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RA Digital - 01/2017

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20 Referendarteil:

20 Referendarteil: Zivilrecht RA 01/2017 BGH, Urteil vom 04.02.2010, IX ZR 18/09 BGH, Urteil vom 19.05.2009, IX ZR 174/06 BGH, Urteil vom 27.01. 2005, IX ZR 273/02 Nicht der Markt entscheidet über die Angemessenheit der Vergütung, sondern der fachliche Aufwand zur Erreichung der Mandantenziele. BGH, Urteil vom 04.02.2010, IX ZR 18/09 Unterscheiden Sie zwischen der Sittenwidrigkeit gem. § 138 I BGB, die zur Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung führt und Umständen, die gem. § 242 BGB zu ihrer Herabsetzung führen können! „II. 2. c) aa) Das von einem Rechtsanwalt vereinbarte Honorar ist unangemessen hoch, wenn er sich ein Honorar versprechen lässt, das unter Berücksichtigung aller Umstände nicht mehr einem sachgerechten Interessenausgleich entspricht.“ Die in der Rechtsprechung des Senats für die Honorare von Strafverteidigern aufgestellte Vermutung, dass dies der Fall ist, wenn das Honorar die gesetzlichen Gebühren um mehr als das 5-fache, gilt auch für Honorare in zivilrechtlichen Streitigkeiten. Denn der Gesetzgeber verfolgt mit § 3a Abs. 2 RVG das Ziel, Honoraransprüche normativ im Interesse einer Mäßigung zu. (…)“ „Die Vermutung führt dazu, dass der Anwalt darlegen und beweisen muss, dass und in welchem Umfang das vereinbarte Honorar für das konkrete Mandat angemessen ist. Dabei sind die Maßstäbe des Marktes nicht der entscheidende Bezugspunkt für die Angemessenheit im Sinne des § 3a Abs. 2 Satz 1 RVG. Vielmehr kommt es darauf an, ob die vereinbarte Vergütung unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist; insoweit (§ 14 Abs. 1 RVG) kommen die Schwierigkeit und der Umfang der Sache, ihre Bedeutung für den Auftraggeber und das Ziel in Betracht, das der Auftraggeber mit dem Auftrag anstrebt. (…)“ „Ferner sind die Stellung des Rechtsanwalts und die Vermögensverhältnisse des Auftraggebers in die Bewertung einzubeziehen (BGH, aaO mwN). Für eine Herabsetzung ist danach nur Raum, wenn es unter Berücksichtigung aller Umstände unerträglich und mit den Grundsätzen des § 242 BGB unvereinbar wäre, den Mandanten an seinem Honorarversprechen festzuhalten (BGH, aaO Rn. 87).“ Im Streitfall sind für die anwaltliche Tätigkeit des Beklagten im Rahmen des konkreten Mandats unstreitig rund 107 Stunden angefallen. Damit entspricht das Pauschalhonorar im wirtschaftlichen Ergebnis einem Stundenhonorar von unter 200 € netto. Ein solches Stundenhonorar ist nicht als unangemessen hoch anzusehen, da die Kläger mit dem Beklagten bewusst einen ausgewiesenen Spezialisten für Streitigkeiten in Pflegekindfällen beauftragt haben, der in diesem Tätigkeitsbereich über erhebliche Berufserfahrung verfügt. Jura Intensiv FAZIT Honorarvereinbarungen mit Rechtsanwälten sind nicht schon deshalb gem. § 138 I BGB sittenwidrig, weil sie die gesetzlichen Gebühren nach RVG um ein Vielfaches übersteigen. Über ihre angemessene Höhe i.S.d. § 3a II 1 RVG entscheidet nicht der Markt, sondern der fachliche Aufwand zur Erreichung der individuellen Mandantenziele. Die Entscheidung eignet sich gut, um als Teilaspekt einer typischen Anwaltsregressklausuren geprüft zu werden. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 01/2017 Referendarteil: Zivilrecht 21 Problem: Rechtsschutzbedürfnis einer Vollstreckungsabwehrklage Einordnung: Vollstreckungsrecht; Sachenrecht BGH, Urteil vom 21.10.2016 V ZR 230/15 EINLEITUNG Vollstreckungsrecht ist sehr relevant für das Assessorexamen. In den meisten Bundesländern muss man fest mit einer Klausur aus diesem Rechtsgebiet rechnen. Klausurtaugliche aktuelle Entscheidungen sind in diesem Rechtsgebiet allerdings rar. In der vorliegenden Entscheidung des BGH musste der Senat die Frage beantworten, ob einer Vollstreckungsabwehrklage gegen die Vollstreckung bereits verjährter Zinsen aus einer titulierten Grundschuld das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Die Besonderheit des Falls lag darin, dass der Gläubiger hinsichtlich des verjährten Teils der Zinsen explizit auf die Vollstreckung verzichtet hat. Es mag zunächst nicht nachvollziehbar sein, wo hier das Problem liegt, da eine Vollstreckungsabwehrklage wegen der urkundlichen Wirkungen eines Titels weitreichend zulässig ist. Der Teufel steckt aber im Detail des Falls: Offensichtlich betrieb die Klägerin das Klageverfahren allein, um die Zwangsversteigerung des betroffenen Grundstücks zu verzögern. In der Zeit, in welcher der Vollstreckungstitel wegen der Zinsen abgeändert werden muss, würde die Zwangsversteigerung nämlich ruhen. SACHVERHALT Die Klägerin begehrt im Wege der Vollstreckungsabwehrklage die Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen verjährter Zinsen aus zwei Sicherheitsgrundschulden. Die Klägerin und ihr Ehemann bestellten an ihrem Grundstück in den Jahren 2003 und 2004 zugunsten der beklagten Bank (im Folgenden: Gläubigerin) zwei Sicherungsgrundschulden über 460.000 € sowie über 40.000 €, und zwar jeweils nebst 15 % Zinsen p.a. Weil Raten der zugrunde liegenden Darlehen nicht bezahlt wurden, beantragte die Gläubigerin am 07.06.2011 die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Im weiteren Verlauf nahm sie von ihrem Vollstreckungsauftrag die auf die Zeit vor dem 01.01.2008 entfallenden Grundschuldzinsen aus. Jura Intensiv Der dritte Versteigerungstermin sollte am 17.09.2013 stattfinden. Mit einem kurz zuvor, nämlich am 05.09.2013 bei der Gläubigerin eingegangenen Schreiben berief sich die Klägerin erstmals auf die Verjährung der bis Ende 2007 entstandenen Zinsansprüche und erhob darauf gestützt Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO. Im laufenden Verfahren verzichtete die Gläubigerin ausdrücklich auf die verjährten Zinsen. Die Klägerin meint, aufgrund der Verjährung der titulierten Grundbuchzinsen sei die Vollstreckung nicht mehr zulässig. LEITSATZ Erhebt der Schuldner während eines laufenden, aufgrund einer Sicherungsgrundschuld betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens eine Vollstreckungsabwehrklage, die er auf die Verjährung eines Teils der Grundschuldzinsen stützt, kann das Rechtsschutzbedürfnis ausnahmsweise zu verneinen sein. Dies setzt voraus, dass der Gläubiger nicht wegen der verjährten Zinsen vollstreckt; ferner müssen Indizien vorliegen, die in einer Gesamtwürdigung den sicheren Schluss erlauben, dass die Vollstreckungsabwehrklage ausschließlich prozesszweckfremden Zielen dient. Einleitungssätze werden nicht in jedem Bundesland gerne gesehen. Klären Sie ab, ob bei Ihnen Einleitungssätze gewünscht werden. Hier liegt eine Besonderheit des Falles. Die Gläubigerin reduzierte den Vollstreckungsauftrag hinsichtlich eines Teils der Grundschuldzinsen. Die Gläubigerin verzichtet ausdrücklich auf die verjährten Zinsen. „Meinen“ kennzeichnet den Vortrag einer Rechtsansicht. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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