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RA 03/2018 - Entscheidung des Monats

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124 Zivilrecht

124 Zivilrecht RA 03/2018 Es besteht keine Verbindung zwischen den Aktaufnahmen im Playboy und der Beziehung zu B. Die Veröffentlichung von Fotographien im bundesweit erscheinenden „Playboy“ genügt nicht, um K als Person des öffentlichen Lebens anzusehen. Entscheidender Aspekt: Das Paar hatte die intime Beziehung verheimlicht. Öffentliche Berichterstattung hatte B veranlasst [54] Die Kammer hat bei der danach gebotenen Abwägung berücksichtigt, dass K zum Zeitpunkt der von B dargestellten Begebenheiten und damit zum Zeitpunkt der von den Parteien geführten Beziehung minderjährig war, während sie zum Zeitpunkt der angegriffenen Äußerung des B die Volljährigkeit erreicht hatte. Die Kammer hat weiter einbezogen, dass - auch auf Betreiben der K - gegen B ein Strafverfahren geführt worden ist, in dem der Umstand, dass die Parteien eine Beziehung geführt haben, in öffentlicher Verhandlung offenbart wurde, wobei die Hauptverhandlung jedoch erst nach Veröffentlichung der Äußerung des B durchgeführt wurde. In die Abwägung hat die Kammer auch eingestellt, dass K zum Zeitpunkt der Äußerung bereits selbst mit Aktaufnahmen im Playboy an die Öffentlichkeit getreten war und jedenfalls insoweit selbst die Öffentlichkeit gesucht hat. Allerdings war insoweit einzustellen, dass die Parteien vor mehreren Jahren eine Beziehung geführt hatten und K erst anschließend in die Öffentlichkeit getreten ist. Eine innere Beziehung zwischen beiden Begebenheiten besteht daher nicht. Insbesondere ist daraus, dass K Aktaufnahmen hat fertigen lassen und selbst ein Facebook-Profil betreibt, der Bereich der Privatsphäre der K nicht einer so umfassenden Selbstöffnung zugeführt worden, dass es B gestattet wäre, jegliche Details aus dem Privatleben der K zu offenbaren. [55] K ist auch nicht als Person des öffentlichen Lebens anzusehen. Sie ist mit Prominenten oder Politikern in keiner Weise zu vergleichen. Hieran ändert auch nichts, dass K in einer bundesweit erscheinenden Zeitschrift mit Aktaufnahmen an die Öffentlichkeit getreten ist und sich auch über Facebook öffentlich präsentiert. [56] Weiter hat die Kammer eingestellt, dass auch B einräumt, dass die Parteien ihre Beziehung jeweils geheim gehalten haben. Auch B trägt nicht vor, dass K mit dem Umstand, dass die Parteien eine Liebesbeziehung geführt haben, selbst zuvor - insbesondere vor der öffentlichen mündlichen Strafverhandlung - an die Öffentlichkeit getreten sei. [57] Weiter hat die Kammer berücksichtigt, dass über die Beziehung zwischen den Parteien auch vor der Äußerung des B bereits öffentlich und bundesweit berichtet worden war. Insoweit ist jedoch zwischen den Parteien unstreitig, dass dies jedenfalls auch auf Betreiben des B erfolgte und dass B insoweit Bildnisse und Liebesbriefe der K an die Presse weitergereicht hatte. Eine Einwilligung der K in diese Weitergabe hat auch B nicht vorgetragen. Insgesamt überwiegt daher das Schutzinteresse der K aus Art 2 I GG i.V.m. Art. 1 I GG das Recht des B auf freie Meinungsäußerung gem. Art. 5 I 1 GG. Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der K war folglich rechtswidrig. IV. Störereigenschaft des B B ist zudem Handlungsstörer. Die Wiederholungsgefahr wird hier aufgrund des Verhaltens des B in der Vergangenheit vermutet und wurde seitens B nicht durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung widerlegt. V. Wiederholungsgefahr Der Anspruch auf Unterlassung einer Handlung liegt schließlich nur dann vor, wenn eine erneute Rechtsverletzung künftig zu erwarten ist. Zu prüfen ist daher eine Wiederholungsgefahr. Sie wird bei bereits geschehener Rechtsverletzung vermutet. An die Widerlegung der Vermutung sind strenge Anforderungen zu stellen. Anhaltspunkte dafür - wie etwa die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung - liegen nicht vor. Die Wiederholungsgefahr ist gegeben. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 03/2018 Zivilrecht 125 VI. Umfang des Unterlassungsanspruchs Der Umfang des Unterlassungsanspruchs richtet sich schließlich grds. nach der Begehungsgefahr. „[58] Unter Berücksichtigung der Umstände des hiesigen Einzelfalls ist vorliegend ein Gesamtverbot zulässig. [59] Ein Gesamtverbot ist dann nicht unverhältnismäßig, wenn die beanstandeten Textteile für die Gesamtkonzeption eines Werks bzw. für das Verständnis des mit ihm verfolgten Anliegens von Bedeutung sind. Dies kann auch bei einer Berichterstattung der Fall sein, wenn die einzelnen Teile der Gesamtäußerung gedanklich so verklammert sind, dass ein Herausschälen eine Sinnveränderung zur Folge hätte. Enthält der Gesamtbeitrag einen unzulässigen Angriff, weil etwa die Gesamtaussage ein verfälschendes Persönlichkeitsbild in einer Art zeigt, dass dem nicht durch das Verbot einzelner Textstellen begegnet werden kann, kann ein Verbot auf die gesamte Äußerung erstreckt werden. Dies kann insbesondere in Betracht kommen, wenn es nicht nur um persönlichkeitsrechtsverletzende Unwahrheiten, sondern um eine Verletzung der Privat- oder Intimsphäre geht. Äußerungen, die die Privat- oder Intimsphäre verletzen, brauchen im Unterlassungsantrag daher nicht notwendigerweise Einzelnen aufgeführt zu werden. Es ist in einem solchen Fall nicht Aufgabe eines Gerichts, bestimmte Streichungen vorzunehmen, um die Persönlichkeitsrechtsverletzung auf das gerade noch zulässige Maß zu reduzieren, da es eine Vielzahl möglicher Varianten gäbe, wie diese Änderungen vorgenommen werden müssten und die Gesamtäußerung durch solche Eingriffe eine erhebliche Änderung erfahren würde. [60] Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die angegriffene Äußerung enthält in ihrem Gesamtkontext die Darstellung, wie aus Sicht des B die Beziehung der Parteien begann und sich entwickelte. Die gesamte Äußerung ist durchzogen von der Darstellung, dass die Parteien eine intime Beziehung geführt haben. Dies ist auch durch die Aufmachung der Äußerung erkennbar. So beinhaltet der Beitrag eine Einleitung, in der der Beklagte darlegt, dass er nun die Begebenheiten darstellen wolle, wie sie sich aus seiner Sicht zugetragen haben. Anschließend stellt er in weitgehend chronologischer Reihenfolge tatsächliche Begebenheiten oder Einordnungen seinerseits dar, die aufsteigend nummeriert sind. Es ist bei der Betrachtung des Gesamtkontextes erkennbar, dass die einzelnen Abschnitte jeweils aufeinander aufbauen oder jedenfalls in ihrem Gesamtsinn miteinander verknüpft sind. Würde man versuchen, aus der Gesamtäußerung Bezugnahmen auf die Beziehung zwischen den Parteien zu streichen, wäre die Gesamtäußerung bis auf einige Teiläußerungen zu streichen oder erheblich zu verändern. Der gesamte Sinn der angegriffenen Äußerung würde dadurch massiv verändert. [61] Im Übrigen ist zu beachten, dass K im Tenor ihres Antrages die Äußerung nicht schlechthin verbieten lassen will, sondern in dieser ausdrücklich die Veröffentlichung von „Angaben über eine intime Beziehung zur K“ angreift. Hierdurch greift die K das Unzulässige durch Abstrahierung in zulässiger Weise auf und schränkt gleichzeitig den Verbotsumfang ein.“ Gesamtverbot wegen Verletzung der Privat- und Intimsphäre Konsequenzen des Gesamtverbotes: K muss die Details nicht nennen, die B nicht mehr darstellen darf. Kern der Darstellungen des B war in jeder Äußerung die intime Beziehung. Deshalb darf er gar keine Begebenheiten mehr schildern, auch nicht gekennzeichnet als Erzählung aus seiner Sicht. B. Ergebnis K steht somit gegen B ein Anspruch auf Unterlassung von Angaben über eine intime Beziehung analog § 1004 I 2 BGB i.V.m. § 823 I BGB zu. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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