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RA Digital - 01/2017

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24 Referendarteil:

24 Referendarteil: Zivilrecht RA 01/2017 BGH, Beschluss vom 18.03.2010, V ZB 124/09 Der BGH gibt Einblick in die in der Praxis ausgefeilten taktischen Mittel bei der Zwangsversteigerung. eine Verzögerung hervorzurufen, weil die Titelausfertigung nebst Zustellungsnachweis bei der Versteigerung und bei der Erteilung des Zuschlags wieder vorliegen muss . Ist es wegen des Zeitdrucks nicht zumutbar, den Schuldner freiwillig klaglos zu stellen, kann der Gläubiger auch nicht auf die Abgabe eines Anerkenntnisses (mit erheblichen Kostenfolgen) verwiesen werden.“ Ein weiteres Indiz ist, wenn der zu erwartende Vollstreckungserlös nicht annähernd die Summe aus Hauptforderung und unverjährten Zinsen erreicht und die Vermögensverhältnisse des Schuldners auch im Übrigen eine erfolgreiche Vollstreckung nicht erwarten lassen. Ausreichen kann es aber auch, dass der Gläubiger gemäß § 1178 II BGB auf die verjährten Zinsansprüche verzichtet. Liegt eines dieser Indizien vor, wird die Zusammenschau mit der Klageerhebung zur Unzeit in der Regel den Schluss erlauben, dass es dem Schuldner nicht um die Vollstreckbarkeit der verjährten Grundschuldzinsen geht, sondern ausschließlich um die Verzögerung der Zwangsversteigerung. Daran gemessen ist das Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen. Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin allein prozessfremde Ziele verfolgt. Die verjährten Zinsen hat die Gläubigerin schon vor Erhebung der Verjährungseinrede ausdrücklich von ihrem Vollstreckungsauftrag ausgenommen. Die Verjährungseinrede und die Klage wurden kurz vor dem dritten Versteigerungstermin und damit zur Unzeit erhoben, nachdem das Verfahren bereits mehr als zwei Jahre zuvor eingeleitet worden war. Ferner stützt sich das Berufungsgericht darauf, dass der im Rahmen der Zwangsversteigerung erzielte Erlös voraussichtlich nicht zur Tilgung der Grundschuld (ohne Zinsen) ausreichen werde. Dies ist plausibel, nachdem sich die Hauptforderung auf insgesamt 500.000 € beläuft, der Verkehrswert des Objekts jedoch nur auf 323.000 € festgesetzt wurde und das Höchstgebot im zweiten Versteigerungstermin lediglich 180.000 € betrug. Hinzu kommt, dass die Gläubigerin ausdrücklich auf die verjährten Zinsen verzichtet hat. Dass der Verzicht erst nach Klageerhebung erfolgte, ist schon deshalb unerheblich, weil die Klägerin dies nicht zum Anlass genommen hat, eine Erledigungserklärung abzugeben. Jura Intensiv Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 709 S. 1, 2 ZPO. Die aus dem Urteil seitens der Beklagten vollstreckbaren Kosten belaufen sich auf mehr als 1.500 €, da der Streitwert des Verfahrens weit über 10.000 € liegt. FAZIT Der Vollstreckungsabwehrklage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn sie ausschließlich erhoben wird, um prozesszweckfremde Ziele zu verfolgen. Auch wenn es sich hier um eine sehr spezielle Sonderkonstellation handelt, ist diese Entscheidung ein heißer Examenstipp, weil sie die spezielle Materie der Sicherungsgrundschuld mit speziellem Vollstreckungsrecht (Zwangsversteigerung) und der Vollstreckungsabwehrklage verknüpft. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 01/2017 NEBENGEBIETE Nebengebiete 25 Arbeitsrecht Problem: Änderungskündigung und Direktionsrecht Einordnung: Arbeitsrecht: Ultima-ratio-Prinzip BAG, Urteil vom 22.09.2016 2 AZR 509/15 EINLEITUNG Klausuren zur Änderungskündigung sind eher selten. Wenn der Arbeitnehmer aber das in einer Änderungskündigung enthaltene Änderungsangebot ablehnt, wird aus einer Änderungs- eine Beendigungskündigung. Deren Wirksamkeit bestimmt sich alleine danach, ob die vom Arbeitgeber intendierte Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt war. SACHVERHALT Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung. Die Kl. schloss mit der Rechtsvorgängerin der Bekl. unter dem 29.11./20.12.1999 einen Arbeitsvertrag, in dessen Rubrum die damalige Anschrift der Arbeitgeberin in E. aufgeführt war. In dem Vertrag heißt es: „I. Besondere Vereinbarungen … 3. Derzeitiger Dienstsitz: s. o. II. Allgemeine Vereinbarungen 1. Beschäftigungsort, Versetzungsvorbehalt 1.1. Tätigkeitsort sind die jeweiligen Geschäftsräume [der Arbeitgeberin]. 1.2. [Die Arbeitgeberin] behält sich vor, dem Mitarbeiter bei unveränderten Bezügen im Rahmen des Unternehmens auch eine andere seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit, eventuell auch nur vertretungsweise, an einem anderen Arbeitsplatz zu übertragen.“ Jura Intensiv Im Jahre 2013 beabsichtigte die Bekl., die Anzahl ihrer mittlerweile sechs Betriebsstätten auf zwei zu reduzieren. Die bisherigen Aufgaben sollten an den Standorten A. und D. fortgeführt werden. Die Bekl. erklärte gegenüber der Kl. mit Schreiben vom 23.12.2013, sie mache von ihrem Direktionsrecht Gebrauch und versetze sie zum 1.2.2014 nach A. Mit einem weiteren Schreiben vom selben Tag erklärte sie „höchst vorsorglich“ die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zum 31.7.2014, verbunden mit dem Angebot, es nach Ablauf der Kündigungsfrist in A. fortzusetzen. Die Änderung des Tätigkeitsorts in Ausübung des Direktionsrechts hielt die Bekl. später nicht mehr aufrecht. Die Kl. hat das mit der Kündigung unterbreitete Änderungsangebot nicht, auch nicht unter Vorbehalt angenommen und sich mit der vorliegenden Klage rechtzeitig gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die Änderungskündigung gewandt. Diese sei unverhältnismäßig. Es habe bereits aufgrund des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts die Möglichkeit ihrer Versetzung nach A. bestanden. Die Kl. hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, sinngemäß beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis LEITSÄTZE 1. Eine Änderungskündigung ist wegen der mit ihr verbundenen Bestandsgefährdung unverhältnismäßig, wenn die erstrebte Änderung der Beschäftigungsbedingungen durch Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers gemäß § 106 GewO möglich ist. Der mögliche Wegfall des Beschäftigungsbedarfs zu den bisherigen Bedingungen „bedingt“ in diesem Fall nicht im Sinne von § 2 S. 1, § 1 II 1 KSchG eine (Änderungs-)Kündigung. Hat der Arbeitnehmer das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot nicht unter Vorbehalt angenommen, ist auf seinen Antrag nach § 4 S. 1 KSchG festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. 2. Der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann sich im Verhältnis zu seinem Vertragspartner nicht auf einen Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 I 2 BGB) berufen. Die Inhaltskontrolle schafft einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient nicht dessen Schutz vor den von ihm selbst eingeführten Formularbestimmungen. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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