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RA Digital - 01/2016

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36 Öffentliches Recht

36 Öffentliches Recht RA 01/2016 Keine ausdrückliche EGL vorhanden Ist eine EGL überhaupt erforderlich? Nein, wenn es nur um die bloße Feststellung eines Pflichtverstoßes geht. Ja bei Sanktionen. Dazu gehören auch Missbilligungen und Rügen. Erst recht EGL erforderlich bei Ratsausschluss. Anders – soweit ersichtlich – nur § 31 GemO Rh.-Pfalz. Siehe dazu BVerwG, Urteil vom 21.1.2015, 10 C 11.14, RA 2015, 261 (Heft 5). Vgl. zum Streitstand: Wolff/Decker, VwGO, Anhang zu § 43 Rn 49; Erichsen/Biermann, Jura 1997, 157, 159 f. Das Problem ist bundeslandunabhängig, sodass die Entscheidung des OVG für alle Bundesländer Examensrelevanz besitzt. einen Ausschluss des K aus dem Rat vorzubehalten. Eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage für den Beschluss existiert in der GO NRW nicht. „[82] Das den Gemeinden und insoweit prinzipiell dem Rat zustehende Recht, sich mit allen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu befassen, schließt auch das Recht ein, sich zu etwaigen statusbezogenen kommunalrechtlichen Pflichtverstößen von Ratsmitgliedern zu äußern. Dafür bedarf es keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, solange der Rat sich mit diesbezüglichen Äußerungen unterhalb der Schwelle einer Sanktion bewegt. [84] Damit sind bloße Feststellungen kommunalrechtlicher Pflichtverstöße durch Ratsmitglieder durch den Rat […] gedeckt. Diese Feststellungen haben noch keinen Sanktionscharakter. Vielmehr spricht der Rat durch sie lediglich aus, ob seiner Auffassung nach ein bestimmtes Verhalten eines Ratsmitglieds mit der Rechtslage im Einklang steht oder nicht. [85] Anders verhält es sich, sobald der Rat über die materielle Rechtslage wiedergebende Feststellungen von Rechtsverstößen hinausgeht und zu disziplinarischen oder diesen vergleichbaren Maßnahmen greift. Als solche sind […] auch Missbilligungen und Rügen des Verhaltens von Ratsmitgliedern außerhalb von Ratssitzungen anzusehen. Diese Maßnahmen gehen über das allgemeine Befassungs- und Äußerungsrecht der Gemeinde hinaus. Hierfür fordert der verfassungsrechtliche Wesentlichkeitsgrundsatz eine eigenständige gesetzliche Ermächtigungsgrundlage.“ Erst recht gilt dies für den vorbehaltenen Ratsausschluss des K, der einen noch intensiveren Eingriff in seine Mitgliedschaftsrechte darstellt. Die GO NRW räumt dem Rat lediglich die Befugnis ein, ein Ratsmitglied z.B. wegen Befangenheit von einzelnen Mitwirkungshandlungen auszuschließen, gestattet jedoch keinen generellen Ratsausschluss. Somit ist die Feststellungsklage bzgl. des Ratsbeschlusses in vollem Umfang begründet. Insgesamt ist die Feststellungsklage zulässig und teilweise begründet, hat also teilweise Erfolg. Jura Intensiv FAZIT Es ist äußerst strittig, ob Grundrechte im Rahmen eines Kommunalverfassungsstreits gerügt werden können, treten die Beteiligten dort doch gerade nicht als natürliche Personen, sondern in ihrer hoheitlichen Funktion auf; evtl. können daher bei einem solchen Streit nur Organrechte geltend gemacht werden, wie dies ja auch bei dem parallel gelagerten Organstreitverfahren nach Art. 93 I Nr. 1 GG der Fall ist. Das OVG spricht dieses Problem an, ohne ihm jedoch ganz auf den Grund zu gehen und nimmt die Grundrechtsgeltung auch nur fallbezogen für ein Verhalten außerhalb von Ratssitzungen an. Das ändert jedoch nichts an der Examensrelevanz seiner Entscheidung. Inhaltsverzeichnis

RA 01/2016 Referendarteil: Öffentliches Recht 37 Speziell für Referendare Problem: Polizeimaßnahmen gegen gewaltbereiten Fußballfan Einordnung: Polizeirecht VG Freiburg, Urteil vom 25.09.2015 4 K 35/15 EINLEITUNG Das VG Freiburg hatte sich im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage mit der Frage nach der Rechtmäßigkeit diverser Aufenthalts- und Betretungsverbote sowie Meldeauflagen zu befassen, die gegenüber einem Fußballfan angeordnet wurden. Hierbei hat es sich insbesondere eingehend mit der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage beschäftigt, insbesondere dem Fortsetzungsfeststellungsinteresse. SACHVERHALT Mit Bescheid vom 30.7.2014 erließ die Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs gegenüber dem Kläger ein Betretungs- und Aufenthaltsverbot; dieses Verbot galt für im Einzelnen aufgeführte Spieltage einer Mannschaft des SC F für Termine zwischen dem 2.8.2014 und dem 20.9.2014 jeweils für den Zeitraum 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr für im Bescheid näher konkretisierte Bereiche im Umfeld des X-Stadions, des Y-Stadions, der Z-Straße sowie von Teilen der Innenstadt und des Stadtteils A (Nr. I.1). Sie gab dem Kläger zudem auf, sich an bestimmten Spieltagen des SC F zu bestimmten Zeiten beim Polizeirevier F-Süd zu melden (Nr. I.2). Ferner wurde für den Bescheid eine Gebühr i.H.v. 150,-- € festgesetzt. Gegen den Bescheid legte der Kläger am 8.8.2014 Widerspruch ein. Die Maßnahmen seien unverhältnismäßig. Er wohne in der B-Straße, die in einem der genannten abgegrenzten Gebiete liege, so dass er für die genannten Tage nicht wisse, wie er nach Hause gelangen solle. Ob das Ermittlungsverfahren wegen einer Drittortauseinandersetzung vom 13.10.2012 die Annahme rechtfertige, dass er auch im Zusammenhang mit den angeführten Spielen eine Gefahr für Leib und Leben anderer und für Sachwerte darstelle, erscheine fragwürdig. Mit Bescheid vom 19.8.2014 ersetzte die Beklagte ihren Bescheid vom 30.7.2014 mit Ausnahme der Gebührenfestsetzung. In dem Bescheid vom 30.7.2014 seien, so die Beklagte, irrtümlich einzelne Spieltage falsch benannt worden. Des Weiteren wurde die Wohnung des Klägers in der B-Straße vom Aufenthaltsverbot ausgenommen. Zur Begründung führte sie aus, nach Angaben der Polizeipräsidiums F sei der Kläger dem gewaltbereiten Spektrum der Fußballszene zuzuordnen. Nachweislich habe sich der Kläger 2012/13 mit einer Gruppierung aus F an Drittortauseinandersetzungen beteiligt und tue dies mutmaßlich nach wie vor. Um weitere Straftaten des Klägers im Umfeld des SC F-Stadions, der Innenstadt und Teilen des Stadtteils A zu verhindern, werde dem Kläger das Betreten und der Aufenthalt in dem unter Ziff. I.1. näher definierten Bereich zu den dort genannten Zeiten untersagt. Dieser Bereich beschränke sich auf das Gebiet des üblichen Aufenthalts von Gästefans sowie auf die erfahrungsgemäß genutzten Haltestellen des öffentlichen Personenverkehrs durch diese. Der zeitliche Geltungsbereich dieser Verfügung sei aufgrund der üblichen Aufenthaltszeiten von Gästefans bei Spielen des SC F festgelegt. Der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 30.7.2014 wurde durch die Beklagte auf diesen Bescheid erstreckt. Jura Intensiv LEITSÄTZE (GEKÜRZT) Mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG besteht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ungeachtet der Schwere des Grundrechtseingriffs bereits dann, wenn sich ein Verwaltungsakt typischerweise so kurzfristig erledigt, dass er ohne Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung in einem gerichtlichen Hauptverfahren zugeführt werden könnte. Allein der Umstand, dass der Betroffene sich mehrfach an sog. Drittortauseinandersetzungen beteiligt hat und deshalb in der Datei Gewalttäter Sport eingetragen ist, rechtfertigt die Verhängung eines für das Umfeld des Stadions bzw. der Innenstadt geltenden Betretungsund Aufenthaltsverbots nicht. Wiedergabe des Verwaltungsverfahrens: Indikativ Imperfekt. 1. Bescheid Die einzelnen Anordnungen des Bescheids sind genau wiederzugeben, da diese das Prüfprogramm für die Entscheidungsgründe vorgeben. Anders als andere Bundesländer hat Baden-Württemberg das Widerspruchsverfahren nicht weitgehend abgeschafft. Nur in den – hier nicht einschlägigen – Fällen des § 15 AGVwGO BW bedarf es keiner Durchführung eines Vorverfahrens. 2. Bescheid Erlässt die Behörde – wie hier – mehrere Bescheide, die sogar z.T. alte Regelungen abändern, ist auf die genaue Wiedergabe des Inhalts der Bescheide zu achten. Es muss klar sein, welche Anordnungen noch „in der Welt“ sind. Begründung Inhaltsverzeichnis

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