschlagen wären. Jedenfalls vermag der Senat nicht zu erkennen, dass im Zuge der aufeinander bezogenen Ladetätigkeiten der Beteiligten allein der Versicherte der Klägerin Gefahren ausgesetzt gewesen war. Mithin lag in der konkreten Unfallsituation am 23.11.2011 zwischen K und B eine gemeinsame Betriebsstätte vor. 2. Rechtsfolge In entsprechender Anwendung des § 105 I SGB VII ist B damit zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn er den Versicherungsfall i.S.d. § 7 I Alt. 1 SGB VII vorsätzlich oder auf einem nach § 8 II Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt hat. Beides ist vorliegend nicht der Fall. Damit greift zu seinen Gunsten das Haftungsprivileg aus § 106 III Alt. 3 SGB VII. Eine deliktische Haftung scheidet folglich aus. B. Ergebnis K kann von B die Zahlung der entstandenen Heilbehandlungskosten nicht gem. § 823 I BGB verlangen. Jura Intensiv FAZIT Der Haftungsausschluss des § 105 I SGB-VII gilt nicht nur gegenüber Angehörigen des gleichen Betriebs, sondern auch gegenüber Versicherten anderer Unternehmen, die vorübergehend betriebliche Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte ausüben (§ 106 III 3. Alt. SGB VII). Erforderlich sind jedoch sog. wechselseitig aufeinander bezogene betriebliche Aktivitäten. Sie müssen bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinander greifen, miteinander verknüpft sein, sich ergänzen oder unterstützen, denn der Begriff „gemeinsame Betriebsstätte“ verlangt mehr als „dieselbe Betriebsstätte“. Inhaltsverzeichnis

RA 12/2016 Zivilrecht 621 Problem: Keine Heilung eines Formmangels bei Schenkungsvertrag über das gesamte Vermögen Einordnung: Besonderes Schuldrecht BGH, Urteil vom 28.06.2016 X ZR 65/14 EINLEITUNG Ein Formmangel liegt vor, wenn ein Rechtsgeschäft nicht in der vorgesehenen Form abgeschlossen wurde. Wird eine gesetzliche Formvorschrift missachtet, bewirkt § 125 S. 1 BGB grundsätzlich die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts. Bei manchen Rechtsgeschäften ordnet das Gesetz die Heilung des Formmangels an, sodass das Geschäft wirksam wird. Schenkungsverträge können etwa gem. § 518 II BGB durch Vollzug geheilt werden. Ob dies jedoch auch dann gilt, wenn dem Vertrag eine Schenkung über das gesamte Vermögen zugrunde liegt, musste vorliegend vom BGH entschieden werden. SACHVERHALT Die Erblasserin (E) erteilt dem Beklagten (B) am 13.03.2007 eine Vollmacht, mit der er über die von ihr bei D.D.G. gehaltenen Investmentanteile - auch zu eigenen Gunsten - verfügen können soll. Am 23.01.2008 verkauft B die Anteile und lässt sich den Erlös i.H.v. 79.000 € auf sein eigenes Konto überweisen. Wenige Stunden danach verstirbt E. Als ihr Sohn und Erbe (S) davon erfährt, wendet er sich an B und verlangt das Geld zurück. B hingegen behauptet, es sei der Wunsch seiner Mutter gewesen, dass er noch vor ihrem Tode sämtliche Bankwerte abhebt und für sich behält. Zu Recht? LÖSUNG A. S gegen B auf Rückzahlung des Erlös i.H.v. 79.000 € gem. §§ 1922, 812 I 1, 1. Alt., 818 II BGB S könnte gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung von 79.000 € gem. § 812 I 1 BGB haben. Jura Intensiv I. Rechtsnachfolge Mit dem Anfall der Erbschaft sind alle Rechtsverhältnisse der Erblasserin E auf ihren Sohn S gem. § 1922 BGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen. Davon umfasst sind alle vermögensbezogenen Rechte. S steht es damit zu, Forderungen seiner verstorbenen Mutter im eigenen Namen geltend zu machen. II. Etwas erlangt Zunächst müsste B etwas, d.h. einen vermögenswerten Vorteil, erlangt haben. Hier erlangte B das Recht, über die Fondsanteile zueigenen Gunsten zu verfügen. III. Durch Leistung der Erblasserin Die Erblasserin räumte B die Verfügungsgewalt schenkweise, donandi causa, mithin durch Leistung ein. IV. Ohne Rechtsgrund Fraglich ist, ob die Vermögensverschiebung zugunsten des B ohne Rechtsgrund erfolgte. LEITSATZ Der Formmangel eines Schenkungsvertrags, in dem sich der Schenker zur Übertragung seines gesamten gegenwärtigen Vermögens verpflichtet, wird nicht durch Vollzug geheilt. Der BGH stellt in seiner Entscheidung direkt auf die Gutschrift des aufgrund des Verkaufserlöses erzielten Geldbetrages auf dem Konto des B ab und lässt offen, ob B durch Leistung oder in sonstiger Weise bereichert ist. Der Senat setzt den alleinigen Schwerpunkt beim Rechtsgrund der Vermögensverschiebung. So entspannt dürfen Sie in ihrem Gutachten nicht mit § 812 BGB umgehen. Inhaltsverzeichnis

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