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RA 08/2022 - Entscheidung des Monats

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Das BayObLG befasst sich mit mehreren Voraussetzungen der Notwehr gem. § 32 StGB. Insbesondere geht es um die Gegenwärtigkeit des Angriffs, aber auch die Erforderlichkeit und Gebotenheit der Notwehrhandlung.

440 Strafrecht

440 Strafrecht RA 08/2022 Geboten ist die Verteidigung, wenn sie keinen Fall des Rechtsmissbrauchs darstellt. BGH, Beschluss vom 03.03.2021, 4 StR 318/20, NStZ 2021, 607 4. Gebotenheit der Handlung Die Handlung des A müsste auch geboten sein. Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn der Täter den Angriff selbst provoziert hat. „[15] Ebenso wenig ist es rechtlich haltbar, soweit die Strafkammer – hilfsweise – dem Angeklagten die Berufung auf das Notwehrrecht versagt hat, weil er die Situation schuldhaft provoziert habe. Zwar kann eine Einschränkung des Notwehrrechts bei schuldhafter Provokation in Erwägung gezogen werden. Allerdings ist das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass dem Angeklagten durch das Wegstoßen der Nebenklägerin eine derartige Provokation anzulasten sei. Die Berufungskammer hat dabei einseitig das Verhalten des Angeklagten aus dem Geschehensablauf herausgegriffen, nicht aber auf die Gesamtsituation abstellt, die - wie bereits dargelegt - durch ein allein von der Nebenklägerin ausgehendes und mit ständig gesteigerten Aggressionshandlungen einhergehendes Verhalten gekennzeichnet war. Überdies stellte bereits das distanzlose und unberechtigte Zur-Rede-Stellen einen Angriff ihrerseits auf die Willensbestimmungsfreiheit des Angeklagten dar, wodurch das vom ihm vorgenommene Wegstoßen seinerseits nach § 32 StGB gerechtfertigt war und deshalb nicht als eine das Notwehrrecht einschränkende Provokation gewertet werden kann.“ Somit stellt der Faustschlag eine gebotene Notwehrhandlung dar. III. Notwehrwille A hatte Kenntnis von den die Notwehrlage begründenden Umständen und handelte auch mit dem Willen, den Angriff der N abzuwehren. Der erforderliche Notwehrwille liegt somit vor. C. Ergebnis A ist nicht strafbar gem. § 223 I StGB. FAZIT Interessant an der vorliegenden Entscheidung sind insbesondere die Ausführungen des BayObLG zur Gegenwärtigkeit des Angriffs im Rahmen von § 32 StGB. Wenn die Angreiferin ungewöhnlich aggressiv auftritt und ursprünglich einen strafbaren Angriff auf den Täter ausgeführt hat (hier: Körperverletzung durch eine Ohrfeige), dann kann auch nach Abschluss dieser Handlung der Angreiferin weiterhin von einem gegenwärtigen Angriff ausgegangen werden. Dies gilt selbst dann, wenn – wovon das BayObLG hier in Übereinstimmung mit der Vorinstanz ausgegangen war – die Angreiferin keine weiteren Anstalten macht, die auf einen erneuten Angriff hindeuten. Die Angreiferin steht also sozusagen unter einem „Generalverdacht“, den Täter weiter angreifen zu wollen. Dies gilt so lange, bis die Angreiferin ihren Angriff selbst in erkennbarer Weise aufgibt, z.B. indem sie sich entschuldigt oder sich vom Tatort entfernt. In einer Klausur dürfte diese Argumentation die Feststellung eines gegenwärtigen Angriffs in einer sich aufschaukelnden Streitsituation als eher einfach darstellen. Andererseits eröffnet die Verneinung eines gegenwärtigen Angriffs die Möglichkeit, einen Irrtum des Täters – insb. einen Erlaubnistatbestandsirrtum – zu diskutieren. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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