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RA Digital - 01/2022

Die Ausbildungszeitschrift von Jura Intensiv.

Editorial

Editorial RA 01/2022 schreien uns hingegen aus den Zeilen an, welche die Frage betreffen, o b d ie m iteinander verbundenen beweglichen Sachen gem. §§ 93, 947 BGB wesentliche Bestandteile einer zusammengesetzten Sache wurden und dadurch ihre Sonderrechtsfähigkeit verloren haben. Die im Urteil getroffenen Abgrenzungen sind sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht sehr praxisrelevant und werden mit großer Wahrscheinlichkeit schon bald auch den Prüfungsstoff bereichern. Ob sie tauglich sind, wird ihre Anwendung in der Praxis zeigen. Man hat schon leichtere Kost aus Karlsruhe serviert bekommen, jedoch wächst der Mensch bekanntlich mit seinen Aufgaben. Äußerst examensrelevant sind beide Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur „Bundesnotbremse“. Ihre Darstellung und Besprechung muss in dieser Ausgabe der RA einen solchen Umfang einnehmen, dass der Referendariatsteil im Öffentlichen Recht ausnahmsweise entfällt. Nehmen Sie sich die gebotene Zeit, um die Beschlüsse auf den Seiten 29 und 39 aufmerksam und mit viel Ruhe zu lesen. Die herausragende Examensrelevanz ergibt sich für Sie nicht nur wegen der Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit, sondern auch wegen der zahlreichen Probleme aus dem Staatsorganisationsrecht, insbesondere der Gesetzgebungskompetenz, dem Gesetzgebungsverfahren und dem Gewaltenteilungsgrundsatz. Die Redaktion der RA wünscht Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ein frohes neues Jahr 2022. Rechtsanwalt Oliver Soltner Franchisenehmer von Jura Intensiv Frankfurt, Gießen, Heidelberg, Mainz, Mannheim und Marburg IMPRESSUM Herausgeberin: Chefredaktion: Redakteure: Bezugspreis: Werbung: Jura Intensiv Jura Intensiv Verlags UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, Duisburger Straße 95, 46535 Dinslaken, Tel.: 02064/8275757 Internet: verlag.jura-intensiv.de - E-Mail: info@verlag.jura-intensiv.de Rechtsanwalt Oliver Soltner (V.i.S.d.P.) Rechtsanwalt Oliver Soltner & Rechtsanwalt Dr. Dominik Jan Sauer, LL.M. (Zivilrecht) Assessor Dr. Dirk Schweinberger (Nebengebiete) Rechtsanwalt Dr. Dirk Kues (Öffentliches Recht) Rechtsanwalt Uwe Schumacher (Strafrecht) Printausgabe: 6,50 Euro/Heft. 12 Hefte pro Jahr. Ermäßigungen für Abonnenten. Digitalausgabe: 5,99 Euro/Heft. Die RA steht externer Werbung offen. Mediadaten sind unter info@verlag.jura-intensiv.de erhältlich. Inhaltsverzeichnis

RA 01/2022 ZIVILRECHT Zivilrecht 1 Problem: Widerruf eines Vertrages zum Einbau eines Kurventreppenliftes Einordnung: Schuldrecht BGH, Urteil vom 20.10.2021 I ZR 96/20 (abgewandelt) EINLEITUNG Wer in Corona-Zeiten das Pech hat, den Lebensabend im Altenheim erleben zu müssen, kann nicht nur am Virus, sondern wegen der Kontaktbeschränkungen auch an Einsamkeit sterben. Glücklich ist, wer einen Kurventreppenlift hat und dadurch die Wohnzeit im eigentlich nicht seniorengerechten Einfamilienhaus bis ins 10. Lebensjahrzehnt verlängern kann. Es ist davon auszugehen, dass die im hier vorgestellten Fall des BGH aufgeworfenen rechtlichen Fragen viele Menschen betreffen werden. Die Einkleidung des Originalfalles – Wettbewerbsrecht – eignet sich nicht zu Prüfungszwecken außerhalb des Assessorexamens, weshalb wir redaktionell den Fall auf die Bedürfnisse des Studiums angepasst haben. SACHVERHALT B vertreibt Treppenlifte in verschiedenen Varianten. Für gerade verlaufende Treppen können gerade Lifte erworben werden. Der Modularlift hingegen besteht aus zusammengesetzten, als Standardbauteile gelieferten Schienen (Modulen), mit denen auch um eine Kurve gebaut werden kann. Dieses System ist auch für kurvenförmig verlaufende Treppen geeignet. Eine weitere Variante, der Kurventreppenlift, umfährt mit individuell angefertigten Schienen Kurven im Treppenhaus. Verbraucher werden von K hinsichtlich des Widerrufsrechts in Bezug auf den Erwerb der Kurventreppenlifte wie folgt belehrt: Jura Intensiv „Bei Kurventreppenliften werden in der Regel die Schienen für eine Treppenliftanlage individuell geformt und exakt an die Gegebenheiten vor Ort angepasst. Ein Widerrufsrecht wird daher vom Gesetzgeber für individuell gefertigte Kurventreppenlifte ausgeschlossen. Ausnahme: Bei unserem Kurventreppenlift-Modell V. bleibt für Sie das gesetzlich vorgesehene 14-tägige Widerrufsrecht bestehen.“ K erwarb von B einen anderen Kurventreppenlift als das Modell V. Der Vertrag wurde im Eigenheim der K geschlossen. K erbrachte eine Anzahlung von 1.000 €. Eine Woche später widerrief K gegenüber B den Vertrag gem. § 312, 312b, 312g, 355 BGB. Nun verlangt sie gem. § 355 III BGB von B die Rückzahlung der 1.000 €. B vertritt die Auffassung, dass K gem. § 312g II Nr. 1 BGB kein Widerrufsrecht zustehe, weil es sich um einen Werklieferungsvertrag handele, bei dem die gelieferten Waren individuell auf die Bedürfnisse der K zugeschnitten worden seien. Zu Recht? LEITSÄTZE 1. Ein Vertrag über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts mit einer individuell erstellten, an die Wohnverhältnisse des Kunden angepassten Laufschiene ist ein Werkvertrag. Wird ein solcher Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen mit einem Verbraucher geschlossen, steht diesem ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zu, weil der in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB vorgesehene Ausschluss dieses Rechts Werkverträge nicht erfasst. 2. Die werbliche Angabe eines Anbieters von Treppenliften, im Falle eines Kurventreppenlifts mit individuell geformten und an die Gegebenheiten vor Ort angepassten Laufschienen bestehe kein Widerrufsrecht des Verbrauchers, begründet Erstbegehungsgefahr für einen Verstoß gegen die Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB gemäß § 312d Abs. 1 und Art. 246a Abs. 2 Nr. 1 EGBGB. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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