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RA Digital - 02/2019

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RA 02/2019 Referendarteil: Zivilrecht 75 Die Zahlung von 30.000 € durch die Klägerin begründete einen auf die Amtspflichtverletzung des Beklagten zurückzuführenden Schaden, weil es sich bei der von der Klägerin geleisteten Zahlung um den Kostenaufwand handelte, den die Klägerin nach dem Inhalt des Vergleichs vom 02.08.2016 zur Ablösung der durch die Amtspflichtverletzung des Beklagten verursachten Belastung ihres Vermögens mit der Zwangssicherungshypothek des Gläubigers aufwenden musste. Dabei durfte die Klägerin die zur Ablösung der Zwangssicherungshypothek vereinbarte und geleistete Zahlung des Betrages von 30.000,00 € der Höhe nach für erforderlich halten. Es ist nämlich insofern zu berücksichtigen, dass der Umfang der geleisteten Zahlung weit hinter der nominellen Höhe der Zwangssicherungshypothek des Gläubigers, die sich auf einen Betrag von 83.885,40 € belief, zurückblieb. Einem Anspruch der Klägerin auf Ersatz des ihr durch die Zahlung des Betrages von 30.000 € entstandenen Schadens steht nicht entgegen, dass der Klägerin gegen ihren Ehemann die im Urteilstenor im Rahmen der Zug um Zug-Verurteilung bezeichneten Ansprüche auf Erstattung der geleisteten Zahlung zustehen können. Es bedarf insoweit auch keiner Entscheidung, ob die betreffenden Ansprüche tatsächlich bestehen. Der Klägerin können gegenüber ihrem Ehemann in jedem Fall wegen der Erfüllung der nach der Vereinbarung vom 02.08.2016 von den Eheleuten gegenüber dem Gläubiger gesamtschuldnerisch übernommenen Verpflichtung zur Zahlung des Betrages von 30.000 € Ansprüche auf Gesamtschuldnerausgleich gemäß § 426 I BGB zustehen. Gegebenfalls ist dieser sogar zum vollständigen Ausgleich des Aufwandes der Klägerin verpflichtet, weil er als Schuldner der durch die Zwangssicherungshypothek an dem Grundstück der Klägerin gesicherten Forderung des Gläubigers den Umständen nach im Innenverhältnis zur Klägerin vorrangig zur Befriedigung des Gläubigers verpflichtet war. Jura Intensiv Im Hinblick auf den vom Beklagten wegen der Forderungen der Klägerin gegen ihren Ehemann erhobenen Einwand einer Subsidiarität seiner Haftung nach § 19 I 2 BNotO kann offen bleiben, ob bereits das rechtskräftige Feststellungsurteil dies ausschließt, weil das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit eine zur Klagebegründung gehörende Voraussetzung für die festgestellte Haftung des Beklagten wegen einer Amtspflichtverletzung ist. Denn eine Subsidiarität der Haftung des Beklagten wegen der Forderungen der Klägerin gegen ihren Ehemann kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil sich eine Inanspruchnahme ihres Ehemannes für die Klägerin nicht als zumutbare anderweitige Ersatzmöglichkeit darstellt. Es besteht und bestand keine wirtschaftlich erfolgversprechende Möglichkeit der Klägerin zur Inanspruchnahme ihres Ehemannes, da dieser unstreitig überschuldet war und ist. Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit scheidet mangels Zumutbarkeit für den Geschädigten aus, wenn keine Aussicht auf alsbaldige wirtschaftliche Durchsetzung der Forderungen gegen Die Zahlung an C stellt den Schaden dar. Mit ihr beseitigte die Klägerin die Belastung durch die Hypothek. Diese wiederum konnte nur durch die im Feststellungsurteil bezeichnete Amtspflichtverletzung des Beklagten entstehen, weil dieser die Eintragung der Vormerkung nicht besorgt hatte. Die haftungsausfüllende Kausalität wäre hier zu verneinen, wenn die Aufwendungen unverhältnismäßig gewesen wäre – dies hätte Probleme bei der Zurechnung gegeben. Diese Ausführungen des Gerichts sind im Hinblick auf § 19 I 2 BNotO zu verstehen. Das Gericht stellt weiter unten auf die wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit des Ehemanns ab. Das Gericht sieht es für unerheblich, ob der Klägerin ein anderweitiger Ersatzanspruch gegenüber ihrem Ehemann zustehen könnte. Auch diese Ausführungen betreffen § 19 I 2 BNotO. Eine wichtige Anspruchsvoraussetzung einer Notarhaftung ist das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit i.S.v. § 19 I 2 BNotO. Siehe dazu auch BGH, Urteil vom 03.03.2005, III ZR 353/04. Dies sah das Gericht als entscheidend an. Die Inanspruchnahme des Ehemanns wäre nicht erfolgversprechend, weshalb die Klägerin auf diese wirtschaftliche sinnlose Möglichkeit nicht verwiesen werden darf. Wöstmann, Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 3. Aufl., Rn 2238 © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

76 Referendarteil: Zivilrecht RA 02/2019 Anderweitige Ersatzansprüche sind allerdings analog § 255 BGB Zug um Zug gegen die Erfüllung des Notarhaftungsanspruchs abzutreten. Zur analogen Anwendung des § 255 BGB: BGH, Urteil vom 02.07.1996, IX ZR 299/95 Das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB muss als Einrede geltend gemacht werden. Der für § 273 BGB geltend gemachte Anspruch muss nur möglicherweise bestehen, Palandt/Grüneberg, BGB, § 255 Rn 7 Hier müssen die Begründungen zur Kostenentscheidung umfangreicher ausfallen, da im Rahmen des Unterliegens der Klägerin die bloße Zug-um-Zug-Verurteilung zu berücksichtigen und deren wirtschaftlicher Wert darzustellen war. Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten ist allerdings dahingehend einzuschränken, dass der Beklagte in entsprechender Anwendung des § 255 BGB nur Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin gegen ihren Ehemann zur Leistung verpflichtet ist. Bei der Notarhaftung ist nach der Rechtsprechung des BGH eine zumindest entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 255 BGB geboten, wenn dem Geschädigten anderweitige Ersatzansprüche zustehen, die keine Subsidiarität der Notarhaftung begründen. Es besteht daher wegen der Ansprüche, die der Klägerin - wie oben dargestellt - wegen der Ablösung der Zwangssicherungshypothek durch die von ihr geleistete Zahlung gegenüber ihrem Ehemann zustehen können, ein Anspruch des Beklagten auf Abtretung, der im Wege des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 BGB einredeweise geltend gemacht werden kann, was der Beklagte auch getan hat. Dabei bedarf es im Hinblick auf das von dem Beklagten geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht keiner abschließenden Klärung, ob und inwieweit der Klägerin die an den Beklagten abzutretenden Ansprüche gegen ihren Ehemann tatsächlich zustehen. Denn es genügt für die Anwendung des § 255 BGB, dass Ansprüche möglicherweise bestehen und ausreichend bestimmt bezeichnet werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I ZPO. Die Entscheidung berücksichtigt zu Lasten des Beklagten dessen teilweises Unterliegen im Umfang der ausgesprochenen Verurteilungen und zu Lasten der Klägerin deren teilweises Unterliegen, das sich daraus ergibt, dass der Klägerin die geltend gemachten Zahlungsansprüche nur Zug um Zug gegen Abtretung der ihr gegen ihren Ehemann zustehenden Ansprüche zugesprochen worden sind. Dabei ist für die Bemessung des Unterliegens der Klägerin wegen der Zug um Zug-Verurteilung nach Ermessen des Gerichts eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten, bei der die abzutretenden Forderungen mangels derzeitiger wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Ehemannes der Klägerin nur mit einem Anteil von etwa 1/3 des Schadens von 30.000 € in Ansatz zu bringen sind. Jura Intensiv Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO. FAZIT Wurde der Haftungsgrund in einem rechtskräftigen Urteil festgestellt, können sich zum Haftungsumfang noch Detailfragen stellen. Hier kam es darauf an, Wirkungen der Rechtskraft des früheren Urteils richtig einzuschätzen. Die haftungsbegründende Kausalität musste nicht mehr überprüft werden. Ferner musste im Hinblick auf § 19 I 2 BNotO der mögliche Regress der Klägerin gegenüber dem Ehemann beachtet werden. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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