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RA Digital - 01/2020

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26 Nebengebiete

26 Nebengebiete RA 01/2020 Das entscheidende Merkmal für die Haftung ist dasjenige der „Befassung“. Nicht entscheidend ist, wer den Fehler gemacht hat. Strikt zu unterscheiden ist von der „normalen“ Partnerschaft die Partnerschaft mit begrenzter Berufshaftung! Wichtige Klausurkonstellation: § 5 II PartGG verweist u.a. auf § 15 I HGB. Damit kann über diesen Umweg der Klassiker der negativen Publizität des Handelsregisters (hier jetzt des Partnerschaftsregisters) geprüft werden. Solange also jeder Partner allein mit der Bearbeitung seiner Sachen befasst ist, hat er nur für seine Fehler einzustehen. Sobald aber mehrere Partner mit der Bearbeitung derselben Sache befasst sind, haftet jeder Partner, der mit dem Auftrag befasst ist, auch für alle in diesem Zusammenhang gemachten Fehler anderer Partner oder Mitarbeiter. Selbst derjenige Partner, der den beruflichen Fehler nicht begangen, sondern sogar die Situation zu retten versucht hatte, haftet persönlich, wenn er irgendwie mit dem Mandat – etwa durch einen Rettungsversuch – „befasst“ war. Die Haftung tritt also unabhängig vom Zeitpunkt des Fehlers, von der Arbeitsaufteilung innerhalb des Mandats und auch über Professionsgrenzen hinweg ein. Beispiel: Der steuerberatende Partner hat auch für die Fehler des rechtsberatenden Kollegen einzustehen. Die Haftung ist lediglich an das Merkmal der Befassung gebunden, nicht dagegen an die Verletzungshandlung, die zu dem konkreten Berufsausübungsfehler führt. Die Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung Auch die Partnerschaft mbB (Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung) ist eine Personengesellschaft. Haftungsregime Bei der Partnerschaft mbB gilt an Stelle von § 8 II PartGG die Regelung des § 8 IV PartGG: Bei ihr haftet den Gläubigern für Verbindlichkeiten der Partnerschaft für Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung allein das Gesellschaftsvermögen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Partnerschaft eine zu diesem Zweck durch Gesetz vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung unterhält, § 8 IV 1 PartGG. Der Name der Partnerschaft muss den Zusatz „mit beschränkter Berufshaftung“, die Abkürzung „mbB“ oder eine andere allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung enthalten. Dies ist von Gesetzes wegen indes keine Bedingung für die Qualifikation als Partnerschaft mbB. Wird allerdings eine Partnerschaft mbB ohne den entsprechenden Zusatz in das Partnerschaftsregister eingetragen, können gutgläubige Dritte nach § 15 I HGB i. V. mit § 5 II PartGG in das Schweigen des Partnerschaftsregisters und dem dort nicht eingetragenen, die Haftungsbeschränkung anzeigenden Namenszusatz vertrauen. Dies hat dann zur Folge, dass neben der Partnerschaft auch der oder die befassten Partner i. S. von § 8 II PartGG haften. Der Namenszusatz muss auf den Geschäftsbriefen verwendet werden (§ 7 V PartGG i. V. mit § 125 a I HGB). Jura Intensiv Berufshaftpflichtversicherung Die konkreten Anforderungen an die zu unterhaltende Berufshaftpflichtversicherung i. S. von § 8 IV 1 PartGG regelt dabei nicht das PartGG, sondern die einschlägigen Berufsgesetze. Zusammen mit der Einführung von § 8 IV PartGG wurden entsprechende gesetzliche Regelungen für Rechts- und Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer erlassen (s. § 51 a II BRAO, § 45 a II PatAO, § 67 II StBerG und § 54 WPO i. V. mit § 323 II 1 HGB). Haftpflichtversicherung statt Handelndenhaftung Entspricht das Haftungsregime der hergebrachten Partnerschaft dem einer KG mit wechselndem Kommanditisten, entspricht das Haftungsregime der Partnerschaft mbB dem einer GmbH & Co. KG, wobei an die Stelle der Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 01/2020 Nebengebiete 27 (oftmals nahezu vermögenslosen) Komplementärin ein Versicherer tritt. Der Gesetzgeber kompensiert also die Beschränkung der Haftung für Verbindlichkeiten aus Berufsfehlern durch eine Haftpflichtversicherung. Hierin sieht er eine deutliche Stärkung des Gläubigerschutzes, weil an die Stelle der häufig unsicheren persönlichen Haftung des Handelnden ein verlässlicher Haftpflichtversicherungsschutz tritt. Der Schutz des Mandanten wurde auch schon vor Einführung der Partnerschaft mbB nicht primär durch die Haftung des Rechtsanwalts mit seinem Privatvermögen gewährleistet, sondern durch eine Haftpflichtversicherung. Unter Verbraucherschutzbelangen dürfte die Haftpflichtversicherungssumme in den meisten Fällen höher sein als das Vermögen des oder der jeweiligen handelnden Partner – die Mandanten werden also in den meisten Fällen haftungsmäßig besser gestellt. Dem Geschädigten ist sicherlich mit einem hohen Versicherungsschutz mehr gedient als mit einer persönlichen Haftung. SACHVERHALT Die Parteien streiten um anwaltliche Fehler in einer baurechtlichen Sache. Die klagende Frau hatte dafür eine Anwaltskanzlei mandatiert, wo der später beklagte Partner zunächst mit der Sache betraut war und die vorprozessuale Beratung übernahm. Dabei riet er seiner Mandantin von der Erhebung einer Klage ab. Schließlich gab er das Mandat an einen anderen Kanzleipartner ab und versicherte dabei nach Angaben der Frau, er werde die Bearbeitung überwachen. Im weiteren Verlauf wurde schließlich doch noch Klage für die Frau erhoben. Wegen mutmaßlich unsachgemäßer Prozessführung aber verklagte die Mandantin schließlich beide Partner auf Zahlung von etwa 60.000 € nebst Zinsen und Kosten. Die Klage wurde vom LG abgewiesen, auch die Berufung hatte keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nur hinsichtlich des erstberatenden Partners zugelassen. Das OLG hatte sich auf die nicht beanstandete Bewertung des LG gestützt, wonach der Anwalt richtigerweise von der Erhebung einer Klage abgeraten habe. Für Fehler, die im Anschluss passiert sein könnten, hafte er nicht. Dafür berief sich das OLG auf § 8 II PartGG. Jura Intensiv LÖSUNG Dem ist der BGH nicht gefolgt. Denn einfach, indem er das Mandat an einen Kollegen abgibt, könne sich ein Kanzleipartner der persönlichen Haftung nicht entziehen. Gemäß § 8 I PartGG haften grundsätzlich alle Partner gesamtschuldnerisch für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, Abs. 2 bildet eine Ausnahmevorschrift für den Fall, dass einzelne Partner allein einen Auftrag bearbeiten. Doch wenn ein Partner zunächst mit berät und dann aussteigt, kann davon nach BGH nicht mehr die Rede sein: Er hat die Erfolgsaussichten der von der Klägerin beabsichtigten Klage geprüft und von der Erhebung einer entsprechenden Klage abgeraten. Ob sein Rat, keine Klage zu erheben, der Sach- und Rechtslage entsprach und ob er danach nicht mehr, auch nicht beratend oder überwachend, in der fraglichen Bausache tätig geworden ist, ist unerheblich. Die Vorschrift des § 8 PartGG ordne kein Ende der Haftung eines Partners an und es gebe auch keinen Grund für eine teleologische Reduktion. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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