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RA Digital - 02/2017

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70 Zivilrecht

70 Zivilrecht RA 02/2017 LÖSUNG A. K gegen B auf Rückzahlung des Kaufpreises gem. § 812 I 1 BGB K könnte gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gem. § 812 I 1 BGB haben. Lies zum Streitstand, was das erlangte Etwas ist: RA 2016, 394 I. Etwas erlangt Dazu müsste B etwas erlangt haben. Darunter ist jeder vermögenswerte Vorteil zu verstehen. Vorliegend hat K dem B den Kaufpreis i.H.v. 330.000 € auf dessen Girokonto überwiesen. Damit hat B gem. § 675t I 1 BGB einen Auszahlungsanspruch gegen seine kontoführende Bank erlangt. II. Durch Leistung des K Dies müsste auch durch Leistung des K erfolgt sein. Unter Leistung versteht man jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens zur Erfüllung einer vermeintlich bestehenden Verbindlichkeit. Vorliegend bezweckte K mit der Überweisung die Erfüllung der aus § 433 II BGB folgenden Pflicht zur Kaufpreiszahlung. Eine Leistung liegt damit vor. III. Ohne Rechtsgrund Schließlich müsste dies auch ohne Rechtsgrund erfolgt sein. Am 10.04.2015 schlossen K und B einen Kaufvertrag über einen Daimler Benz 280 SE, Typ W 111, Baujahr 1971. Dieser wäre ein Rechtsgrund zum Behaltendürfen des Erlangten. Fraglich ist aber die Wirksamkeit des Vertrages. K könnte seine zum Vertragsschluss führende Willenserklärung nämlich wirksam angefochten haben. Dies hätte gem. § 142 I BGB zur Folge, dass sie und der Vertrag als von Anfang an nichtig anzusehen sind. 1. Anfechtungserklärung Mit Anwaltsschreiben vom 27.04.2015 hat K gegenüber B gem. § 143 I, II Alt. 1 BGB die Anfechtung erklärt. 2. Arglistige Täuschung Als Anfechtungsgrund kommt hier eine arglistige Täuschung gem. § 123 I Alt. 1 BGB in Betracht. Eine solche liegt vor, wenn jemand bei einem anderen vorsätzlich einen Irrtum hervorruft, um ihn zur Abgabe einer Willenserklärung zu veranlassen. Jura Intensiv Tachomanipulation stellt eine arglistige Täuschung des B gem. § 123 I Alt. 1 BGB dar „II.1.b) B hat im Kaufvertrag zumindest ins Blaue hinein eine unzutreffende Gesamtlaufleistung angegeben und dadurch den Kläger arglistig getäuscht (§ 123 BGB).“ „II.1.b) (1) Ausweislich des an den B adressierten Gutachtens der Dekra vom 12.04.2010 zur Wiederinbetriebnahme wies das streitgegenständliche Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt einen Kilometerstand von 30.483 km auf.“ „II.1.b) (2) Ohne Erfolg wendet B ein, er habe im Kaufvertrag keine Gesamtfahrleistung angegeben. An dem unter Ziffer 2.4. des Vertragsformulars vorgedruckten Text „dass das Kfz - soweit ihm bekannt - eine Gesamtfahrleistung von … aufweist“ hat B nichts geändert oder gestrichen, sondern nur die Zahl in die vorgesehene Lücke eingetragen und handschriftlich hinzugefügt „nur Testfahrten“. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2017 Zivilrecht 71 „II.1.b) (3) Soweit B meint, die Angabe von nur 50 km habe von K nicht als Gesamtfahrleistung des über 40 Jahre alten Fahrzeugs verstanden werden können, folgt der Senat dem nicht. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass gerade ein Fahrzeug wie das streitgegenständliche aufgrund besonderer Umstände über Jahrzehnte hinweg nicht gefahren wird. Das gilt umso mehr, als dieser Fahrzeugtyp - wie von B im Inserat hervorgehoben - nur in geringer Stückzahl hergestellt worden ist. Die Darlegungen des B zur üblichen Laufleistung von Kraftfahrzeugen führen nicht weiter, denn die für eine Vielzahl von Fahrzeugen anzunehmenden Erfahrungs- und Durchschnittswerte zur Laufleistung schließen nicht aus, dass in einem besonders gelagerten Einzelfall eine außergewöhnliche Abweichung von diesen Werten vorliegt. Überdies hat B das Fahrzeug im Inserat als „vergleichbar einem Neufahrzeug“ beschrieben, das „es in dieser Qualität in Deutschland wahrscheinlich nicht mehr geben“ werde. K musste auch nicht aus dem Umfang der beschriebenen Restaurierungsarbeiten den Schluss ziehen, dass das Fahrzeug eine weitaus höhere Gesamtlaufleistung aufweise als von B im Vertrag angegeben, denn aus der Darstellung der durchgeführten Arbeiten geht nicht hervor, ob diese durch nutzungsbedingten Verschleiß oder Alterung bzw. Standzeit bedingt waren.“ „II.1.b) (4) B kann sich nicht darauf berufen, dass ihm der im April 2010 angezeigte Tachostand nicht mehr erinnerlich gewesen sei. Er ist dafür verantwortlich, dass seine Erklärungen im Vertrag vollständig und richtig sind, und hat ggf. eine eingeschränkte Erinnerung durch einen Blick in die Unterlagen zu dem Fahrzeug aufzufrischen. Das gilt umso mehr, als nach dem eigenen Vortrag des B der Tachostand im Zuge der von ihm veranlassten Restaurierungsarbeiten auf „0“ gesetzt wurde. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der (fünfstellige) Tacho möglicherweise auch vor der Herabsetzung des Kilometerstandes auf „0“ nicht die wahre Gesamtlaufleistung wiedergegeben hat. „II.1.b) (5) Die Laufleistung des Fahrzeugs kann bei dem streitgegenständlichen Oldtimer nicht als für den Kaufentschluss unerheblicher Umstand angesehen werden, was dem B auch bewusst sein musste. Es mag sein, dass bei Sammlerfahrzeugen der bisherigen Laufleistung als wertbildendem Faktor nicht dieselbe Bedeutung zukommt wie bei einem zum täglichen Gebrauch bestimmten Fahrzeug. Das ändert aber nichts daran, dass es sich um einen - möglicherweise weniger gewichtigen - Faktor handelt, der für die Kaufentscheidung Bedeutung haben kann. Das zeigt sich schon daran, dass in den von B verwendeten Formular-Kaufvertrag für den „Verkauf eines historischen Fahrzeugs“ eine Erklärung des Verkäufers zur Gesamtfahrleistung vorgesehen ist. Überdies hat der B in den von ihm eingestellten Inseraten jeweils einen (niedrigen) Kilometerstand angegeben, was ebenfalls belegt, dass dieser durchaus von Interesse ist. Hinzu kommt, dass der B das Fahrzeug im Inserat als „vergleichbar mit einem Neufahrzeug“ beschrieben hat. In diesem Zusammenhang stellt die im Kaufvertrag angegebene außergewöhnlich niedrige Gesamtlaufleistung einen mit dieser Beschreibung korrespondierenden und sie bestätigenden Umstand dar. Zudem hat der Kläger vorgetragen, dass ihm die Laufleistung des Fahrzeugs wichtig gewesen sei.“ Jura Intensiv Auslegung der Angabe „50 km“ Geringe Stückzahl dieses Typs Auf übliche Laufleistung kommt es nicht an. Angaben im Inserat Fehlendes Erinnerungsvermögen vom Tachostand aus dem Jahr 2010 ändert nichts daran Laufleistung ist auch bei Oldtimern nicht ganz unerheblich Kenntnis des richtigen Tachostandes war für K eine wichtige Information hinsichtlich seiner Kaufentscheidung © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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