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RA Digital - 12/2019

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650 Referendarteil:

650 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 12/2019 gestatten. Weiterhin gab die Beklagte den Klägern auf, diese Fläche wieder als Vorgartenfläche herzustellen und die verlegten Pflastersteine ab der Hausfassade bis zur angelegten Regenablaufrinne wieder zu entfernen. [...] Die Zustellungsdaten waren hier zu nennen, um die Einhaltung der Widerspruchs- bzw. Klagefrist deutlich zu machen. In Rheinland-Pfalz muss, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ein Vorverfahren durchgeführt werden. Über den Widerspruch entscheidet in aller Regel ein Rechtsausschuss gem. § 73 II VwGO i.V.m. § 6 I AGVwGO. Begründung des Widerspruchsbescheids: Konjunktiv Präsens Klageerhebung: Indikativ Perfekt Klägervorbringen: Präsens Anträge: Indikativ Präsens Konjunktiv Gegen die ihnen am 29. Mai 2018 zugestellte bauordnungsrechtliche Verfügung der Beklagten vom 24. Mai 2018 legten die Kläger am 26. Juni 2018 Widerspruch ein, den der Stadtrechtsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 07. November 2018, den Klägern zugestellt am 13. November 2018, mit der Begründung zurückwies, der Bescheid vom 24. Mai 2018 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die PKW-Stellplatzfläche sei rechtswidrig, da sie den Bestimmungen der Innenstadtsatzung widerspreche. Die Nutzungsuntersagung und die Beseitigungsverfügung seien auch ermessensgerecht. Der Stadtrechtsausschuss teile die von der Beklagten vorgenommene Ermessensentscheidung, als dort im Rahmen der Abwägung das Interesse der Allgemeinheit an der Einhaltung baurechtlicher Vorschriften vorrangig zu den Interessen der Bauherren gewertet worden sei. Das Argument, dass, sofern nicht eingeschritten würde, die Gefahr der Nachahmung bestehen würde, mache sich der Stadtrechtsausschuss zu eigen. [...] Der Umstand, dass ein städtischer Mitarbeiter, wohl in Verkennung der Rechtslage, die Kläger aufgefordert habe, die Fläche zu pflastern, könne nicht zu einer anderen Ermessensentscheidung führen. Denn durch eine unvollständige Auskunft eines Verwaltungsmitarbeiters könne nicht eine satzungsrechtliche Bestimmung außer Kraft gesetzt werden. [...] Die Kläger haben am 13. Dezember 2018 Klage erhoben. Sie tragen vor, sie hätten 2016 auf der Vorgartenfläche zwischen Anwesen und Straße einen Pkw-Stellplatz angelegt, da auf der Straße für Fahrzeuge keine Parkmöglichkeiten bestünden und auch in den umliegenden Straßen, in denen das Parken zwar theoretisch möglich wäre, wegen der Vielzahl anderer Fahrzeuge so gut wie nie freie Parkplätze gefunden werden könnten. Die Errichtung des Stellplatzes sei in Absprache mit der Stadtverwaltung erfolgt. Es erscheine daher absolut treuwidrig, wenn nun plötzlich die Beseitigung des gesamten Stellplatzes verlangt werde. Soweit sich die Beklagte auf § 9 Abs. 2 der Innenstadtsatzung berufe, werde bestritten, dass die A-Straße im Bereich dieser Satzung liege. Weiter werde beanstandet, dass die Beklagte in dem Bescheid vom 24. Mai 2018 das ihr obliegende Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe. [...] Im Übrigen liege wohl auch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor. Andere Stellplätze in der A-Straße, die anstelle vormals vorhandener Vorgärten angelegt worden seien, blieben seitens der Beklagten völlig unbeanstandet. Jura Intensiv Die Kläger beantragen, den Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. November 2018 aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Beklagtenvorbringen: Präsens Konjunktiv Sie führt aus, der Einwand der Kläger, andere Stellplätze in der A-Straße, die anstelle vormals vorhandener Vorgärten angelegt worden seien, wären seitens der Beklagten völlig unbeanstandet geblieben, sei unzutreffend. Richtig sei, dass auch andere Grundstücke in dem Straßenzug von Seiten der Bauaufsicht überprüft worden seien. Insgesamt handele es sich um drei Vorgänge. [...] Mit der Innenstadtsatzung solle an dieser Stelle der Charakter © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 12/2019 Referendarteil: Öffentliches Recht 651 des Straßenzuges A-Straße geschützt werden, der in seiner Struktur zeittypisch sei. Er zeichne sich insbesondere durch eine schmale Straßenführung, schön bepflanzte Vorgärten und rückwärtige Gärten aus. [...] Soweit die Kläger ausführten, dass ein Mitarbeiter der Beklagten ohne Hinweis auf das Verbot, im Vorgartenbereich einen Stellplatz anzulegen, die Befestigung einer Entwässerungsrinne angeregt habe, sei dies zutreffend. Die mündliche Aussage des Mitarbeiters habe aber keine Bindungswirkung. [...]“ ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE „Die Klage ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 07. November 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Rechtsgrundlage für die in den Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 24. Mai 2018 verfügte Untersagung der Nutzung des Stellplatzes [...] und die Beseitigung der verlegten Pflastersteine ab der Hausfassade bis zur angelegten Regenablaufrinne ist die Vorschrift des § 81 Satz 1 LBauO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die Beseitigung solcher baulichen Anlagen verlangen oder die Benutzung der Anlagen untersagen, die gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften über die Errichtung, die Änderung, die Instandhaltung oder die Nutzungsänderung dieser Anlagen verstoßen. Dies ist vorliegend der Fall. Der streitgegenständliche Stellplatz, bei dem es sich um eine bauliche Anlage im Sinne des § 1 Abs.1 Satz 3 Nr. 4 LBauO handelt, ist zwar nicht formell, aber materiell illegal. Die Kläger sind taugliche Adressaten der Ordnungsverfügung. Die Beklagte hat auch ermessensfehlerfrei gehandelt. Der Stellplatz ist nicht formell illegal, denn gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 11 d) LBauO sind Stellplätze bis zu 100 m² Fläche genehmigungsfrei. Jura Intensiv Allerdings ist der Stellplatz materiell illegal. Die materielle Rechtswidrigkeit folgt jedoch nicht aus dem vermeintlichen Verstoß gegen die Vorschrift des § 9 Abs. 2 der Innenstadtsatzung, wonach unmittelbar zum Straßenraum orientierte Frei- bzw. Gartenflächen von Gebäuden (z.B. Gartenhäuschen) und Parkplätzen freizuhalten sind, sofern diese nicht historisch belegbar sind. Zwar befindet sich das Grundstück A-Straße 4, Flurstück-Nr. ..., im Geltungsbereich der Innenstadtsatzung, wie der Anlage zur von der Beklagten im Original vorgelegten Satzung zweifelsfrei entnommen werden kann. Die Satzungsbestimmung des § 9 Abs. 2 ist aber unwirksam, da die Beklagte nicht befugt ist, in ihrer Satzung eine solche Gestaltungsregelung zu treffen. Die Beklagte stützt ihre Innenstadtsatzung ausdrücklich auf § 88 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 LBauO in der Fassung vom 09. März 2011 (GVBl. Seite 47). Danach können die Gemeinden durch Satzung Vorschriften erlassen über (1.) die äußere Gestaltung baulicher Anlagen .... zur Durchführung Ergebnissatz voranstellen (Urteilsstil!) Ermächtigungsgrundlage für Nutzungsuntersagung und Beseitigungsverfügung Einleitung der Subsumtion, beginnend mit dem Ergebnis der Prüfung (Urteilsstil) Genehmigungsfreiheit des Stellplatzes (eine ähnliche Vorschrift findet sich in den Bauordnungen sämtlicher Bundesländer) Prüfung der Genehmigungsfähigkeit Inzidente Prüfung der Gestaltungssatzung Beachte den „zwar-aber-Stil“, der bei den Verwaltungsgerichten absolut üblich ist. Ermächtigungsgrundlage für Gestaltungssatzung © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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