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RA Digital - 02/2018

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74 Referendarteil:

74 Referendarteil: Zivilrecht RA 02/2018 Hier verwirklicht sich das Risiko, vor dem § 418 BGB schützen will: Ein neuer Schuldner erscheint und fällt kurz darauf in die Insolvenz. Beachten Sie hier die genaue Fassung der Anträge! Bei notariellen Urkunden und bei Grundstücken sind hier besondere Formalien zu beachten. Beachten Sie in den Entscheidungsgründen die Auswirkungen der Klagehäufung. Stellen Sie das Gesamtergebnis voran. Auf die objektive Klagehäufung gem. § 260 ZPO brauchen Sie nicht einzugehen, weil nichts problematisch ist und die beklagte Partei nichts gerügt hat. BGH, Urteil vom 03.11.2015, II ZR 446/13; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 767 Rn 17 BGH, Urteil vom 25.09.2006, II ZR 218/05 BGH, Beschluss vom 09.05.2014, V ZB 123/13 Zur Unwirksamkeit der Zwangsvollstreckung Stöber, ZVG, 21. Aufl., § 26 Rn 2.2 Ein halbes Jahr später fiel auch die K.H. GmbH in die Insolvenz. Ende 2002 wurde die K. GmbH als Eigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen. Am 07.03.2003 erklärten der Insolvenzverwalter der K.H. GmbH und die Klägerin die Auflassung hinsichtlich der nunmehr vermessenen Teilfläche dieses Grundstücks. Im Februar 2005 wurde die K.H. GmbH als Eigentümerin des Grundstücks eingetragen. Die Beklagte betreibt die Zwangsvollstreckung aus den beiden Sicherungsgrundschulden. Am 15.06.2009 wurde die Zwangsversteigerung des Grundstücks angeordnet. Am 01.09.2010 wurde die Klägerin als Eigentümerin der vermessenen Teilfläche des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen. Die Klägerin beantragt, 1. die Zwangsversteigerung aus der notariellen Urkunde des Notars … in … vom … UR.-Nr. … für unzulässig zu erklären, 2. die Beklagte zu verurteilen, eine Löschungsbewilligung für die beiden auf dem Grundstück der Klägerin in … Fl.Nr. … lastenden Grundschulden abzugeben. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die im Antrag zu 1.) erhobene Vollstreckungsabwehrklage ist unzulässig, die im Antrag zu 2.) erhobene Leistungsklage ist zulässig, aber nicht begründet. Die von der Klägerin erhobene Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 I ZPO i.V.m. § 794 I Nr. 5, 795 ZPO ist unzulässig. „I.1. a) Die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO ist von „dem Schuldner“ zu erheben. Die Erhebung der Klage durch den richtigen Kläger, den Vollstreckungsschuldner, betrifft die Prozessführungsbefugnis und ist somit Zulässigkeitsvoraussetzung. Schuldner im Sinne von § 767 ZPO ist derjenige, gegen den sich die Zwangsvollstreckung richtet, der also in dem vollstreckbaren Titel oder in der gegen den Rechtsnachfolger erteilten Vollstreckungsklausel als Schuldner aufgeführt ist. Erklärt - wie hier - der Eigentümer eines Grundstücks in einer notariellen Urkunde, dass er sich und den jeweiligen künftigen Eigentümer wegen des Anspruchs auf Zahlung aus dem Grundstück (§ 1191 f., 1147 BGB) der Zwangsvollstreckung in das Grundstück unterwerfe, so ist er oder der zum Zeitpunkt des Vollstreckungsbeginns eingetragene (Nachfolge-) Eigentümer Vollstreckungsschuldner. Jura Intensiv Wird im Laufe des Vollstreckungsverfahrens ein neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen, hat dies auf den Fortgang des Verfahrens gegen den bei Beschlagnahme des Grundstücks eingetragenen Grundstückseigentümer keinen Einfluss. Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - der Eigentumserwerb auf einem vorgemerkten Anspruch beruht und die Zwangsversteigerung aus einem gegenüber der Vormerkung vorrangigen Recht betrieben wird. Das Verfahren wird unabhängig davon fortgesetzt, ob der Eigentumswechsel Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2018 Referendarteil: Zivilrecht 75 nach Wirksamwerden der Beschlagnahme als Verstoß gegen das Veräußerungsverbot (§ 23 I 1 ZVG) dem Vollstreckungsgläubiger gegenüber unwirksam ist oder ob der Erwerber trotz der Beschlagnahme des Grundstücks im Verhältnis zu dem betreibenden Gläubiger auf der Grundlage von § 878 BGB oder von § 892 BGB wirksam Eigentum erworben hat und daher § 26 ZVG Anwendung findet. Der neue Eigentümer tritt nicht als Vollstreckungsschuldner ein.“ Hiernach ist die Klägerin nicht Schuldnerin im Sinne des § 767 I ZPO. Denn die Zwangsversteigerung des Grundstücks wurde mit Beschluss vom 15.06.2009 angeordnet. Zu diesem Zeitpunkt war noch die K.H. GmbH als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen und damit Vollstreckungsschuldnerin. Die Eintragung der Klägerin als neue Eigentümerin des Grundstücks erfolgte erst am 01.09.2010. Soweit die Klägerin neben der Vollstreckungsabwehrklage gegen die Beklagte außerdem einen Anspruch gemäß § 894 BGB auf Bewilligung der Löschung der beiden Grundschulden geltend macht, ist diese Klage zulässig, aber unbegründet. Ein Löschungsanspruch hinsichtlich der Grundschulden besteht zwar, weil die Beklagte nicht mehr Inhaberin der Grundschulden ist. Denn die Schuldübernahme hat wegen Fehlens der Einwilligung des damaligen Grundstückseigentümers S. dazu geführt, dass die Grundschulden zu Eigentümergrundschulden geworden sind. „I.2. a) Nach einer Schuldübernahme geht eine für die übernommene Schuld bestehende Grundschuld gemäß § 418 I 2 BGB und dem nach § 1192 I BGB auch auf die Grundschuld anwendbaren § 1168 I BGB auf den Grundstückseigentümer über; dies gilt auch, wenn die Sicherheit - wie hier - in einer Sicherungsgrundschuld besteht. Diese Vorschriften finden nach § 418 I 3 BGB aber keine Anwendung, wenn derjenige, welchem der verhaftete Gegenstand zur Zeit der Schuldübernahme gehört, in die Schuldübernahme einwilligt.“ Jura Intensiv Dabei kommt es für die Einwilligung nach § 418 I 3 BGB nicht auf die der K. GmbH als „wirtschaftlicher“ oder „künftiger“ Eigentümerin des Grundstücks an, sondern auf diejenige von S., als dem zum Zeitpunkt der Schuldübernahme im Grundbuch eingetragenen Eigentümer. „I.2.b) aa) Bereits der Wortlaut des § 418 I 3 BGB, wonach die Zustimmung desjenigen maßgeblich ist, dem der verhaftete Gegenstand zur Zeit der Schuldübernahme „gehört“, legt nahe, dass es auf die Einwilligung des eingetragenen Eigentümers ankommt. (…) Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. § 418 I BGB dient dem Schutz des Eigentümers, der im Vertrauen auf die Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft eines bestimmten Schuldners eine Hypothek bzw. Grundschuld bestellt. Er hat ein schutzwürdiges Interesse daran, nicht ohne seinen Willen für einen anderen, möglicherweise unsicheren Schuldner mit seinem Grundstück einstehen zu müssen. Ein gutgläubiger Erwerb des Grundstücks durch einen Dritten ist unbeachtlich für den Fortgang des Vollstreckungsverfahrens; lies hierzu BGH , Beschluss vom 25.01.2007, V ZB 125/05; Stöber, ZVG, 21. Aufl., § 26 Rn 2.9; BGH, Urteil vom 19.11.1987, IX ZR 251/86. Anders verhielte es sich nur, wenn das ursprünglich gegen die K. H. GmbH gerichtete Zwangsversteigerungsverfahren nach der Grundbucheintragung der Klägerin als neuer Eigentümerin und nach Umschreibung der Vollstreckungsklausel gegen diese fortgesetzt worden wäre. Weil in der Zulässigkeit der Leistungsklage nichts problematisch war, werden keine Ausführungen in das Urteil aufgenommen. § 418 BGB schützt den Sicherungsgeber vor einer Risikoerhöhung durch eine Auswechselung des Schuldners. § 418 I 2 BGB wird auf die Sicherungsgrundschuld analog angewendet, weil kein sachlicher Grund besteht, sie im Falle des Schuldnerwechsels anders als die Hypothek zu behandeln, BGH, Urteil vom 03.02.1966, II ZR 176/63 BGH, Urteil vom 08.05.2015, V ZR 56/14, Rn 14 mwNw. Auf die Einwilligung des S. kommt es an! Hier nimmt der BGH eine mustergültige Auslegung anhand der klassischen Auslegungskriterien vor. Sinn und Zweck des § 418 I BGB Schutz vor Schuldnerwechsel © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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