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RA Digital - 01/2020

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6 Zivilrecht

6 Zivilrecht RA 01/2020 Fraglich ist, ob der X. Zivilsenat den Fall des „Schwiegerelterngeschenkes“ hier anders löst als der XII. Zivilsenat in den Entscheidungen BGH, Urteil vom 03.02.2010, XII ZR 189/06 sowie im Beschluss vom 26.11.2014, XII ZB 666/13. Im ersten Fall wurde die Frage einer teilweisen Zweckerreichung nicht aufgeworfen, im zweiten hob der BGH durch Beschluss die Entscheidung des OLG auf, weil ebendiese Feststellungen zum Schenkungswillen fehlten, auf die der X. Senat hier entscheidend abstellt. Ferner schreibt der X. Zivilsenat in dieser Entscheidung in Rn 44: „Überdies hat der XII. Zivilsenat mitgeteilt, dass die Beurteilung des Streitfalls im Ergebnis auch sachlich nicht in Widerspruch zu einer von ihm getroffenen Entscheidung steht, insbesondere die quotenmäßige Berechnung eines Rückzahlungsbetrages, wie sie vom Berufungsgericht vorgenommen wurde, auch nach seiner Auffassung den Anforderungen des § 313 I BGB nicht gerecht wird.“ Aus diesem Grund legte der X. Zivilsenat den Fall nicht dem Großen Senat in Zivilsachen vor. Die aufgeworfenen Fragen zum Rücktrittsrecht aus § 313 III 1 BGB wurden bereits in den Ausführungen zu § 313 I BGB beantwortet. Die Ausführungen können hier knapp bleiben. Überprüfung am Maßstab eines hypothetischen Parteiwillens nicht standhält und den zumindest eine Partei in Kenntnis der geänderten Umstände nicht vereinbart hätte. [37] Dies hat für den Schenkungsvertrag grundlegende Bedeutung. Denn insbesondere in den hier in Rede stehenden Fällen der Zuwendung von zum gemeinsamen Wohnen bestimmtem Grund- oder Wohnungseigentum oder von zu deren Erwerb bestimmten erheblichen Geldbeträgen liegt es regelmäßig fern, dass die Entscheidung des Schenkers über das Ob der Zuwendung und die Höhe des zugewendeten Betrages davon abhängt, mit welcher voraussichtlichen Dauer der gemeinsamen Nutzung er rechnet. Bleibt diese Dauer hinter dem vorstellbaren Maximum zurück, kann sich mit Blick auf die Geschäftsgrundlage vielmehr regelmäßig nur die Frage stellen, ob der Schenker in Kenntnis dieses Umstands von der Schenkung abgesehen oder sie gleichwohl - und im Zweifel in gleicher Höhe - versprochen hätte. Eine Anpassung, wie sie das Berufungsgericht mit der Zuerkennung einer Rückzahlungsverpflichtung in Höhe von 91,6% des Wertes des Geschenks vorgenommen hat, verfehlt daher regelmäßig den mutmaßlichen Parteiwillen. (…) [39] Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hätte die Klägerin dem Beklagten aus ihrem Vermögen nichts zugewendet, wenn dieser nicht in einer Lebensgemeinschaft mit ihrer Tochter zusammengelebt und alle Beteiligten an den Fortbestand dieser Lebensgemeinschaft geglaubt hätten. Demnach hätte die Klägerin in Voraussicht des Umstands, dass die Lebensgemeinschaft kurze Zeit später scheitern würde, die Schenkung unterlassen und folglich auch keinen geringeren Betrag zugewendet. Eine Anpassung des Schenkungsvertrags auf einen geringeren Betrag ist für die Klägerin deshalb nicht zumutbar. Ein Anspruch auf Vertragsanpassung gem. § 313 I BGB besteht nicht. D. Anspruch auf Rückzahlung aus einem Rückgewährschuldverhältnis gem. § 346 I, 313 III 1 BGB Fraglich ist, ob K gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung aus einem Rückgewährschuldverhältnis gem. § 346 I BGB hat. Dann muss sich der Schenkungsvertrag durch Rücktritt in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt haben. Eine Rücktrittserklärung gem. § 349 BGB liegt konkludent im Rückzahlungsbegehren, das K an B richtete. Das Rücktrittsrecht aus § 313 III 1 BGB fordert zum einen das Vorliegen der Voraussetzungen gem. § 313 I BGB und zum anderen, dass eine Vertragsanpassung nicht zumutbar ist. Beides wurde hier bereits festgestellt. Jura Intensiv E. Ergebnis Folglich hat K gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung der gesamten Summe aus einem Rückgewährschuldverhältnis gem. §§ 346 I, 313 III 1 BGB. FAZIT Hätte eine Mutter oder ein Vater vorausgesehen, dass ein geschenktes Grundstück oder zum Erwerb eines solchen geschenktes Geld den Zweck der Sicherung einer dauerhaften Lebensgemeinschaft des Abkömmlings verfehlt und wäre die Schenkung in diesem Fall unterblieben, besteht ein Rücktrittsrecht gem. § 313 III 1 BGB. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 01/2020 Zivilrecht 7 Problem: Rücktritt vom Pferdekauf wegen Mangels Einordnung: Kaufrecht BGH, Urteil vom 30.10.2019 VIII ZR 69/18 EINLEITUNG Tiere sind gem. § 90a S. 1 BGB keine Sachen, werden aber gem. § 90a S. 3 BGB wie solche behandelt. Sie rechtlich wie einen Gebrauchtwagen zu behandeln, verbietet sich aber. SACHVERHALT K erwarb am 23.11.2013 von B nach einem Proberitt den im Jahr 2005 geborenen Quarterhorse-Wallach „A.“ Der Kaufpreis belief sich auf 17.000 € zuzüglich weiterer 1.000 € für die am 20. November 2013 von dem Tierarzt Dr. G. vorgenommene Ankaufsuntersuchung, bei der keine erheblichen Gesundheitsmängel festgestellt worden waren. Im Kaufvertrag vereinbarten die Parteien unter § 8 Abs. 2 Spiegelstrich 3: „Eine Nacherfüllung hat nach der Wahl des Käufers durch Nachbesserung oder Nachlieferung, im Fall einer Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Nachbesserung durch Nachlieferung zu erfolgen.“ Nachdem das Pferd bei Untersuchungen durch den Tierarzt Dr. Gr. Anfang Februar und Mitte März 2014 unter anderem eine Schmerzhaftigkeit der Rippenköpfe gezeigt hatte, diagnostizierte die Tierärztin Dr. E. aufgrund einer am 26.03.2014 vorgenommenen Knochenszintigraphie und radiologischen Untersuchung: „Der Rippenkörper der 6., 7. und 8. Rippe ist im oberen Drittel frakturiert und die Fraktur ist im Fall der beiden Letzteren auch geringgradig verschoben (disloziert). Als Therapie empfehlen wir Ruhe; das Pferd darf bis zur endgültigen Ausheilung nicht geritten werden.“ Jura Intensiv Am 09.04.2014 machte K schriftlich geltend, die Fraktur dreier Rippen sei ein Sachmangel, der nicht therapierbar sei und verlangte vorsorglich Nachbesserung unter Fristsetzung bis zum 30.04.2014. Nachdem B am 29.04.2014 schriftlich vergeblich um Übersendung der tierärztlichen Befunde gebeten hatte, erklärte K am 06.05.2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Am 14.05.2014 überließ sie B den Untersuchungsbefund von Dr. E.. Darauf erhob K die Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Pferdes. Nachdem das Gericht den Hinweis erteilt hatte, dass es die Rücktrittsvoraussetzungen als nicht gegeben erachte, weil die von der Klägerin begehrte Beseitigung des Mangels unmöglich sei, da „die Rippenbrüche nicht vollständig verheilen werden“, sodass die Nacherfüllung - wie auch unter § 8 des Kaufvertrages vereinbart - nicht durch Mängelbeseitigung, sondern durch Nachlieferung zu erfolgen habe. Daraufhin erklärte K nach vergeblicher Fristsetzung zur Nachlieferung eines vergleichbaren Pferdes am 17.08.2016 erneut den Rücktritt vom Kaufvertrag. Zu Recht? LEITSÄTZE 1. Der Verkäufer eines Tieres hat, sofern eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung nicht getroffen wird, (lediglich) dafür einzustehen, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem (ebenfalls vertragswidrigen) Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird (Bestätigung von BGH, Urteil vom 18. Oktober 2017, VIII ZR 32/16) und infolgedessen für die gewöhnliche (oder die vertraglich vorausgesetzte) Verwendung nicht mehr einsetzbar wäre. 2. Demgemäß wird die Eignung eines klinisch unauffälligen Pferdes für die gewöhnliche oder die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als Reitpferd nicht schon dadurch beeinträchtigt, dass aufgrund von Abweichungen von der „physiologischen Norm“ eine (lediglich) geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das Tier zukünftig klinische Symptome entwickeln wird, die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen (Bestätigung von BGH, Urteile vom 7. Februar 2007, VIII ZR 266/06 und vom 18. Oktober 2017, VIII ZR 32/16). 3. Die vorgenannten Grundsätze gelten auch für folgenlos überstandene Krankheiten und Verletzungen, wie ausgeheilte Rippenfrakturen eines als Reittier verkauften erwachsenen Pferdes, das nach Ablauf des Heilungsprozesses klinisch unauffällig ist. Weder kommt es insoweit darauf an, ob die vollständig ausgeheilten Rippenfrakturen auf einem „traumatischen Ereignis“ beruhen, noch kann die Verletzung eines Tieres in jeder Hinsicht einem Schaden an einer Sache, etwa einem Kraftwagen, gleichgestellt werden. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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