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RA Digital - 01/2023

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34 Öffentliches Recht

34 Öffentliches Recht RA 01/2023 Feststellungsklage, § 43 I VwGO Definition „Rechtsverhältnis“ (vgl. Kues/Schildheuer, JURA INTENSIV Verwaltungsprozessrecht, Rn 283) Zum Prüfungsaufbau: Die Subsidiarität gem. § 43 II VwGO kann hier oder in einem separaten Prüfungspunkt angesprochen werden. Definition „berechtigtes Interesse“ (vgl. Kues/Schildheuer, JURA INTENSIV, Verwaltungsprozessrecht, Rn 291) Vergangenes Rechtsverhältnis • Übertragung der Fallgruppen der FFK Hier: Wiederholungsgefahr II. Statthafte Klageart Die statthafte Klageart richtet sich nach dem klägerischen Begehren, § 88 VwGO. K begehrt mit ihrem Hauptantrag die Feststellung, dass die Beklagte durch die umstrittene Pressetätigkeit des BVerfG ihre verfassungsmäßigen Rechte verletzt hat. Für dieses Begehren könnte die Feststellungsklage gem. § 43 I VwGO die statthafte Klageart sein. Das verlangt einen Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses. Unter „Rechtsverhältnis“ sind die aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache zu verstehen. „Dies ist hier der Fall. Zwar sind abstrakte Rechtsfragen nicht feststellungsfähig. Vorliegend begehrt die Klägerin aber nicht die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage, sondern in Bezug auf einen konkreten Vorfall und damit einen überschaubaren Sachverhalt - die am 08.06.2020 erfolgte Übermittlung der zu der Entscheidung in dem Organstreitverfahren 2 BvE 1/19 ergangenen Pressemitteilung am Vorabend der Entscheidungsverkündung an die ... - die Feststellung, dass das Bundesverfassungsgericht durch diese Praxis ihre verfassungsmäßigen Rechte verletzt hat. Es besteht also zwischen den Beteiligten jedenfalls ein Meinungsstreit über die Rechte und Pflichten des Bundesverfassungsgerichts im Zusammenhang mit einem konkreten (vergangenen) Prozessrechtsverhältnis, an dem auch die Klägerin beteiligt war.“ Somit ist die Feststellungsklage gem. § 43 I VwGO die statthafte Klageart. III. Feststellungsinteresse Gem. § 43 I VwGO muss K ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung haben. Das verlangt ein schutzwürdiges Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. „In Fallkonstellationen, in denen - wie hier - ein vergangenes Rechtsverhältnis streitgegenständlich ist, gelten insoweit zwar die erhöhten Anforderungen des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Die von der Klägerin geltend gemachte Wiederholungsgefahr ist indes […] nicht ernstlich zweifelhaft. Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich deutlich gemacht, auch in der Zukunft an seiner Praxis der Vorabübermittlung seiner Pressemitteilungen an Vollmitglieder der ... ohne gleichzeitige Übermittlung auch an die Prozessparteien festhalten zu wollen. […] Es ist […] ohne weiteres möglich und auch wahrscheinlich, dass die Klägerin als u.a. im Bundestag vertretene politische Partei auch in Zukunft an Rechtsstreitigkeiten vor dem Bundesverfassungsgericht beteiligt sein wird. […]“ Jura Intensiv Mithin weist K das erforderliche berechtigte Interesse gem. § 43 I VwGO auf. Vgl. etwa BVerwG Urteil vom 19.11.2015, 2 A 6.13, juris Rn 15 m.w.N. (strittig, vgl. zum Streitstand Kues/Schildheuer, JURA INTENSIV Verwaltungsprozessrecht, Rn 292) IV. Klagebefugnis Möglicherweise muss K analog § 42 II VwGO auch klagebefugt sein. „Die Klagebefugnis ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer sich anschließt, zur Vermeidung von Popularklagen auch im Falle der allgemeinen Feststellungsklage erforderlich. […] Eine Verletzung in eigenen Rechten ist […] jedenfalls offensichtlich ausgeschlossen, soweit die Klägerin sich auf die Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgebotes und des Gebotes der staatlichen Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 01/2023 Öffentliches Recht 35 Neutralität im privaten beruflichen Wettbewerb (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie die Presse- und Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) der anderen, nicht in der ... vertretenen Pressevertreter beruft. Die Klägerin ist weder selbst Presseorgan und damit schon nicht Trägerin des Grundrechts der Presseund Rundfunkfreiheit […], noch steht sie selbst in einem an Art. 3 Abs. 1 GG zu messenden beruflichen Wettbewerb mit den in der ... zusammengeschlossenen Pressevertretern, so dass […] nicht ersichtlich ist, woraus eine Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten insoweit folgen sollte.“ Klägerin kein Presseorgan, daher Art. 3 I, 5 I 2 GG evident nicht verletzt. Möglicherweise kommt aber eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I 1 GG in Betracht. „Die Klägerin kann sich als (politische) Partei jedenfalls nicht auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht der natürlichen Personen berufen, die sie im streitgegenständlichen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht […] vertreten haben. […] Denn insoweit beruft sie sich nicht auf eigene, sondern auf fremde Rechte, was § 42 Abs. 2 VwGO gerade ausschließt. […] Etwas anderes gilt auch nicht deswegen, weil die Vertreter der Klägerin als natürliche Personen selbst nicht Partei eines Organstreitverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht sein können. Eine daraus resultierende, mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbare „Rechtsschutzlücke“ vermag die Kammer entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin insoweit nicht zu erkennen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb eine eigene Feststellungsklage der genannten Personen in Bezug auf die behauptete Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus diesem Grunde ausgeschlossen sein sollte. […] Auch die Klägerin selbst ist durch die Vorabüberlassung der Pressemitteilung im Organstreitverfahren 2 BvE 1/19 an die ... offensichtlich nicht in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden. […] Der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts garantiert zwar die erforderliche Freiheit bei der Darstellung der eigenen Person gegenüber Dritten und in der Öffentlichkeit. […] Allerdings reicht der Schutz dieses Grundrechts nicht so weit, dass es dem Einzelnen einen Anspruch darauf verliehe, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie er sich selber sieht oder von anderen gesehen werden möchte. Er wird durch das Grundrecht lediglich vor verfälschenden oder entstellenden Darstellungen seiner Person geschützt, die von nicht ganz unerheblicher Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung sind. Jura Intensiv Nach diesen rechtlichen Maßstäben vermag die Kammer bereits nicht zu erkennen, dass es aufgrund der Vorabüberlassung der Pressemitteilung an Journalisten der ... […] zu einer medialen Darstellung der Klägerin […] gekommen wäre, die sich in ehrenrühriger Weise abträglich auf ihr Bild in der Öffentlichkeit ausgewirkt hätte. […] Zum einen hat die Klägerin […] keinen einzigen konkreten Medienbericht vorgelegt oder benannt, der eine derartige Berichterstattung belegen würde […]. Zum anderen ist […] auch nicht ersichtlich, dass eine solche Berichterstattung, selbst wenn sie das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin […] beeinträchtigt hätte, kausal auf die Tatsache zurückzuführen gewesen wäre, dass die diese verantwortenden Journalistinnen und Journalisten einige Stunden früher als die Klägerin selbst über die Pressemitteilung verfügt haben.“ Rechte der Prozessvertreter sind keine eigenen Rechte der Klägerin. Prozessvertreter müssen ihr APR selbst klageweise geltend machen. Klägerin auch nicht selbst im APR betroffen. Sachlicher Schutzbereich des APR Kein Anspruch auf positive, sondern nur Schutz vor verfälschender Darstellung. Subsumtion: Keine verfälschende Darstellung der Klägerin durch die Pressemitteilung des BVerfG. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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