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RA Digital - 12/2020

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640 Referendarteil:

640 Referendarteil: Zivilrecht RA 12/2020 FAZIT Bitte beachten Sie, dass der BGH hier einen ähnlichen Fall am selben Tag entschieden hat, BGH, Beschluss vom 07.10.2020, VII ZB 56/18. Die Entscheidung bietet sich für eine Verwertung in einer Klausur mit einer Prüfungsaufgabe aus anwaltlicher Sicht an. Rechtsschutz zu Gunsten des Schuldners, der sich einer Vollstreckung aus einer notariellen Urkunde ausgesetzt sieht, ist hier materiell-rechtlich denkbar über § 767 I ZPO (Vollstreckungsabwehrklage) mittels Einwendungen gegen den dem Titel zugrundeliegenden Anspruches sowie über §§ 768, 767 I, 726 I ZPO (Klage gegen Vollstreckungsklausel) mittels Einwendungen, mit denen der Schuldner das Vorliegen der durch den Notar – angeblich – zu prüfenden Bedingungen bestreitet. Formell, also lediglich mit behaupteten Verfahrensverstößen zu argumentieren, käme – wie hier – die Klauselerinnerung gemäß § 732 ZPO in Betracht. Selbstverständlich könnte der Fall in einer Prüfung mit weiteren materiell-rechtlichen Problemen erweitert werden. Die Entscheidung ist in der Sache auch zutreffend und die hier streitgegenständlichen Klauseln der notariellen Urkunde werden standardmäßig verwendet. Der Notar kann gemäß § 794 I Nr. 5 ZPO einen vollstreckungsfähigen Titel erzeugen. Die Klausel für die vollstreckbare Ausfertigung erzeugt der Notar selbst, § 797 II 1 ZPO. Die Kreditinstitute haben ein erhebliches Interesse daran, einen vollstreckbaren Titel ohne vorhergehendes, ggf. risikobelastetes, Erkenntnisverfahren zu erhalten. Daher wird den Banken in der Grundschuldbestellungsurkunde der Anspruch auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung zugestanden. Da der Notar aber aufgrund des Kündigungserfordernisses einer Grundschuld gemäß § 1193 BGB allenfalls eine qualifizierte Klausel gemäß § 726 I ZPO erteilen dürfte, muss seitens des Bestellers der Verzicht auf den Nachweis der materiell-rechtlichen Voraussetzungen erklärt werden. Bei seriösen Kreditinstituten dürfte dies grundsätzlich unproblematisch sein, da diese aus dem Titel erst nach wirksamer Kündigung vollstrecken werden. Aber auch für den Fall, dass Gläubiger rechtswidrige Vollstreckungsversuche unternehmen, ist der Schuldner nicht schutzlos, da ihm der Rechtsbehelf der Vollstreckungsabwehrklage zur Verfügung steht. Jura Intensiv Zur Vervollständigung der Perspektiven sei angemerkt, dass diese Konstellation auch für den Notar günstig ist, da dieser kein Haftungsrisiko bezüglich einer sonst erforderlichen Prüfung des tatsächlichen Eintritts der Fälligkeit der Grundschuld übernimmt. Dies prüft der Notar hier schlichtweg nicht. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 12/2020 NEBENGEBIETE Nebengebiete 641 Arbeitsrecht Problem: Keine Entgeltfortzahlung bei Prozessbeschäftigung Einordnung: Prozessbeschäftigung ist kein Arbeitsverhältnis BAG, Urteil vom 27.05.2020 5 AZR 247/19 EINLEITUNG Das BAG bestätigt seine bisherige Rechtsprechung. Bei erzwungener Weiterbeschäftigung zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung bestehen nur Entgeltfortzahlungsansprüche, wenn sich die Kündigung als unwirksam erweist und das Arbeitsverhältnis während der Arbeitsunfähigkeit fortbestanden hat. SACHVERHALT Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Feiertagsvergütung während einer Prozessbeschäftigung. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30.9.2015. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage war in erster Instanz erfolgreich und das ArbG verurteilte die Beklagte, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiter zu beschäftigen. Der Kläger nahm seine Arbeit am 31.8.2017 wieder auf, erkrankte daraufhin unmittelbar bis zum 10.9.2017 und vom 27.9.2017 bis 30.10.2017. Der Kläger erhielt für die Zeit vom 31.8. bis zum 8.9.2017 sowie vom 27.9. bis zum 30.10.2017 Krankengeld. Die Beklagte vergütete die vom Kläger geleisteten Arbeitsstunden, nicht aber die infolge von Arbeitsunfähigkeit und an gesetzlichen Feiertagen ausgefallene Arbeitszeit. Jura Intensiv Die Parteien einigten sich durch gerichtlich Vergleich im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund fristgemäßer arbeitgeberseitiger Kündigung aus betrieblichen Gründen zum 30.9.2015 endete. LEITSATZ Wird ein gekündigter Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem titulierten allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch vorläufig weiterbeschäftigt, bestehen keine Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Entgeltzahlung an Feiertagen, wenn sich nachträglich die Kündigung als wirksam erweist. Der Kläger macht einen Anspruch auf Vergütung für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und für gesetzliche Feiertage während seiner Prozessbeschäftigung geltend. LÖSUNG Die Klage war in dem in die Revision gelangten Umfang von Anfang an unbegründet. Der Kl. hat für die Dauer der vorläufigen Weiterbeschäftigung weder Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. § 3 EFZG noch auf Entgeltzahlung an Feiertagen gem. § 2 EFZG. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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