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RA Digital - 02/2020

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80 Referendarteil:

80 Referendarteil: Zivilrecht RA 02/2020 Der Streitwert wird auf (…) festgesetzt. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Vergleiche ebenfalls: LG Lübeck, Beschluss vom 10.12.2019, 10 O 123/19 Tipp: Eine Anrechnung der Verfahrensgebühr auf eine möglicherweise vorgerichtliche Geschäftsgebühr findet für den Beklagten zwar ebenfalls statt, der Kläger kann sich aber im Kostenfestsetzungsverfahren hierauf nicht berufen, sodass der Beklagte seine Kosten ohne Anrechnung festsetzen lässt. Lesen Sie § 15a II RVG. Der dort genannte „Dritte“ wäre in diesem Fall der Kläger. FAZIT Die Entscheidung kann im Rahmen von Klausuren aus anwaltlicher Sicht relevant sein. Maßgeblich wird im Rahmen einer solchen Klausur seitens des Prüfungsamtes hervorzuheben sein, dass der Mandant einen bestimmten – ihm örtlich nahegelegenen – Gerichtsstand wünscht und/oder der Umstand, dass ein örtlich anderes Gericht „solche Klagen sowieso abweist“. Sodann müssen Sie in Ihrem Gutachten exakt die hier thematisierte Problematik der örtlichen Zuständigkeit im Falle negativer Feststellungsklagen mit Bezug auf den Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 29 ZPO erörtern. Verwenden Sie das Schlagwort „Spiegelbildprinzip“. Der Tenor der Original-Entscheidung lautet in der Hauptsache: „Die Klage wird abgewiesen.“ Das Gericht hat den Streitwert auf 6.148 € festgesetzt und die vorläufige Vollstreckbarkeit gemäß § 709 S. 1, S. 2 ZPO tenoriert. Sind lediglich die Kosten – wie hier – vollstreckbar, gilt gemäß § 708 Nr. 11 2. Alt ZPO die Wertgrenze von 1.500 €. Da lediglich der Beklagte seine Rechtsanwaltsgebühren als Kosten vollstrecken kann, da der Kläger die Gerichtskosten vorgestreckt hat, liegt die Wertgrenze, die Sie sich hierfür bitte merken, bei 8.000,01 €. Bis 8.000 € liegen die Kosten nach dem RVG für ein erstinstanzliches Verfahren noch unter 1.500 €. Daher hätte hier gemäß §§ 708 Nr. 11 2. Var, 711 ZPO der Tenor zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung aber mit Abwendungsbefugnis tenoriert werden müssen, wonach das Urteil vorläufig vollstreckbar ist, der Kläger aber die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden darf, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Eine Ausnahme von der Abwendungsbefugnis gemäß § 713 ZPO ist nicht ersichtlich. Jura Intensiv © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2020 NEBENGEBIETE Nebengebiete 81 Gesellschaftsrecht Verjährung und Rückwirkung des § 167 ZPO Einordnung: § 129 HGB BGH, Urteil vom 12.09.2019 IX ZR 262/18 EINLEITUNG Die Verjährung eines Anspruchs kann gehemmt werden, wenn gem. § 204 I Nr. 1 BGB i.V.m. §§ 253 I, 261 ZPO eine Klageschrift an den Beklagten zugestellt wird. Erst durch die Zustellung ist die Klage (vgl. § 253 ZPO) erhoben. Wenn nun also der Kläger vor Fristende seine Klageschrift bei Gericht einreicht (Anhängigkeit), kann es passieren, dass die Zustellung (Rechtshängigkeit) erst nach Fristende erfolgt. Vor diesem Hintergrund will § 167 ZPO den Kläger vor Risiken bewahren, die sich außerhalb seiner Sphäre (z.B. in der Geschäftsstelle des Gerichts) abspielen. Diese Norm bewirkt, dass die hemmende Wirkung auf den Zeitpunkt der Anhängigkeit vorverlegt wird, wenn (!) die Zustellung „demnächst“ erfolgt. Wann dies der Fall ist, erläutert der BGH in dieser Entscheidung. Weiterhin enthält dieser Fall lehrreiche Ausführungen zum Personengesellschaftsrecht, nämlich zu § 129 BGB. SACHVERHALT Die Beklagte zu 1 ist eine GbR, die Beklagten zu 2 bis 4 sind ihre Gesellschafter. Der Kläger hat gegen die GbR eine der Regelverjährung unterliegende Forderung i.H.v. 4.950 €. Diese verjährt Ende 2015. Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung. Die Klage ist am 22.12.2015 beim AG eingegangen, am 28.12.2015 hat der Kläger den Gerichtskostenvorschuss eingezahlt. In der Klageschrift ist für alle Beklagten die damalige Geschäftsanschrift der GbR als Adresse angegeben und Rechtsanwalt Dr. G. als Prozessbevollmächtigter benannt. Die Richterin hat die Zustellung an die Beklagten persönlich angeordnet. Nach den Zustellungsurkunden hat die Postzustellerin am 16.01.2016 die Sendungen an die Beklagten zu 1 bis 4 in den zum damaligen Geschäftsraum der GbR gehörenden Briefkasten eingelegt, weil die Übergabe in dem Geschäftsraum nicht möglich war. Zu diesem Zeitpunkt war Rechtsanwalt Dr. G. nur von der GbR bevollmächtigt. Jura Intensiv LEITSATZ Die Rückwirkung einer Zustellung nach § 167 ZPO tritt ein, wenn die Zustellung „demnächst“ erfolgt. Es gibt keine absolute zeitliche Grenze, nach deren Überschreitung eine Zustellung nicht mehr als demnächst anzusehen ist. Dies gilt auch dann, wenn es zu mehrmonatigen Verzögerungen kommt. Denn Verzögerungen im Zustellungsverfahren, die durch eine fehlerhafte Sachbehandlung des Gerichts verursacht sind, muss sich der Kläger grundsätzlich nicht zurechnen lassen. Die Beklagte zu 4 als geschäftsführende Gesellschafterin hat die Klageschrift Ende Januar 2016 an Rechtsanwalt Dr. G. gefaxt. Dieser hat am 08.02.2016 bei Gericht angezeigt, die Beklagten zu vertreten, und ist am 26.02.2016 von den Beklagten zu 2 bis 4 bevollmächtigt worden. Am 30.05.2016 hat er die Klageschrift vom Gericht in beglaubigter Abschrift gegen Empfangsbekenntnis erhalten. Ist gegenüber den Beklagten zu 1 bis 4 Verjährung eingetreten? © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

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