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RA Digital - 12/2019

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624 Zivilrecht

624 Zivilrecht RA 12/2019 Vergleich mit einer Sache Unterschied zwischen Sache und Tier BGH, Urteil vom 29.03.2006, VIII ZR 173/05 Fazit: Der BGH zieht keine allgemeingültige Grenze zwischen einem „neuen“ und einem „gebrauchten“ Tier, sondern überlässt die Grenzziehung den jeweiligen Instanzgerichten. Hier sah der Senat die Geschlechtsreife als entscheidend an. Hinweis für Referendare: Das Berufungsgericht hatte analog § 244 StPO den Fall aufgrund eigener Sachkunde entschieden und dargelegt, woher es die Sachkunde hatte. Diese Kriterien, die der BGH an die Transparenz einer Klausel anlegt, sollte man sich merken! Zur Abgrenzung ein Beispiel für eine intransparente Klausel: BGH, Urteil vom 29.04.2015, VIII ZR 104/14 Rn 18 [35] Anders als bewegliche Sachen unterliegen Tiere während ihrer gesamten Lebenszeit einer ständigen Entwicklung und Veränderung ihrer körperlichen und gesundheitlichen Verfassung, die sowohl von den natürlichen Gegebenheiten des Tieres (Anlagen, Alter) als auch von seiner Haltung (Ernährung, Pflege, Belastung) beeinflusst wird. (…) Der wesensmäßige Unterschied zwischen Tieren und Sachen, der in der Bestimmung des (…) § 90a BGB zum Ausdruck kommt, ist nach der Aufhebung dieser Vorschriften im Zuge der Schuldrechtsreform nicht gegenstandslos geworden. [39] (Es…) lassen sich keine allgemein gültigen zeitlichen Grenzen aufstellen, ab denen ein noch nicht einer Verwendung zugeführtes Tier, insbesondere ein Pferd, nicht mehr als “neu” zu bewerten ist. Diese Beurteilung ist vielmehr aufgrund einer umfassenden Würdigung der Einzelfallumstände zu treffen und obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Im vorliegenden Fall war das Pferd bereits von der Mutterstute entwöhnt und geschlechtsreif. Auch wenn es weder gekört noch angeritten ist, kann es nicht mehr als neu bezeichnet werden. Folglich liegen die Voraussetzungen des § 474 II 2 BGB vor. Es handelt sich beim streitgegenständlichen Pferd um ein Tier, das wie eine gebrauchte Sache zu behandeln ist. Folglich liegt kein Verstoß gegen das Klauselverbot des § 476 II BGB vor. b) Verstoß gegen das Klauselverbot des § 309 Nr. 7 BGB Fraglich ist, ob ein Verstoß gegen das Klauselverbot des § 309 Nr. 7 BGB vorliegt. Indem die AGB die Fallgestaltungen des § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB ausdrücklich von der abgekürzten Verjährung ausnimmt, verstößt die in Abschnitt D.V. enthaltene Verkürzung der Verjährungsfrist auf drei Monate nach Gefahrübergang nicht gegen die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 BGB. [53] Insoweit liegt auch kein Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) vor, weil die Auktionsbedingungen des Beklagten in D.V. Schadensersatz- und Gewährleistungsansprüche sämtlich denselben Regeln unterstellen, indem sie entweder für alle Ansprüche die Verjährungsfrist verkürzen oder - in den Fallgestaltungen des § 309 Nr. 7 BGB - der gesetzlichen Verjährung unterwerfen und damit keine Unklarheiten aufkommen lassen. Jura Intensiv Folglich liegt kein Verstoß gegen das Klauselverbot vor. c) Verstoß gegen das Klauselverbot gem. § 309 Nr. 8b ff) BGB Fraglich ist, ob die Klausel gegen das Verbot des § 309 Nr. 8b ff) BGB verstößt. Dies wäre der Fall, wenn es sich bei dem Pferd um eine neu hergestellte Sache handeln würde. Zur Anwendbarkeit auf Tiere: BGH, Urteil vom 03.07.1985, VIII ZR 152/84 und BT-Drucks. 14/4060, S. 245, jeweils zu § 11 Nr. 10 AGBG Zu den Maßstäben: BT-Drucks. 14/6040, S. 245, S. 157 f., sowie Urteil vom 15.11.2006, VIII ZR 3/06, Rn 30 [55] Gemäß § 309 Nr. 8 Buchst. b Doppelbuchst. ff. BGB ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen bei Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird. Diese Bestimmung gilt auch für den Kauf von Tieren. Für die Beurteilung, ob ein Vertrag den Kauf einer „gebrauchten“ oder einer „neu hergestellten“ Sache (oder eines Tieres) betrifft, gelten die gleichen Maßstäbe wie bei § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 475 Abs. 2 BGB aF. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 12/2019 Zivilrecht 625 Gemessen daran handelt es sich bei dem veräußerten Hengst - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat - nicht um eine „neu hergestellte Sache“. Folglich liegt kein Verstoß gegen § 309 Nr. 8b ff) BGB vor. d) Verstoß gegen das Klauselverbot gem. § 307 I BGB Fraglich ist, ob die von B verwendete Klausel über die Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche von zwei Jahren gem. § 438 I Nr. 3 BGB auf drei Monate ab Gefahrübergang einer Kontrolle am Maßstab der §§ 307 I 1, II, 310 III Nr. 3 BGB standhält. Unangemessen ist eine Benachteiligung, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. [58] Die Bestimmung des § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB (früher § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB) nimmt den Kauf einer gebrauchten Sache im Rahmen einer öffentlich zugänglichen Versteigerung, an der der Käufer persönlich teilnehmen kann, von dem in sonstigen Fällen eines Verbrauchsgüterkaufs geltenden Käuferschutz aus. Hierdurch wollte der nationale Gesetzgeber nicht allgemein die Vertriebsform „Versteigerung“ gegenüber anderen Formen des Verbrauchsgüterkaufs begünstigen, sondern vielmehr im Hinblick auf bestimmte öffentliche Versteigerungen im Sinne von § 383 Abs. 3 Satz 1 BGB, nämlich bei Versteigerungen von gebrauchten Sachen, bei denen eine Teilnahmemöglichkeit des Kaufinteressenten besteht, die nach bisherigem Recht bestehenden Möglichkeiten eines Gewährleistungsausschlusses erhalten. Die bei öffentlich zugänglichen Versteigerungen über gebrauchte Sachen, an denen der Käufer teilnehmen konnte, bestehende Möglichkeit des Verkäufers, Gewährleistungsrechte zu beschränken oder unter Umständen sogar auszuschließen, prägt somit das gesetzliche Leitbild mit, sodass die Verkürzung der Verjährungsfrist auf drei Monate nach Gefahrübergang den Käufer nicht unangemessen benachteiligt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass B die Haftung nicht vollständig ausgeschlossen hat und als Kommissionär, anders als ein Eigentümer, nicht genug Erkenntnisse über das Vorleben des Tieres hatte. Folglich bestand ein berechtigtes Interesse, die Haftung zu beschränken. Folglich liegt kein Verstoß gegen das Klauselverbot vor. Damit steht fest, dass B seine Haftung wirksam auf 3 Monate beschränkt hat. Der Rücktritt ist gem. §§ 438 IV 1, 218 BGB unwirksam. Jura Intensiv Ständige Rspr., u.A.: BGH, Urteil vom 08.11.2017, VIII ZR 13/17 Ständige Rspr., u.A.: BGH, Urteil vom 05.11.2005, VIII ZR 116/05 B. Ergebnis K hat gegen B keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus einem Rückgewährschuldverhältnis gem. §§ 437 Nr. 3, 323 I, 346 I BGB. FAZIT Wann ein Tier als „neu“ oder als „gebraucht“ bezeichnet werden kann, entscheidet der Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles. Ein geschlechtsreifer, von der Mutterstute entwöhnter Hengst darf als „gebraucht“ bezeichnet werden. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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