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RA Digital - 01/2018

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4 Zivilrecht

4 Zivilrecht RA 01/2018 Das entscheidende Abgrenzungskriterium für die Unternehmerund Verbrauchereigenschaft ist die objektive Zweckrichtung des Geschäfts. Grundlegend: BGH, Urteil vom 30.09.2009, VIII ZR 7/09 („Leuchten-Fall“). Das Gericht sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass B gewerblich mit Pferden handelt. Auch der bisherige Nutzungszweck des veräußerten Gegenstands muss berücksichtigt werden. B nutzte das Pferd bisher nur zu eigenen Zwecken. berufliche Tätigkeit setzen - jedenfalls - ein selbständiges und planmäßiges, auf gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus, wobei eine Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich ist. Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist grds. die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend. Dabei kommt es maßgeblich auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles, insbesondere das Verhalten der Parteien bei Vertragsschluss an. II.1.b) bb) (1) Vorliegend gibt es keine Anhaltspunkte, dass B in der Vergangenheit bereits vereinzelt oder sogar regelmäßig Pferde verkauft haben und in irgendeiner Weise im Bereich des Pferdehandels unternehmerisch tätig geworden ist. Zwar könnte auch der erstmalige oder einmalige Abschluss eines entsprechenden Rechtsgeschäfts nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls auf ein (zukünftiges) unternehmerisches Handeln ausgerichtet sein. Hierfür gibt es vorliegend jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass B den Verkauf des Wallachs in irgendeiner Weise angeboten oder betrieben haben könnte. Auch die unmittelbaren Umstände des Kaufvertragsabschlusses sprechen gegen ein planmäßiges und auf eine gewisse Dauer angelegtes gewerbliches Vorgehen des Beklagten, zumal der Kaufvertrag weder schriftlich geschlossen noch eine Rechnung ausgestellt wurde. II.1.b) bb) (2) Von maßgebender Bedeutung ist demgegenüber auch, zu welchem Zweck der veräußerte Gegenstand bislang genutzt worden ist und aus welchem Anlass er verkauft werden sollte. B hat das streitgegenständliche Pferd ausschließlich „zu eigenen Zwecken“ ausgebildet und trainiert. Die Veräußerung [ist in dieser Situation daher] regelmäßig nicht als Unternehmergeschäft zu qualifizieren. “ B ist damit nicht Unternehmer i.S.d. § 14 BGB. Mangels Verbrauchsgüterkaufs kommt K die Vermutungsregelung aus § 476 BGB nicht zu Gute. Auch die später aufgetretenen diveresen „Rittigkeitsprobleme“ begründen damit keinen bei Gefahrübergang nachweisbar bestandenen Mangel. Jura Intensiv B. Ergebnis K hat gegen B keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 500.000 € gem. §§ 437 Nr. 2, 434 I, 323 I Alt. 2, 346 I BGB. FAZIT Die Entscheidung des BGH setzt die bisherige Rspr. zum Mangelbegriff bei Tieren konsequent fort. Auch bei einem hochpreisigen Dressurpferd begründen Abweichungen von der physiologischen (Ideal-) Norm ohne nachweisbare klinische Auswirkungen grds. keinen Sachmangel i.S.d. § 434 I 2 BGB. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Vertragsparteien eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung gem. § 434 I 1 BGB getroffen haben. Wenn ein professioneller Reitlehrer, der kein Pferdehändler ist, sein privat genutztes Pferd verkauft, gilt er bei dem Verkauf nicht als Unternehmer i.S.d. § 14 BGB. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 01/2018 Zivilrecht 5 Problem: Rechtliche Unmöglichkeit der Beförderung aufgrund eines ausländischen Gesetzes Einordnung: Allgemeines Schuldrecht LG Frankfurt, Urteil vom 16.11.2017 2-24 O 37/17 EINLEITUNG Von objektiver rechtlicher Unmöglichkeit spricht man, wenn eine Leistung aus rechtlichen Gründen von niemandem erbracht werden kann. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Herbeiführung eines rechtlichen Erfolges, der bereits besteht. Gleiches gilt, wenn die Rechtsordnung den angestrebten Rechtserfolg nicht anerkennt. In der vorliegenden Entscheidung musste sich nun das LG Frankfurt mit der Frage auseinandersetzen, ob diese Grundsätze auch dann heranzuziehen sind, wenn ein ausländisches Gesetz die Beförderung von Fluggästen aus Israel verbietet. SACHVERHALT Der Kläger (K) ist israelischer Staatsbürger und wohnt in Berlin. Er bucht am 04.06.2016 über das Online-Reiseportal Y.de eine private Urlaubsreise mit Hinund Rückflug von Frankfurt am Main nach Bangkok (Hinflug am 30.06.2016, Rückflug am 12.07.2016). Der Flugpreis beträgt 643 €. Das Online-Reiseportal Y.de bestätigt die Buchung und übermittelt K eine Buchungsnummer. Die Flugbeförderung umfasst einen Flug von Frankfurt am Main nach Kuwait-Stadt und einen Weiterflug von Kuwait-Stadt nach Bangkok. Die Buchung kann in der lOS-App der Beklagten (B) am 08.06.2016 ermittelt und aufgerufen werden. B ist eine Fluggesellschaft mit Sitz in Kuwait Stadt. K möchte am 14.06.2016 (erneut) die lOS-App der B nutzen. Dabei stellte er fest, dass die Eingabe der Staatsangehörigkeit des Staates „Israel“ nicht möglich ist. Daraufhin wendet sich K per E-Mail vom 14.06.2016 an B mit der Bitte, vegetarisches Essen vorzuhalten und seine Staatsangehörigkeit zu vermerken. B „storniert“ daraufhin per E-Mail vom 14.06.2016 die Flüge. Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.06.2016 fordert K die B unter Fristsetzung zum 16.06.2016 erfolglos auf, die Flugdurchführung zu bestätigen. K begehrt weiterhin Beförderung durch B von Frankfurt am Main nach Bangkok und zurück sowie mit Transitaufenthalt in Kuwait City. B entgegnet, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet sei. Es läge rechtliche Unmöglichkeit i.S.d. § 275 I BGB vor. Nach dem kuwaitischen Gesetz Nr. 21 des Jahres 1964 (Einheitsgesetz zum Israel-Boykott) sei es ihr untersagt, Vereinbarungen mit Personen zu schließen, die die israelische Staatsangehörigkeit besitzen. Verstöße gegen die Regelungen des Gesetzes würden mit Gefängnisstrafe, harter Gefängnisarbeit oder mit Geldstrafe bestraft. Eine Diskriminierung i.S.d. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sei darin nicht zu sehen, denn das Gesetz Nr. 21 knüpfe nur an die Staatsangehörigkeit, nicht aber an die Religionszugehörigkeit oder die ethnische Rasse an. Ferner sei es israelischen Staatsangehörigen nicht erlaubt, nach Kuwait einzureisen. Zu Recht? Jura Intensiv Prüfungsvermerk: Art. 5 II ROM-I-VO: Soweit die Parteien in Bezug auf einen Vertrag über die Beförderung von Personen keine Rechtswahl [...] getroffen haben, [...] so ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Beförderer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. § 21 III 3 LuftVG: Luftfahrtunternehmen, die Linienverkehr betreiben, sind außer im Falle der Unzumutbarkeit jedermann gegenüber verpflichtet, Beförderungsverträge abzuschließen und ihn im Rahmen des veröffentlichten Flugplanes zu befördern. LEITATZ (DER REDATION) Eine kuwaitische Fluggesellschaft muss einen Fluggast aus Israel nicht befördern. Wegen eines Verbots der kuwaitischen Regierung (sog. Einheitsgesetz zum Israel-Boykott von 1964) liegt ein Fall der rechtlichen Unmöglichkeit vor. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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