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RA Digital - 02/2016

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76 Referendarteil:

76 Referendarteil: Zivilrecht RA 02/2016 Keine gesetzliche Vertretungsmacht mehr und kein Anzeichen für Vertretung. Prozessverhalten im vorangegangenen Verfahren kein Indiz, insbesondere, da Entscheidung durch VU erging Fassen Sie sich bei den Nebenentscheidungen kurz! geleistet hat. Vielmehr ist ebenso plausibel, dass die Einholung der Unterschrift des Beklagten schlicht vergessen worden ist, weshalb es bislang an der erforderlichen Annahmeerklärung des Beklagten fehlt. Der Beklagte war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits volljährig, so dass seine Mutter nicht über eine gesetzliche Vertretungsmacht nach § 1629 BGB verfügte. Es fehlt auch an einem ausdrücklichen Vertretungszusatz („i.V.“). Der Kläger hat lediglich vorgetragen, dass „ausweislich des Mietvertrags und Vertragsverhandlungen auch mit dem Beklagten (dieser) und seine Mutter zusammen Mieter des abgeschlossenen Mietvertrages sein (sollten), den die Mutter des Beklagten für diesen als dessen Vertreterin mitunterschrieben“ habe. Hieraus lässt sich jedoch nicht nachvollziehen, weshalb die Mutter den Mietvertrag auch für den Beklagten unterschrieben haben soll, ohne dass sich dies aus der Urkunde, etwa durch einen Vertretungszusatz, ergibt. Der Kläger hat auch nicht schlüssig dargelegt, ob und wodurch bei den Vertragsverhandlungen deutlich geworden ist, dass auch der Beklagte (Mit-) Mieter werden solle. Auch der vom Kläger weiter hervorgehobene Umstand, dass sich der Beklagte in dem vorangegangenen Rechtsstreit, in dem es nicht nur um Räumung, sondern auch um Zahlung restlicher Nebenkosten ging, nicht auf die fehlende Mietereigenschaft berufen habe, stellt kein aussagekräftiges Indiz für die Passivlegitimation des Beklagten dar, weil das Verfahren mit einem Versäumnisurteil gegen den Beklagten beendet worden ist. Die Rechtskraft dieses Urteils erstreckt sich ohnehin nicht auf die Mietereigenschaft des Beklagten. Ob der Beklagte zumindest für die geltend gemachten Ansprüche auf Nutzungsersatz und Schadensersatz wegen der Beschädigung der Mietwohnung passivlegitimiert ist, kann im Ergebnis dahinstehen, denn jedenfalls fehlt es wie oben dargelegt an einer entsprechenden Aktivlegitimation des Klägers. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 708 Nr. 11 ZPO. FAZIT Die Entscheidung ist nicht nur im Hinblick auf die fehlende Substantiierung und die Rolle des § 141 ZPO lesenswert. Sie zeigt darüber hinaus für die Anfertigung von Schriftsätzen innerhalb von Anwaltsklausuren, wie wichtig substantiierter Vortrag im Zivilprozess ist. Der Kläger unterlag hier nicht aus rechtlichen Gründen. Er verlor auch nicht, weil es ihm nicht gelungen war, die entscheidenden Tatsachen zu beweisen. Allein handwerkliche Defizite in der Klageschrift besiegelten seine Niederlage. Achten Sie deshalb bei der Formulierung von Schriftsätzen darauf, nicht nur Rechtsbehauptungen aufzustellen, sondern diese auch mit entsprechenden Tatsachen zu unterfüttern, die den Schluss auf die begehrte Rechtsfolge zulassen. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis

RA 02/2016 Referendarteil: Zivilrecht 77 Problem: Mangelhaftigkeit eines Motorradhelms Einordnung: Kaufmangelrecht, Produkthaftung OLG Brandenburg, Urteil vom 14.12.2015 1 U 8/13 EINLEITUNG Erfahrene Richter wissen: In der Praxis liegen die Probleme eines Falles häufiger im Bereich des Tatsächlichen, als im Rechtlichen. Beweiserhebung und Beweiswürdigung machen einen erheblichen Teil der richterlichen Tätigkeit aus. Dies zeigt die Entscheidung des OLG Brandenburg sehr anschaulich. Die Antworten auf die aufgeworfenen rechtlichen Fragen zum Verbrauchsgüterkauf und zur Produkthaftung werden knapp beantwortet und treten im Vergleich zur sehr ausführlichen Würdigung des Sachverständigengutachtens in den Hintergrund. Nicht berücksichtigt hat das Gericht die Entscheidung des EuGH, RA 2015, 355 zu Art. 5 III der Richtlinie 1999/44/EG. Nach dieser im obigen Urteil nicht erwähnten Entscheidung fordert die Richtlinie gerade nicht, dass der Verbraucher einen Grundmangel darlegen und beweisen muss. Die Auswirkungen auf § 476 BGB hat das OLG Brandenburg nicht erörtert. TATBESTAND Der Kläger begehrt die Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfall, bei dem er mit seinem Moped stürzte und schwer verletzt wurde. Im August 2008 erwarb der Kläger in einer Niederlassung der Beklagten einen Motorradhelm (Diabolo Integralhelm ATU-​Nr. I C 0566 High Performance Helmet). Am 06.04.2009 fuhr er mit dem Moped Simson auf dem …-​Damm in S… mit einer Geschwindigkeit von maximal 50 km/h. Dabei trug er den Motorradhelm. Aus ungeklärten Umständen stieß er während dieser Fahrt mit dem Vorderrad seines Mopeds an die rechte Bordsteinkante. Er kam von der Fahrbahn ab und prallte mit dem Kopf gegen eine Straßenlaterne. Der Schutzhelm wurde dabei beschädigt, der Kläger schwer verletzt. Jura Intensiv Der Kläger begehrt von der Beklagten Schmerzensgeld und Schadenersatz. Er behauptet, der von der Beklagten erworbene Helm sei mangelhaft gewesen, ein solcher Helm hätte bei einem Unfall, wie dem geschilderten, nicht brechen dürfen. Aus dem Umstand, dass der Helm beschädigt und der Kläger am Kopf verletzt wurde, ergebe sich, dass der Helm nicht den nach Vertrag und Verwendungszweck vorauszusetzenden Schutz geboten habe. Die Beklagte habe den Helm als „Integralhelm aus schlagfestem ABS, geprüft nach ECE 22.05“ veräußert. Die nach der ECE-​Norm 22.05 geforderte Verteilung auftreffender Kräfte habe der Helm nicht ausreichend geboten. Dies habe zu den Verletzungen und weiteren Folgen bei dem Kläger geführt. LEITSÄTZE (DER REDAKTION) 1. Die Vermutung des § 476 BGB setzt einen binnen sechs Monaten seit Gefahrübergang aufgetretenen Sachmangel voraus und enthält eine lediglich in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass dieser Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag. 2. Es gelang dem Kläger nicht zu beweisen, dass der streitgegenständliche Helm im Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelhaft oder mit einem Fehler behaftet war. Halten Sie den Tatbestand möglichst knapp! Wegen der Klageabweisung waren nähere Ausführungen zu den Verletzungen des Klägers nicht nur verzichtbar, sondern sogar überflüssig. Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird und mindestens 12.500,- € beträgt, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2011 sowie weitere 837,52 € zu zahlen und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm jeden weiteren Schaden zu Inhaltsverzeichnis

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