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RA 07/2025 - Entscheidung des Monats

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Mietsicherheiten werden häufig durch das Stellen von Bankbürgschaften geleistet. Der VIII. Zivilsenat des BGH befasst sich mit der bisher noch nicht beantworteten Frage, ob Bürgschaften Sicherheiten im Sinne des § 569 IIa BGB sind.

338 Zivilrecht RA

338 Zivilrecht RA 07/2025Problem: Sicherheitsleistung durchBürgschafte.A.: § 569 IIa BGB erfasst alle Artenvon Sicherheitsleistungen gem. § 551BGB, auch Bürgschaftena.A.: § 569 IIa BGB betrifft nurGeldleistungenkommt. Nach § 569 IIa 1 BGB liegt ein wichtiger Grund im Sinne von § 543 IBGB für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses vor,wenn der Mieter mit einer Sicherheitsleistung nach § 551 BGB in Höhe einesBetrages im Verzug ist, der der zweifachen Monatsmiete entspricht. EinerAbhilfefrist oder einer Abmahnung nach § 543 III 1 BGB bedarf es gem. § 569IIa 3 BGB nicht. Problematisch ist jedoch, dass die Sicherheitsleistung nichtdurch Zahlung einer Geldsumme, sondern durch Stellung einer Bürgschaft zuerbringen war.[25] Nach einer - auch vom Berufungsgericht vertretenen - Ansicht erfasstdie Vorschrift des § 569 Abs. 2a BGB alle Arten von Sicherheitsleistungenim Sinne von § 551 BGB, mithin auch die hier in Rede stehende Bankbürgschaft.(...).[26] Nach einer anderen Ansicht berechtigt lediglich der Verzug des Mietersmit der Leistung einer Barkaution beziehungsweise einer Geldsumme(§ 551 Abs. 2, 3 BGB) den Vermieter zur fristlosen Kündigung nach § 569Abs. 2a BGB. (...). Ist eine andere Art von Mietsicherheit vereinbart,könne der Vermieter das Mietverhältnis lediglich - unter Berücksichtigungder Umstände des Einzelfalls sowie der jeweiligen weiterenVoraussetzungen - fristlos nach § 543 Abs. 1 BGB beziehungsweiseordentlich nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB kündigen. (...).Zu untersuchen ist zunächst, ob der Wortlaut des § 569 IIa 1 BGB die Sicherheitsleistungdurch Bankbürgschaft umfasst.Der BGH erinnert das Berufungsgerichtan die Anforderungen an einewörtliche Auslegung. Letzteres hatnach Ansicht des BGH nicht dengesamten Normtext des § 569 IIaBGB berücksichtigt.Ergebnis der wörtlichen Auslegung:§ 569 IIa BGB meint nur Mietsicherheiten,die in Form eines teilbarenGeldbetrags zu leisten sind.[28] Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich aus demWortlaut der Vorschrift des § 569 Abs. 2a BGB nicht „eindeutig“, dasshiervon sämtliche Formen von Mietsicherheiten erfasst würden. Vielmehrist der Ausschluss einer Bankbürgschaft als Mietsicherheit aus dem Anwendungsbereichder Bestimmung des § 569 Abs. 2a BGB vom möglichenWortsinn gedeckt; entgegen der Ansicht der Revision bedarf es somitkeiner teleologischen Reduktion der Norm.[29] Das Berufungsgericht hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass einegrammatische Gesetzesauslegung das nach dem Wortlaut sprachlichMögliche, also den möglichen Wortsinn zu ermitteln hat. (...). DieBestimmung des Wortsinns wiederum hat nicht isoliert, sondern imZusammenhang des Normtextes zu erfolgen. (...).[30] Demgegenüber hat das Berufungsgericht zur Begründung seinerAnsicht, wonach sich aus dem Wortlaut des § 569 Abs. 2a BGB eineBegrenzung auf bestimmte Formen von Mietsicherheiten nicht entnehmenlasse, allein darauf abgestellt, dass die Vorschrift allgemein und ohneeinschränkenden Zusatz auf eine „Sicherheitsleistung nach § 551“ verweise.Somit hat das Berufungsgericht bereits aus Teilen des Wortlauts derNorm auf deren Anwendungsbereich geschlossen, jedoch zur Auslegungdes Begriffs „Sicherheitsleistung“ nicht - wie geboten - den gesamtenNormtext von § 569 Abs. 2a BGB in den Blick genommen.[31] Hiernach kann zur Bestimmung der vom Kündigungstatbestand des§ 569 Abs. 2a BGB erfassten Arten von „Sicherheitsleistungen“ nicht alleinder Verweis auf § 551 BGB herangezogen werden, sondern ist auch zuberücksichtigen, dass der Mieter mit einer Sicherheitsleistung in Höhe„eines Betrages“ im Verzug sein muss, der der zweifachen Monatsmieteentspricht. Obgleich auch eine Bürgschaft durch den Mieter über einenbestimmten „Betrag“ gestellt wird, ergibt sich aus dem Erfordernis einer© Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 07/2025Zivilrecht339betragsmäßigen Berechnung des Rückstands, dass nur solche Mietsicherheitenunter § 569 Abs. 2a BGB fallen, die in Form eines (teilbaren)Geldbetrags (Geldsumme beziehungsweise Barkaution) zu leisten sind.Somit spricht die wörtliche Auslegung gegen eine Anwendung des § 569 IIa1 BGB auf Sicherheitsleistungen in Form der Bürgschaft. Zu prüfen ist, ob diesdurch die systematische Auslegung gestützt werden kann.[32] Die systematische Stellung und die Konzeption der Vorschrift des § 569Abs. 2a BGB sprechen ebenfalls für einen Ausschluss der Bankbürgschaftaus deren Anwendungsbereich. Denn zum einen weist der Kündigungstatbestandeinen Gleichlauf mit den Voraussetzungen der Kündigungwegen Zahlungsverzugs des Mieters (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB)auf. Zum anderen folgt dies aus dem systematischen Zusammenhangder Vorschrift des § 569 Abs. 2a BGB zu der die Stellung einer Mietsicherheitregelnden Bestimmung des § 551 Abs. 1 BGB.[33] Die in § 569 Abs. 2a BGB geregelte Befugnis des Vermieters zur fristlosenKündigung des Mietverhältnisses im Falle des Verzugs des Mietersmit der Leistung einer Mietsicherheit ist an die Kündigung wegen Verzugsdes Mieters mit der Mietzahlung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) angelehnt(...). Hiermit wollte der Gesetzgeber einen „Gleichlauf“ zwischen den beidenKündigungstatbeständen herstellen (...). Die Normierung nicht direkt in§ 543 BGB, sondern in der - die Vorschrift des § 543 BGB ergänzenden(...) - Bestimmung des § 569 BGB, erklärt sich daraus, dass sie nachdem Willen des Gesetzgebers ausschließlich für den Bereich der WohnraummieteGeltung beanspruchen soll. (...).[34] Hierin erschöpfen sich entgegen vertretener Ansicht (...) die aus dersystematischen Betrachtung der Vorschrift des § 569 Abs. 2a BGB zu ziehendenSchlussfolgerungen bezüglich deren Anwendungsbereichs jedochnicht. Vielmehr folgt aus der Stellung dieser Bestimmung unmittelbar vordem die Zahlungsverzugskündigung „ergänzend“ regelnden Absatz 3 des§ 569 BGB sowie aus deren sonstigen - mit denen der Zahlungsverzugskündigungübereinstimmenden - Voraussetzungen, dass diese nur solcheFälle erfassen soll, in denen die Mietsicherheit in Form einer Geldsumme(Barkaution) zu erbringen ist.[35] Denn ebenso wie die fristlose Kündigung wegen Verzugs des Mietersmit der Mietzahlung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b, Abs. 3 Satz 2 Nr. 3BGB) erfordert auch die Vorschrift des § 569 Abs. 2a BGB einen Verzugin Höhe von zwei Monatsmieten und bedarf es weder des Setzenseiner Abhilfefrist noch einer Abmahnung (§ 569 Abs. 2a Satz 3 BGB).Wiederum in Übereinstimmung mit der Zahlungsverzugskündigungsind die Fälle des Nachholrechts des Mieters (§ 569 Abs. 2a Satz 4 iVm§ 543 Abs. 2 Satz 2 BGB) sowie der Schonfristzahlung (§ 569 Abs. 2aSatz 4 iVm Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB) geregelt.[36] Ferner ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang der Vorschriftdes § 569 Abs. 2a BGB zu der die Stellung einer Mietsicherheitregelnden Bestimmung des § 551 BGB, dass unter den Kündigungstatbestandnur solche Sicherheiten fallen, welche der Mieter in Teilleistungenerbringen kann, was bei einer Bankbürgschaft grundsätzlichnicht der Fall ist (§ 266 BGB).[37] Denn die fristlose Kündigung setzt einen Verzug des Mieters miteinem Betrag der Sicherheitsleistung voraus, „der der zweifachen Monatsmiete“entspricht. Da die Höhe der Sicherheitsleistung gemäß § 551Systematische Auslegung: Gleichlaufmit den Anforderungen an eine Kündigunggem. § 543 II 1 Nr. 3 BGB.§ 569 BGB gilt nur für die WohnraummieteWeitere Gemeinsamkeiten zwischen§ 543 II Nr. 3 und § 569 IIa BGBBankbürgschaften können wegen§ 266 BGB nicht in Teilleistungenerbracht werden.© Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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