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RA 02/2017 - Entscheidung des Monats

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RA 02/2017 Zivilrecht 63 Der Vortrag der B, es habe kein Interesse mehr an dem Haus bestanden, weil es zu teuer gewesen sei, greift jedoch nicht durch, weil das streitgegenständliche Objekt auch von dem anderen Makler, der das Objekt später nachgewiesen hat, zum gleichen Preis angeboten worden war. Eine Unterbrechung der Kausalität ist nicht ersichtlich. Es genügt, dass B durch den ersten Nachweis durch die K auf das Objekt aufmerksam geworden sind.“ IV. Widerruf des Maklervertrags Die Willenserklärung der B und damit auch der Maklervertrag könnten jedoch gem. § 355 I 1 BGB a.F. unwirksam sein. Ein wirksamer Widerruf setzt das Bestehen eines Widerrufsrecht sowie die Widerrufserklärung innerhalb der Widerrufsfrist voraus. 1. Widerrufsrecht Ein Widerrufsrecht könnte sich hier aus § 312 d BGB a.F. ergeben. a) Persönlicher Anwendungsbereich Dies setzt zunächst voraus, dass B Verbraucherin ist. Gem. § 13 BGB ist dies jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. B hat das Haus vorliegend zu eigenen Wohnzwecken erworben. Sie ist damit Verbraucherin. Zudem hat K bei Abschluss des Vertrags in Ausübung ihrer gewerblichen bzw. selbständigen beruflichen Tätigkeit und damit als Unternehmerin i.S.d. § 14 BGB gehandelt. b) Sachlicher Anwendungsbereich Weiterhin müsste der Maklervertrag zwischen K und B ein Fernabsatzvertrag i.S.d. § 312b BGB a.F. sein. Fernabsatzverträge sind Verträge über die Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen, die unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmittel geschlossen werden. Fraglich ist, ob der Maklervertrag die Erbringung solcher Dienstleistungen beinhaltet. „II.2.b) Der BGH hat dies in seinen Urteilen vom 07.07.2016, Az. I ZR 30/15 und I ZR 68/15 für die dort zu entscheidenden Fälle bejaht. Die Frage der Einordnung des Maklervertrags als Dienstvertrag im Sinne des Fernabsatzrechtes hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 17.06.2013 (WM 2013, 1619) offen gelassen und ausgeführt, dass dagegen (= die Anwendung des Fernabsatzrechts) die Eigenarten und Besonderheiten des Maklervertrags sprächen, der gerade kein „normaler“ Dienstvertrag sei, sondern ein Vertrag eigener Art. Das Thüringer Oberlandesgericht hat sich in MMR 2015, 438 mit umfassender Begründung und unter Auseinandersetzung mit den europarechtlichen Grundlagen für eine Anwendbarkeit des Fernabsatzrechts ausgesprochen. Die zitierte Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts liegt dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.07.2016, Az. I ZR 68/15 zugrunde und wurde von diesem gehalten. Zwar liegt eine Begründung des Urteils des Bundesgerichtshofs noch nicht vor, doch ergibt sich aus dem Ergebnis, dass auch der Bundesgerichtshof die Anwendbarkeit des Fernabsatzrechts auf Maklerverträge bejaht. Dies ist gerade auch im Hinblick auf § 312b III Nr. 3 BGB a.F., der Maklerverträge bezüglich Versicherungen ausdrücklich aus der Anwendbarkeit ausnimmt, überzeugend. Wären Maklerverträge keine Dienstverträge im Sinne des Gesetzes, bedürfte es keiner Ausnahme für die Versicherungen.“ Diese drei Voraussetzungen müssen auch in der aktuellen Fassung des Widerrufsrecht erfüllt sein. Lies zur Reform RA 2014, 277 ff. Dies entspricht §§ 312, 312c, 312g I BGB. Die persönliche Anwendbarkeit würde sich in der aktuellen Fassung des BGB aus §§ 312, 310 III, 13, 14 BGB ergeben. Der Fernabsatzvertrag ist aktuell in § 312c BGB geregelt. Im alten Widerrufsrecht war umstritten, ob der Maklervertrag die Erbringung von Dienstleistungen i.S.d. § 312b BGB a.F. beinhaltet. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

64 Zivilrecht RA 02/2017 Damit handelt es sich bei dem Maklervertrag um einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen i.S.d. § 312b BGB a.F. „II.2.c) Auch wurde der Vertrag ausschließlich im Wege elektronischer Kommunikation geschlossen. Das Angebot erfolgte, wie dargelegt, mit Anforderung des vollständigen Exposés, die Annahme durch die Kläger durch Übermittlung desselben, jeweils am 06.05.2014 per E-Mail.“ Mithin steht B ein Widerrufsrecht gem. § 312d BGB a.F. zu. Lies zum Widerruf eines Vertrages mit Dienstcharakter auch RA 2015, 305 f.. Aufgrund eines Rückschlusses zu § 312 III Nr. 3 BGB anzunehmen Es muss Art. 229, § 32 II Nr. 3 EGBGB heißen. 2. Widerrufserklärung innerhalb der Widerspruchsfrist Zudem müsste B den Maklervertrag innerhalb der Widerspruchsfrist widerrufen haben. „II.2.d) B hat den Maklervertrag mit Schreiben vom 27.04.2015 widerrufen. Der Widerruf war rechtzeitig, da eine Widerrufsbelehrung nicht erteilt wurde und der Widerruf vor dem 27.06.2015 erfolgte, Art. 299, § 32 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB. Das Widerrufsrecht ist auch nicht nach § 355 IV BGB a.F. nach 6 Monaten erloschen, weil eine Belehrung nicht erfolgt ist. Eine Verwirkung liegt nicht vor.“ 3. Rechtsfolge B hat ihre auf den Maklervertrag gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen. Der Maklervertrag ist damit gem. § 355 I 1 BGB a.F. ex nunc erloschen. B. Ergebnis K hat gegen B keinen Anspruch auf Provisionszahlung aus § 652 I 1 BGB. FAZIT Nach alter Rechtslage war umstritten, ob Maklerverträge widerrufen werden können. Durch die Änderung des Widerrufsrechts am 13.06.2014 wurde durch neue Vorschriften zum Widerrufsrecht diese Rechtsunsicherheit beseitigt. Bei Maklerverträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern kann nach heutiger Rechtslage ein Widerrufsrecht bestehen. Denn beim deutschen Verbraucherrecht handelt es sich um die Umsetzung der europäischen Verbraucherrechterichtlinie (VRRL), in deren Begründung es heißt: „Dienstleistungsverträge (...) wie auch Verträge über Dienstleistungen von Immobilienmaklern (...) sollen unter diese Richtlinie fallen“. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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