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RA Digital - 12/2020

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624 Zivilrecht

624 Zivilrecht RA 12/2020 Entscheidung des BGH: Das Schadensersatzverlangen nach § 281 IV erfordert die Voraussetzungen des § 281 I, II, III BGB. Rechtsfolge § 281 IV BGB: Anspruch auf Leistung erlischt Rechtsfolge § 281 V BGB: Schadensersatz statt der ganzen Leistung führt zur Rückforderung des Geleisteten nach den §§ 346 ff. BGB Systematische Auslegung: § 281 BGB enthält in den ersten drei Absätzen die Voraussetzungen für die Rechtsfolgen und das Verlangen dieser Rechtsfolgen. Höflich ausgedrückt, dass sich das eigentlich von selbst versteht… Zielsetzung des Gesetzgebers: BT-Drucks. 14/6040, S. 140 Grundlegend zur elektiven Konkurrenz zwischen dem Anspruch auf Leistung und der Befugnis, Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen: BGH, Urteile vom 09.11.2017, IX ZR 305/16 und vom 20.01.2006, V ZR 124/05. Die jeweils unterschiedlichen Konsequenzen nach Ausübung dieses Wahlrechts war Thema in der Examensklausur Z II, 1. Examen, Hessen und NRW, September 2017. [15] Die Bestimmungen des § 281 Abs. 4 und 5 BGB setzen - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - die Berechtigung des Schadensersatzverlangens gemäß § 281 Abs. 1 bis 3 BGB voraus, wobei es nicht darauf ankommt, ob darüber hinaus weitere Anspruchsvoraussetzungen, wie das Vorliegen eines Schadens, gegeben sind. [17] Gemäß § 281 Abs. 4 BGB ist der Anspruch auf die Leistung ausgeschlossen, sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt hat. Nach § 281 Abs. 5 BGB ist der Schuldner zur Rückforderung des Geleisteten nach den §§ 346 bis 348 BGB berechtigt, wenn der Gläubiger Schadensersatz statt der ganzen Leistung verlangt. Diese Regelungen können nur im Zusammenhang der gesamten Vorschrift zum Schadensersatz statt der Leistung betrachtet werden. Nach der Systematik des § 281 BGB enthalten die Absätze 1 bis 3 die Voraussetzungen, unter denen Schadensersatz statt der Leistung verlangt werden kann, während die Absätze 4 und 5 die Leistungsansprüche betreffenden Rechtsfolgen eines auf dieser Grundlage gestellten Schadensersatzverlangens regeln. Auf Grund dieser Systematik war es gesetzestechnisch nicht erforderlich, explizit in den Wortlaut von § 281 Abs. 4 und 5 BGB aufzunehmen, dass die dort ausgesprochenen Folgen nur bei Vorliegen der in § 281 Abs. 1 bis 3 BGB genannten gesetzlichen Voraussetzungen des Schadensersatzverlangens eintreten sollen. [18] Sinn und Zweck der Vorschrift des § 281 BGB sprechen - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - ebenfalls dafür, dass die Rechtsfolgen von § 281 Abs. 4 und 5 BGB nur bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach § 281 Abs. 1 bis 3 BGB eintreten. [19] Hintergrund der Regelung ist, dass allein das Bestehen der Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 bis 3 BGB nicht zum Wegfall des Erfüllungsanspruchs führt. Vielmehr kann der Gläubiger auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 bis 3 BGB - entsprechend der Zielsetzung des Gesetzgebers () - weiterhin Erfüllung geltend machen. Er erhält mit dem Eintritt der Voraussetzungen lediglich die Befugnis, Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen (…). Übt er diese Befugnis indes aus, ist er hieran gebunden. Der Erfüllungsanspruch ist dann nach § 281 Abs. 4 BGB ausgeschlossen und dem Schuldner steht nach § 281 Abs. 5 BGB ein Anspruch auf Rückgewähr seiner bereits erbrachten Leistungen zu. Hierdurch entsteht die durch diese Bestimmungen bezweckte Rechtssicherheit auch für den Schuldner, dem es nicht zumutbar ist, trotz berechtigter Ausübung des Wahlrechts durch den Gläubiger weiter damit rechnen zu müssen, auf Erfüllung in Anspruch genommen zu werden. [20] Es entspricht dagegen nicht dem Sinn und Zweck der Regelung und ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht interessengerecht, einen Untergang des Erfüllungsanspruchs des Gläubigers sowie ein Rückforderungsrecht des Schuldners unabhängig von der Berechtigung des Schadensersatzverlangens nach § 281 Abs. 1 bis 3 BGB zu bewirken. Ein Schadensersatzanspruch stünde dem Gläubiger in diesem Fall nicht zu, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Den Interessen des Gläubigers entspricht ein Übergang von der Erfüllungs- auf die Schadensersatzebene demnach grundsätzlich nur dann, wenn auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach § 281 BGB vorliegen. Es stellte dagegen eine nicht Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 12/2020 Zivilrecht 625 gerechtfertigte Benachteiligung des Gläubigers dar, entfiele sein Erfüllungsanspruch allein durch den bloßen Ausspruch eines Schadensersatzverlangens. [27] Die Voraussetzungen für ein berechtigtes Schadensersatzverlangen lagen im Zeitpunkt der Erklärung der Beklagten vom 26. Juli 2016, mit der sie ihren Schaden beziffert und gegenüber der Klägerin geltend gemacht hat, nicht vor, weil es an dem fruchtlosen Ablauf einer angemessenen Frist zur Leistung (§ 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) fehlt. [28] Die der Klägerin am 8. Juli 2016 gesetzte Frist zur Abholung und Bezahlung des Fahrzeugs bis 11. Juli 2016 war unangemessen kurz und hat lediglich eine angemessene Frist in Lauf gesetzt, die nach der rechtsfehlerfreien Beurteilung des Berufungsgerichts jedenfalls am 18. Juli 2016, als die Beklagte das Fahrzeug anderweitig verkaufte, noch nicht abgelaufen war. Den fruchtlosen Ablauf der Frist hat die Beklagte nicht abgewartet, sondern ist bereits am 13. Juli 2016 vom Kaufvertrag zurückgetreten und hat erklärt, sich auf die von der Klägerin für die Zeit ab dem 18. Juli 2016 angekündigte Abholung des Fahrzeugs nicht einlassen zu wollen. Dadurch hat sie gezeigt, dass sie an ihrer Leistungsaufforderung zur Kaufpreiszahlung und Abholung nicht mehr festhält und auch zu einer eigenen Mitwirkung in Form der Übergabe und Übereignung des Pkw nicht mehr bereit ist. Somit fehlt es an dem aus den oben (unter a) genannten Gründen auch für ein Schadensersatzverlangen nach § 281 Abs. 4 und 5 BGB erforderlichen fruchtlosen Ablauf einer angemessenen Frist zur Leistung. Damit steht fest, dass das Verlangen von Schadensersatz statt der Leistung seitens B am 26.07.2016 den Erfüllungsanspruch der K nicht zum Erlöschen gebracht hat. Folglich bestand der Anspruch des K aus § 433 I BGB fort. Dieser war fällig. Indem K die Zahlung des vollen Restkaufpreises angeboten hat und B die Annahme abgelehnt hat, hat K der B ein Annahmeverzug begründendes Angebot gemacht und stand B auch keine Einrede aus § 320 BGB zu. Folglich war der Anspruch auch durchsetzbar. Jura Intensiv 2. Erfolgloser Ablauf einer angemessenen Nachfrist Zwar hat K der B keine Nachfrist mehr gesetzt. Diese war aber aufgrund der endgültigen Leistungsverweigerung der B gem. § 323 II Nr. 1 BGB entbehrlich. Folglich stand K auch ein Rücktrittsrecht zu. Voraussetzungen des § 281 BGB lagen nicht vor Eine Dreitagesfrist ist zu kurz bemessen. Die in Gang gesetzte angemessene Frist war am 18.07.2016 nach Ansicht des Gerichts nicht abgelaufen. Wer einem anderen eine Frist setzt, muss dem anderen die Chance lassen, die Frist auch auszuschöpfen. B. Ergebnis K hat gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung von 4727,50 € aus einem Rückgewährschuldverhältnis gem. § 346 I BGB. FAZIT Das Schadensersatzverlangen gem. § 281 IV BGB entfaltet nur Rechtswirkungen, wenn die Voraussetzungen eines berechtigten Schadensersatzverlangens gem. § 281 I, II, III BGB auch vorliegen. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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