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RA Digital - 12/2017

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618 Zivilrecht

618 Zivilrecht RA 12/2017 LÖSUNG A. K gegen B gem. §§ 437 Nr. 2 Alt. 2, 441 I, III, IV, 346 I BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf anteilige Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 2.000 € gem. §§ 437 Nr. 2 Alt. 2, 441 I, III, IV, 346 I BGB haben. I. Kaufvertrag Am 29.07.2015 schlossen die Parteien einen Kaufvertrag i.S.d. § 433 BGB über einen gebrauchten Opel Adam Jam 1.4 zu einem Kaufpreis von 11.000 €. Die Parteien trafen weder ausdrücklich noch konkludent eine Beschaffenheitsvereinbarung gem. § 434 I 1 BGB. Aufgrund der fehlerhaften öffentlichen Äußerungen des B ist der Opel Adam Jam 1.4 mangelhaft i.S.d. § 434 I 3 BGB i.V.m. § 434 I 2 Nr. 2 BGB. II. Mangel bei Gefahrübergang Der Pkw müsste bei Gefahrübergang mangelhaft i.S.d. § 434 BGB gewesen sein. Der Gefahrübergang erfolgte vorliegend gem. § 446 S. 1 BGB mit der Übergabe der Sache. Gem. § 434 I 1 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. „II.1. An das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 I 1 BGB sind strenge Anforderungen zu stellen. Eine solche Vereinbarung kommt unter der Geltung des neuen Schuldrechts nicht mehr im Zweifel, sondern nur noch in eindeutigen Fällen in Betracht (st. Rspr.). Ob danach im Einzelfall eine Beschaffenheitsvereinbarung zu bejahen ist, ist eine Frage der Vertragsauslegung. Gemessen an diesem Maßstab ist sowohl das Zustandekommen einer ausdrücklichen als auch einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung zu verneinen. Die Vertragsurkunde trifft keine Angaben zu einer bestimmten Ausstattungsvariante. Besondere Begleitumstände, aus denen sich zumindest eine stillschweigende Beschaffenheitsvereinbarung ableiten ließe, [liegen nicht vor].“ Allerdings könnte ein Sachmangel nach § 434 I 3, 2 Nr. 2 BGB vorliegen. Voraussetzung dafür ist, dass der Opel Adam Jam 1.4 nicht die Beschaffenheit aufweist, die K nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers B erwarten durfte. Jura Intensiv „II.2. a) Die in der von B geschalteten Internetanzeige enthaltenen Angaben zum Vorhandensein der Ausstattungsvariante Opel Adam Slam stellen eine öffentliche Äußerung i.S.v. § 434 I 3 BGB dar.“ Der Opel Adam Jam 1.4 ist daher mangelhaft i.S.d. § 434 I 3, 2 Nr. 2 BGB. Für eine Ausnahme von § 434 I 3 BGB sind im Sachverhalt keine Anhaltspunkte ersichtlich. III. Kein Ausschluss Die Gewährleistungsrechte dürfen allerdings nicht wirksam ausgeschlossen worden sein. Die Parteien haben vorliegend vereinbart, dass B für die Beschaffenheit des verkauften Kraftfahrzeugs keine Gewährleistung übernimmt. 1. Vertraglicher Gewährleistungsausschluss Es ist daher zu prüfen, ob dieser Haftungsausschluss auch Gewährleistungsansprüche wegen Fehlens der nach den öffentlichen Äußerungen zu erwartenden Beschaffenheit erfasst. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 12/2017 Zivilrecht 619 „II.2.b) aa) In den Fällen einer vertraglich (ausdrücklich oder stillschweigend) getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung i.S.v. § 434 I 1 BGB ist nach gefestigter höchstrichterlicher Rspr. ein daneben vereinbarter Haftungsausschluss für Sachmängel dahin auszulegen, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für Mängel nach § 434 I 2 BGB gelten kann. Denn ansonsten wäre die gleichrangig neben dem Gewährleistungsausschluss stehende Beschaffenheitsvereinbarung für den Käufer - außer im Falle der Arglist des Verkäufers (§ 444 Alt. 1 BGB) - ohne Sinn und Wert. II.2.b) bb) Diese Rspr. lässt sich jedoch nicht auf öffentliche Äußerungen über Eigenschaften der Kaufsache i.S.v. § 434 I 3 BGB übertragen. Das Gesetz hat diese Äußerungen nicht mit einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 I 1 BGB gleichgesetzt, sondern zählt sie zu der Beschaffenheit nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB, also zu der Beschaffenheit, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten kann. Hinsichtlich einer nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB (gesetzlich) geschuldeten Beschaffenheit kann der Verkäufer aber - wie vorstehend ausgeführt – seine Haftung durch eine vertragliche Vereinbarung grds. ausschließen. Denn in solchen Fällen stehen nicht zwei vertragliche und damit - zumindest aus Sicht des Käufers – gleichrangige Vereinbarungen (Beschaffenheitsvereinbarung; Gewährleistungsausschluss) nebeneinander, deren innerer Widerspruch im Wege einer interessengerechten Auslegung aufzulösen ist. Vielmehr handelt es sich hierbei um einen rein gesetzlichen Haftungstatbestand. Damit treffen nicht zwei gleichrangige, sich inhaltlich widersprechende vertragliche Vereinbarungen aufeinander, sondern es existiert nur eine vertragliche Regelung, nämlich die - vom Gesetz außerhalb bestimmter Fälle (vgl. § 474 I, § 475 I, § 437 BGB; § 444 BGB; § 305c I, § 307 I, § 309 Nr. 7a, b, Nr. 8b BGB) zugelassene - Vereinbarung eines Haftungsausschlusses für Gewährleistungsansprüche. Im Hinblick auf dieses Rangverhältnis der beiden Regelungen ist eine einschränkende Auslegung eines umfassenden Gewährleistungsausschlusses in diesen Fällen nicht geboten. Nicht anders liegen die Dinge bei einer Sachmängelhaftung nach § 434 I 3 BGB. Auch hier handelt es sich um einen gesetzlichen Haftungstatbestand. Zudem hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er eine Haftung nach § 434 I 3 BGB gerade nicht mit dem Fehlen einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheit nach § 434 I 1 BGB gleichstellen wollte. Vielmehr hat er sich dafür entschieden, das Fehlen von in öffentlichen Äußerungen des Verkäufers nach § 434 I 3 BGB angegebenen Eigenschaften der Kaufsache wie das Fehlen der nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB geschuldeten üblichen Beschaffenheit zu behandeln. Diese gesetzgeberische Wertung spricht dafür, dass der Verkäufer grds. nicht nur seine Haftung für das Fehlen einer üblichen und vom Käufer zu erwartenden Beschaffenheit (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB), sondern auch für das Fehlen von Eigenschaften ausschließen kann, deren Vorhandensein der Käufer nach den vom Verkäufer abgegebenen öffentlichen Äußerungen berechtigterweise erwarten kann (§ 434 I 3 BGB).“ Jura Intensiv BGH, Urteil vom 19.12.2012, VIII ZR 117/12 Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob die zur Beschaffenheitsvereinbarung gem. § 434 I 1 BGB ergangene Rechtsprechung auch auf § 434 I 3 BGB übertragen werden kann. Der Gesetzgeber knüpfte § 434 I 3 BGB an § 434 I 2 Nr. 2 und setzte diese Äußerungen eben nicht der Beschaffenheitsvereinbarung gleich. § 434 I 2 Nr. 2 und § 434 I 3 BGB können als gesetzliche Haftungstatbestände wirksam ausgeschlossen werden. Wäre die Klausel eine AGB hätte man hier einen Verstoß gegen § 309 Nr. 7 BGB diskutieren müssen. Lies hierzu: BGH, Urteil vom 04.02.2015, VIII ZR 26/14. Damit erfasst der vertragliche Haftungsausschluss Gewährleistungsansprüche wegen Fehlens der nach den öffentlichen Äußerungen zu erwartenden Beschaffenheit. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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