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RA Digital - 12/2019

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652 Referendarteil:

652 Referendarteil: Öffentliches Recht RA 12/2019 gestalterischer Absichten in bestimmten bebauten oder unbebauten Teilen des Gemeindegebiets sowie (2.) besondere Anforderungen gestalterischer Art an bauliche Anlagen, .... zum Schutz bestimmter Bauten, Straßen, Plätze oder Ortsteile von kultureller, historischer oder städtebaulicher Bedeutung oder zum Schutz von Kultur- und Naturdenkmälern. Abgrenzung Kompetenz des Bundesgesetzgebers zu der des Landesgesetzgebers BVerwG, Beschluss vom 31.5.2005, 4 B 14/05, BauR 2005, 1768 BVerwG, NVwZ-RR 1998, 486 Ortsbildgestaltung als Element sowohl des in die Kompetenz des Bundesgesetzgebers fallenden Bauplanungsrechts als auch des in die Kompetenz des Landesgesetzgebers fallenden Bauordnungsrechts Rechtswidrigkeit der Regelung der Gestaltungssatzung wegen Überschreitung der Ermächtigungsnorm Zweck des § 88 Abs. 1 LBauO ist die bereichsspezifische Ergänzung und Modifizierung der landesrechtlich normierten Anforderungen des Bauordnungsrechts durch örtliche Bauvorschriften. Zwingende Grenze der landesrechtlichen Zuweisung von Satzungsautonomie an die Gemeinden ist das „Bodenrecht“ als Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes (Art. 72, 74 Abs. 1 Nr. 18 GG), von der der Bundesgesetzgeber durch die Vorschriften des Baugesetzbuchs über die Bauleitplanung materiell wie verfahrensmäßig abschließend und umfassend Gebrauch gemacht hat. Zur Materie des Bodenrechts gehören nur solche Vorschriften, die Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung haben. Dem Landesgesetzgeber verbleibt nach der Grundregel der Art. 30, 70 Abs. 1 GG das Bauordnungsrecht als Regelungsgegenstand und damit auch als Zuweisungsgegenstand für örtliche Bauvorschriften. Zur Regelungskompetenz der Länder für das Bauordnungsrecht gehören einerseits Maßnahmen der Gefahrenabwehr im engeren Sinne, aber auch weitergehende, beispielsweise ästhetischen Absichten oder der allgemeinen Wohlfahrt dienende Regelungen. [...] Allerdings stößt eine kompetenzrechtlich notwendige Abgrenzung des städtebaulichen Bauplanungsrechts gegenüber dem Bauordnungsrecht auf die Schwierigkeit, dass die Zielsetzung „Ortsbildgestaltung“ sowohl einer bauplanungsrechtlichen als auch einer bauordnungsrechtlichen Regelung zugänglich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört die Gestaltung des Ortsbildes weder allein dem bundesrechtlichen Bauplanungsrecht noch allein dem landesrechtlichen Bauordnungsrecht an; sie ist vielmehr je nach „Regelungsgegenstand“ dem einen oder dem anderen Bereich zuzuordnen. [...] Das Bauplanungsrecht regelt in erster Linie die rechtlichen Beziehungen zu Grund und Boden und trifft Bestimmungen darüber, in welcher Weise der Eigentümer sein Grundstück nutzen darf. Über die Vorschriften, die die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche betreffen, leistet auch das Städtebaurecht einen Beitrag zur Gestaltung des Ortsbildes (§ 1 Abs. 5 Satz 2, § 34 Abs. 1 Satz 2 und § 35 Abs. 3 Baugesetzbuch – BauGB –). [...] Gestaltungsvorschriften, die über das städtebauliche Instrumentarium des Baugesetzbuchs und der Baunutzungsverordnung hinausgehen, ohne Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung zu haben, stehen dem landesrechtlichen Bauordnungsrecht und damit auf der Grundlage des § 88 LBauO grundsätzlich auch örtlichen Bauvorschriften offen. [...] Jura Intensiv Hieraus ergibt sich, dass § 9 Abs. 2 Innenstadtsatzung die Grenzen der in der Satzung angegebenen Ermächtigungsnorm des § 88 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 LBauO ebenso überschreitet wie die Regelung des § 88 Abs. 1 Nr. 3 LBauO, wonach die Gemeinden durch Satzung Vorschriften erlassen kann über die Gestaltung der Stellplätze. Zwar zweifelt die Kammer nicht daran, dass die Beklagte mit dieser Bestimmung in erster Linie gestalterische © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 12/2019 Referendarteil: Öffentliches Recht 653 Motive verfolgt. [...] Zur Verwirklichung dieses Ziels regelt sie aber nicht die äußere Gestaltung einzelner baulicher Anlagen. Vielmehr schließt sie Stellplätze im Vorgartenbereich, also flächenbezogen aus. Sie macht damit Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung und bestimmt, in welcher Weise der Eigentümer sein Grundstück nutzen darf. [...] Um ihr Regelungsziel - den Ausschluss von Stellplätzen im Vorgartenbereich - zu erreichen, kann die Beklagte nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 Flächen für Stellplätze und Garagen positiv festsetzen und zugleich regeln, dass Stellplätze und Garagen an anderer Stelle unzulässig sein sollen; sie kann ferner gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB die nicht überbaubaren Grundstücksflächen festsetzen und bestimmen, dass entgegen § 23 Abs. 5 Satz 2 Baunutzungsverordnung – BauNVO – auch Stellplätze, die nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können, nicht zulässig sein sollen; und sie kann gegebenenfalls gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 10, 15 BauGB weitere Festsetzungen treffen, um Flächen gänzlich von Bebauung freizuhalten. [...] Der streitgegenständliche Stellplatz ist allerdings bauplanungsrechtlich unzulässig und damit im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet worden. Beurteilungsmaßstab für den Stellplatz ist § 34 BauGB, da das Grundstück der Kläger innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles der Stadt Landau in der Pfalz liegt, für den ein verbindlicher Bebauungsplan i.S.v. § 30 BauGB nicht besteht. Der streitgegenständliche Stellplatz steht nicht mit § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in Einklang. Nach dieser Bestimmung ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nur dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Der von den Klägern errichtete Stellplatz fügt sich hinsichtlich des Merkmals der „Grundstücksfläche, die überbaut werden soll“, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die bei der Prüfung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgebliche „nähere Umgebung“ wird dadurch ermittelt, dass in zwei Richtungen, nämlich in Richtung vom Vorhaben auf die Umgebung und in Richtung von der Umgebung auf das Vorhaben geprüft wird, wie weit die jeweiligen Auswirkungen reichen. Zu berücksichtigen ist die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. [...] Die von den überbauten Grundstücksflächen ausgehende Prägung bleibt in ihrer Reichweite im Allgemeinen hinter den von der Art der baulichen Nutzung ausgehenden Wirkungen zurück. Eine einheitliche Bebauungsstruktur hinsichtlich des betrachteten Tatbestandsmerkmals kann bewirken, dass angrenzende anders strukturierte Bebauung nicht mehr zur maßgeblichen Umgebung gehört. Jura Intensiv Gemessen an diesen Maßstäben kann nach Durchsicht des umfangreichen Karten- und Lichtbildmaterials offenbleiben, ob die für das Kriterium der überbaubaren Grundstücksfläche in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgebliche nähere Umgebung des Grundstücks der Kläger ausschließlich die Reihenhäuser westlich der A-Straße oder die gesamte Bebauung westlich und östlich der A-Straße umfasst. [...] Keine Genehmigungsfähigkeit des Stellplatzes wegen Verstoß gegen Bauplanungsrecht Maßstab: § 34 BauGB Stellplatz fügt sich nicht in Eigenart der näheren Umgebung ein Ermittlung der „näheren Umgebung“: Darlegung der allgemeinen Grundsätze Vgl. BVerwG, NVwZ 2014, 1246; OVG Koblenz, ZfBR 2017, 158; OVG Münster, BauR 2008, 1853 In der Praxis spielt die Frage, was genau zur „näheren Umgebung“ gehört, regelmäßig eine große Rolle, die häufig die Durchführung eines Ortstermins erforderlich macht. In der Klausur liegt der Schwerpunkt hingegen meistens in der Prüfung des Merkmals des „Einfügens“ (hierzu sogleich). Subsumtion des konkreten Sachverhalts © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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