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RA Digital - 02/2022

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66 Zivilrecht

66 Zivilrecht RA 02/2022 So sah es das OLG Frankfurt in seinem Urteil vom 24.05.2017, 4 U 269/15 Rn. 18, wofür viel spricht, wenn man Schwarzarbeit ernsthaft bekämpfen will. Nur wenn weder Auftraggeber noch Leistungserbringer Rechtssicherheit in zivilrechtlicher Hinsicht erhalten, ist der erstrebte Zweck, Schwarzarbeit unattraktiv zu machen, zu erreichen. Eine solche Rechtsprechung fördert Schwarzarbeit, weil die angesprochenen öffentlich-rechtlichen Sanktionen in der Praxis überhaupt nicht wirken. Ebendiese Erkenntnis veranlasste den Gesetzgeber, von der zahmen SchwArb-VO Abstand zu nehmen und das verschärfte SchwArbG einzuführen. Das OLG Köln hält an längst überwundenen Sichtweisen fest, bzw. lässt diese wiederaufleben. Wer nicht in der Handwerksrolle eingetragen ist, aber ein zulassungspflichtiges Handwerk betreibt, ist Schwarzarbeiter. Weiß die andere Seite dies, ist der Vertrag nichtig. Wer einen solchen Handwerker trotz Kenntnis dieser Umstände beschäftigt, verdient keinen zivilrechtlichen Schutz. Das ist der Sinn der Regelung, auf den das OLG Frankfurt aaO. korrekt und zulässigerweise Bezug genommen hat. Bei § 1 II Nr. 5 SchwArbG handelt es sich um ein Gesetz im Sinne des § 2 EGBGB sowie um eine Verbotsnorm im Sinne des § 134 BGB. Zur Nichtigkeit des Vertrages führt ein Verstoß beider Vertragsparteien gegen die Verbotsnorm, wobei dies auch in Kenntnis der Umstände geschehen muss. Zunächst ist fraglich, ob hier nur ein einseitiger Verstoß gegen § 1 II Nr. 5 SchwArbG vorliegt, der keine Nichtigkeitsfolge auslösen würde. Man könnte vertreten, dass der in § 1 I SchwArbG definierte Sinn und Zweck des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit die Nichtigkeit der unter Verletzung der in § 1 II SchwarzArbG getroffenen Regelungen geschlossenen Verträge per se anstrebe, sodass es keinen Unterschied mache, ob die Parteien eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ treffen, welche eine Nichtigkeit gem. §§ 134 BGB, § 1 II Nr. 2 SchwArbG nach sich zieht, oder ob ein Verstoß gegen § 1 II Nr. 5 SchwArbG vorliegt. [37] Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, wonach der Werkvertrag nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) unwirksam ist. Denn selbst wenn es sich bei den zu erbringenden Arbeiten um solche handelte, die nur ein Meisterbetrieb hätte vornehmen dürfen, führte die fehlende Meistereigenschaft der Beklagten zu einem nur einseitigen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 5 SchwArbG, der nicht die Nichtigkeit des Vertrags nach sich zieht. Die gegenteilige Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt (…) hält der Senat ebenso wie das Landgericht nicht für überzeugend. Auf die eingehende, sorgfältige und überzeugende Begründung des Landgerichts, der zutreffend eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Tatbestände des § 1 Abs. 2 SchwArbG zugrunde liegt, wird Bezug genommen. Insbesondere widerspricht die pauschale Gleichsetzung der Schwarzarbeit in Gestalt einer „Ohne-Rechnung-Abrede“ (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwArbG) mit der fehlenden beruflichen Qualifikation des Ausführenden (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 SchwArbG) den zu § 134 BGB anerkannten Auslegungsgrundsätzen. Danach sind, wenn - wie hier - eine verbotseigene Rechtsfolgenregelung fehlt, Sinn und Zweck des verletzten Verbots entscheidend. Dies erfordert eine normbezogene Abwägung, ob es mit dem Sinn und Zweck des Verbots vereinbar oder unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen bzw. bestehen zu lassen (….). Abzustellen ist dabei nicht auf das generelle Verbot von Schwarzarbeit, sondern auf die Untersagung der Erbringung von Leistungen ohne die hierfür erforderliche Befähigung. Insoweit hat der Bundesgerichtshof jedoch bereits im Jahre 1984, worauf das Landgericht ebenfalls zutreffend hingewiesen hat, ausgeführt, dass dem Verstoß gegen ein solches Verbot mit berufsrechtlichen Maßnahmen oder öffentlich-rechtlichen Sanktionen hinreichend Rechnung getragen werden könne, ohne dass es erforderlich wäre, einem einzelnen, im Rahmen des verbotenen Handwerksbetriebes zustande gekommenen Rechtsgeschäft die zivilrechtliche Wirksamkeit zu versagen (…). Dies berücksichtigt das Oberlandesgericht Frankfurt in der vorgenannten Entscheidung nicht ausreichend, sondern stellt allein auf den Sinn und Zweck des SchwArbG im Ganzen ab. Jura Intensiv Jedoch würde es auf diese Bewertung des Gesetzes gar nicht ankommen, wenn jedenfalls feststünde, dass seitens K kein wissentlicher Verstoß gegen das SchwArbG vorläge. Ein solcher ist aber nötig, um die Nichtigkeitsfolge auszulösen. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2022 Zivilrecht 67 [38] Darüber hinaus ziehen einseitige Verstöße des Unternehmers gegen das SchwArbG nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Regel ohnehin nicht die Nichtigkeit des Vertrages nach sich (…); ein solcher einseitiger Verstoß liegt auch hier vor, nachdem die Klägerin unwidersprochen vorträgt, erst später von der fehlenden Meistereigenschaft der Beklagten erfahren zu haben. In der Literatur wird dementsprechend die auch hier vertretene Auffassung als in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehend angesehen und befürwortet (…). Die Annahme der Nichtigkeit im Falle eines einseitigen Verstoßes würde zudem zu der nicht hinnehmbaren Konsequenz führen, dass der Besteller einer Werkleistung weder Erfüllungs- noch Gewährleistungsansprüche geltend machen könnte, wenn sich - wie hier - nachträglich ein Verstoß des Unternehmers gegen das SchwarzArbG herausstellt (…). Indem K keine Kenntnis von den fehlenden Voraussetzungen des § 1 II Nr. 5 SchwArbG hatte, liegt nur ein einseitiger Verstoß vor, sodass der Vertrag nicht nichtig ist. 2. Widerruf des Vertrages gem. §§ 312b, 312g, 355 BGB K könnte den Vertrag gem. §§ 312b, 312g, 355 BGB widerrufen haben. Dann muss K ein Widerrufsrecht gem. §§ 312b, 312g, 355 BGB zugestanden haben. K ist gem. § 13 Verbraucherin, B gem. § 14 BGB Unternehmerin, sodass ein Verbrauchervertrag gem. § 310 III BGB vorliegt. K schuldet B auch die Zahlung eines Preises gem. § 312 BGB. Fraglich ist allein, ob ein außerhalb von Geschäftsräumen des Unternehmers geschlossener Vertrag im Sinne des § 312b BGB vorliegt. [40] Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich bereits nicht schlüssig, dass der Vertrag bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen wurde, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist (§§ 312g Abs. 1, 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB), nachdem die Beklagte ein schriftliches Angebot eingereicht hat und die Klägerin auch im Schriftsatz vom 08.07.2020 in Reaktion auf den Beschluss des Senats vom 12.06.2020 nichts zu den Umständen der Annahme dieses Angebots unter gleichzeitiger Anwesenheit der Beklagten vorgetragen hat. (…) [41] § 312b Abs. 1 Nr. 2 BGB (Vertrag, bei dem der Verbraucher bei gleichzeitiger Anwesenheit von Unternehmer und Verbraucher außerhalb eines Geschäftsraums ein Angebot abgegeben hat) ist nicht einschlägig, weil nicht die Klägerin, sondern die Beklagte ein schriftliches Angebot abgegeben hat. [42] Auch ein Fall des § 312b Abs. 1 Nr. 3 BGB liegt nicht vor (Vertragsschluss unter anderem durch Fernkommunikationsmittel, wenn der Verbraucher unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde); die Vorschrift setzt voraus, dass der Vertragsschluss der individuellen Ansprache unmittelbar nachfolgen muss und ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Ansprechen und Abgabe der entsprechenden Willenserklärung bestehen muss. Sie soll dagegen bereits nach den Erwägungsgründen der einschlägigen Verbraucherrechtsrichtlinie nicht eingreifen, wenn der Unternehmer - wie hier - in die Wohnung des Verbrauchers kommt, um für ein Angebot Maße aufzunehmen oder eine Schätzung vorzunehmen, Jura Intensiv BGH, Urteil vom 01.08. 2013, VII ZR 6/13 Vorliegend hatte K keine Kenntnis davon, dass B keinen Meister hatte. Folglich ist der Vertrag nicht nichtig. Dem Vertrauensschutz wird mit diesem subjektiven Kriterium Genüge getan. Kein Widerrufsrecht gem. §§ 312b I 1 Nr. 1, 312g BGB Kein Widerrufsrecht gem. §§ 312b I 1 Nr. 2, 312g BGB Kein Widerrufsrecht gem. §§ 312b I 1 Nr. 3, 312g BGB © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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