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RA 04/2016 - Entscheidung des Monats

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IMPRESSUM Herausgeberin: Chefredaktion: Redakteure: Chef vom Dienst: Bezugspreis: Werbung: Jura Intensiv Jura Intensiv Verlags UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, Rathausplatz 22, 46562 Voerde, Tel.: 02855/96171-80; Fax: 02855/96171-82 Internet: http://www.verlag.jura-intensiv.de - E-Mail: verlag@jura-intensiv.de Rechtsanwalt Oliver Soltner (V.i.S.d.P.) Theresa Bauerdick & Richterin am Amtsgericht Dr. Katharina Henzler (Zivilrecht) Assessor Dr. Dirk Schweinberger (Nebengebiete) Rechtsanwalt Dr. Dirk Kues (Öffentliches Recht) Rechtsanwalt Uwe Schumacher (Strafrecht) Ines Susen Printausgabe: 6,50 Euro/Heft. 12 Hefte pro Jahr. Ermäßigungen für Abonnenten. Digitalausgabe: 5,99 Euro/Heft. Die RA steht externer Werbung offen. Mediadaten sind unter verlag@jura-intensiv.de erhältlich.

RA 04/2016 STRAFRECHT Strafrecht 213 Problem: Mittäterschaft bei Erfolgsqualifikation Einordnung: Täterschaft und Teilnahme BGH, Urteil vom 14.01.2016 4 StR 72/15 EINLEITUNG Der BGH befasst sich im vorliegenden Urteil mit den Voraussetzungen für eine Mittäterschaft an einer Erfolgsqualifikation (hier: § 251 StGB und § 239a III StGB). Er betont dabei, dass die (Mit-) Täterschaft an einer Erfolgsqualifikation gem. § 18 StGB zwar keinen Vorsatz bzgl. des Eintritts der schweren Folge voraussetze. Der Vorsatz aller Täter muss sich jedoch auf die konkrete Tathandlung erstrecken, die die schwere Folge herbeiführt. Ein ursprünglich insofern fehlender Vorsatz entlaste jedoch nicht, wenn nach der entsprechenden Handlung die Voraussetzungen der sukzessiven Mittäterschaft vorlägen. SACHVERHALT Die Angeklagten J, L, M und V entwickelten den Plan, eine andere Person gewaltsam zu berauben. Alle vier begaben sich zu einem Parkplatz an der Bundesautobahn A 9, um hier auf ein geeignetes Opfer zu warten. Als U während einer Rast das auf dem Parkplatz befindliche Toilettenhäuschen verließ, ergriffen sie ihn und führten ihn gegen seinen Willen zu seinem Transporter. Mit diesem Fahrzeug verbrachten sie ihr Opfer sodann auf einen Platz im Wald. Dort nahmen sie gewaltsam dem U zwei Bankkarten ab und veranlassten diesen zur Preisgabe der zugehörigen PIN. L fuhr daraufhin nach C und hob unter Verwendung der Karten und der PIN insgesamt 2.000 € von den Konten des U ab, der in der Gewalt der anderen verblieben war. Nach Rückkehr des L verlangten die vier von U die Preisgabe einer weiteren PIN. Da sie U dahin verstanden, diese Nummer befinde sich auf dessen Laptop, gestatteten sie ihm die Benutzung des Gerätes. Als auf dem Computerbildschirm nach Eingabe des Passwortes durch U ein sich drehender Briefumschlag erschien, nahmen J, L, M und V an, U habe versucht, eine Nachricht zu verschicken, um Hilfe zu holen. Das löste bei ihnen Panik aus und V schlug U den Laptop mit der flachen Seite einmal auf den Kopf. Nunmehr wurde mit schwerster stumpfer Gewalt auf den Körper, den Hals und den Kopf des U eingewirkt. Wer diese Gewalthandlungen vorgenommen hat, lässt sich nicht feststellen. U erlitt unter anderem ein Schädel-Hirn-Trauma, ein massives Hirnödem und Lungenquetschungsblutungen. Anschließend wurden seine Hände und Füße straff mit Klebeband gefesselt; er wurde – noch lebend – auf der Ladefläche s eines Transporters i n z usammengekauerter H altung d ergestalt abgelegt, dass er kaum Bewegungen ausführen konnte. J, L, M und V war bewusst, dass diese Gewalteinwirkung zum Tode des U führen könnte. Zwar wollten sie dessen Tod nicht, verursachten ihn jedoch leichtfertig. Den Transporter mit U verbrachte V im Beisein von J, L und M an einen anderen Ort etwa 200 Meter tief in den Wald hinein und fuhr ihn auf dem schlammigen Waldweg fest. Anschließend wurde das Fahrzeug dort stehen gelassen. Die vier flüchteten sodann. Dabei setzen sie die erbeuteten Karten für Barabhebungen und Einkäufe ein. U verstarb innerhalb von 24 Stunden nach der Tat an seinen schweren inneren Verletzungen. Der Transporter mit der Leiche wurde erst sechs Tage später aufgefunden. Jura Intensiv LEITSÄTZE (DER REDAKTION) 1. Ein Beteiligter haftet gemäß § 251 StGB als Mittäter nur für Folgen derjenigen Handlungen des den Tod des Opfers unmittelbar herbeiführenden Täters, die er in seine Vorstellungen von dem Tatgeschehen einbezogen hatte. 2. Der Tatbestand des § 251 StGB kann auch dann gegeben sein, wenn der Täter die zum Tode führende Gewalt nicht mehr zur Ermöglichung der Wegnahme, sondern zur Flucht oder Beutesicherung anwendet, sofern sich in der schweren Folge noch die spezifische Gefahr des Raubes realisiert, und der Raub bzw. die räuberische Erpressung noch nicht beendet war (sog. sukzessive Qualifikation). 3. Eine sukzessive Mittäterschaft kommt in Betracht, wenn ein Täter in Kenntnis und mit Billigung des bisher Geschehenen – selbst bei Abweichungen vom ursprünglichen Tatplan in wesentlichen Punkten – in eine bereits begonnene Ausführungshandlung eintritt; sein Einverständnis bezieht sich dann auf die Gesamttat mit der Folge, dass ihm die gesamte Tat zugerechnet werden kann.

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