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RA Digital - 02/2016

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Editorial

Editorial RA 02/2016 neuer Wohnungen verplant hatte. Die Stadt wollte in ihr nunmehr Flüchtlinge unterbringen. Immerhin sollten 4 Euro pro Quadratmeter an den Eigentümer gezahlt werden. Mehr war nicht drin, denn die nicht unerheblichen Kosten zur Renovierung der abgeranzten Immobilie musste die Stadt ja auch noch aufbringen, damit das Bewohnen Menschen überhaupt zugemutet werden konnte. Dass kein spezielles Gesetz einschlägig war, welches die Behörde zur Beschlagnahme ermächtigte, störte diese allerdings nicht. Schließlich hat Niedersachsen für den Fall der Fälle eine Generalklausel, mit der geübte Juristen virtuos jonglieren können. Sie heißt § 11 Nds. SOG. Dumm nur, dass bei Eingriffen in Grundrechte, hier Art. 14 GG, hohe Anforderungen zu stellen sind. Diese sah die Behörde allerdings als gegeben an. Zur Begründung ließ die Behörde verlauten, die zur Verfügung stehenden Jugendherbergen und günstigen Hotelzimmer würden für sozial schwache Touristen gebraucht. Andernfalls würde der Tourismus in Lüneburg leiden. Ob der Entscheider auch seine eigene Liegenschaft für Flüchtlinge geopfert hätte? Vermutlich nicht, denn was meins ist, ist meins, was aber deins ist, gehört uns allen. Was das OVG zu dieser wohl nur für echte Gutmenschen nachvollziehbaren Begründung zu sagen hatte, erfahren Sie auf Seite 85 in dieser Ausgabe der RA. Sie können davon ausgehen, dass dieser Beschluss des OVG von allen Entscheidungsträgern in allen Bundesländern gelesen wird, die vergleichbare Maßnahmen planen. Auch deshalb ist die Entscheidung aus Lüneburg ein heißer Examenstipp. Rechtsanwalt Oliver Soltner Franchisenehmer von Jura Intensiv Frankfurt, Gießen, Heidelberg, Mainz, Mannheim, Marburg und Saarbrücken IMPRESSUM Herausgeberin: Chefredaktion: Redakteure: Chef vom Dienst: Bezugspreis: Werbung: Jura Intensiv Verlags UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, Rathausplatz 22, 46562 Voerde, Tel.: 02855/96171-80; Fax: 02855/96171-82 Internet: http://www.verlag.jura-intensiv.de - E-Mail: verlag@jura-intensiv.de Rechtsanwalt Oliver Soltner (V.i.S.d.P.) Theresa Bauerdick & Richterin am Amtsgericht Dr. Katharina Henzler (Zivilrecht) Assessor Dr. Dirk Schweinberger (Nebengebiete) Rechtsanwalt Dr. Dirk Kues (Öffentliches Recht) Rechtsanwalt Uwe Schumacher (Strafrecht) Ines Susen Printausgabe: 6,50 Euro/Heft. 12 Hefte pro Jahr. Ermäßigungen für Abonnenten. Digitalausgabe: 5,99 Euro/Heft. Die RA steht externer Werbung offen. Mediadaten sind unter verlag@jura-intensiv.de erhältlich. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis

RA 02/2016 ZIVILRECHT Zivilrecht 57 Problem: Schriftformerfordernis bei Mieterhöhungen unabhängig von der prozentualen oder absoluten Höhe Einordnung: Mietrecht BGH, Urteil vom 25.11.2015 XII ZR 114/14 EINLEITUNG Im Mietrecht spielt § 550 BGB, der bei Geschäftsräumen i.V.m. § 578 BGB anwendbar ist, eine nicht zu unterschätzende Rolle. Befristete Mietverträge bedürfen der Schriftform, wenn sie länger als ein Jahr laufen sollen. Wird diese Form nicht eingehalten, wandelt § 550 BGB den befristeten Mietvertrag in einen unbefristeten um. Hierdurch wird der Vertrag plötzlich zum Ablauf des ersten Jahres kündbar. Im Geschäftsraummietrecht tragen Vermieter in der Regel die Kosten des Aus- oder Umbaus bei Vertragsschluss. Um den Rückfluss ihrer Investitionen zu sichern, schließen sie Mietverträge mit langer Laufzeit. Eine Verkürzung der Mietzeit auf ein Jahr und die dann mögliche ordentliche Kündigung des Vertrages suchen sie durch gewissenhafte Einhaltung des § 550 BGB zu vermeiden. Ob und inwieweit § 550 BGB bei nachträglichen Mieterhöhungen gilt, steht im Mittelpunkt der folgenden Entscheidung. SACHVERHALT (LEICHT ABGEWANDELT) Anfang des Jahres 2001 mietet M zum Betrieb seiner Zahnarztpraxis Räume im Erdgeschoss eines Anwesens des V an. Da M seine Praxis vergrößern möchte, schließen beide am 02.05.2005 einen neuen schriftlichen Mietvertrag, der neben den Erdgeschossräumen auch die Räume im ersten Obergeschoss umfasst. Als Vertragsende ist der 30.04.2020 vorgesehen. Der monatliche Mietzins beträgt 1.350,- €. Knapp acht Monate nach Vertragsabschluss vereinbart M mit V mündlich, dass die monatliche Miete ab dem 01.01.2006 um 20,- € auf 1.370,- € erhöht werden soll und vermerkt dies auf seinem Mietvertragsexemplar. Am 20.02.2014 erklärt M gegenüber V die ordentliche Kündigung zum 31.07.2014. V verlangt von M auch im August 2014 Zahlung des Mietzins i.H.v. 1.370,- €. Zu Recht? Jura Intensiv LEITSÄTZE 1. Die Änderung der Miethöhe stellt stets eine wesentliche und - jedenfalls soweit sie für mehr als ein Jahr erfolgt und nicht jederzeit vom Vermieter widerrufen werden kann - dem Formzwang des § 550 S. 1 BGB unterfallende Vertragsänderung dar. 2. Zur Frage, wann eine Vertragspartei nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB gehindert ist, sich auf einen Schriftformmangel zu berufen. LÖSUNG A. Anspruch des V gegen M auf Zahlung von 1.370,- € gem. § 535 II BGB V könnte gegen M einen Anspruch auf Zahlung des Mietzins i.H.v. 1.370,- € für den August 2014 gem. § 535 II BGB haben. I. Mietvertrag vom 02.05.2005 Am 02.05.2005 haben sich V und M darüber geeinigt, dass V dem M gegen Zahlung eines Entgelts i.H.v. 1.350,- € Räume im Erd- und ersten Obergeschoss seines Anwesens für den Betrieb einer Zahnarztpraxis überlässt. Mithin haben sie einen Mietvertrag gem. § 535 BGB über Geschäftsräume geschlossen. Als Vertragsende ist der 30.04.2020 vorgesehen. Das für eine solche Befristung notwendige Schriftformerfordernis gem. § 550 S. 1, 578 I BGB wurde gewahrt. Das Mietverhältnis kann damit nicht mehr vor Ablauf des vereinbarten Zeitraums gem. § 542 BGB ordentlich gekündigt werden. Wirksamer Mietvertrag unter Einhaltung der Schriftform gem. §§ 550 S. 1, 578 I BGB geschlossen Inhaltsverzeichnis

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