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RA Digital - 02/2022

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68 Zivilrecht

68 Zivilrecht RA 02/2022 der Verbraucher seinen Vertragsantrag aber erst später nach Prüfung der Unterlagen abgibt (…) Im letzteren Sinne liegt der Fall hier, wie oben bereits ausgeführt. Damit liegt mangels Widerruf das geforderte Schuldverhältnis vor. BGH, Urteil vom 28.5.2009, VII ZR 74/06: Die Vereinbarung einer Stundenlohnvergütung für Werkleistungen begründet nach Treu und Glauben eine vertragliche Nebenpflicht zur wirtschaftlichen Betriebsführung, deren Verletzung sich nicht unmittelbar vergütungsmindernd auswirkt, sondern einen vom Besteller geltend zu machenden Gegenanspruch aus §§ 280 I, 241 II BGB entstehen lässt. Dessen tatsächliche Voraussetzungen muss der Besteller nach allgemeinen Grundsätzen darlegen und beweisen. Dies ist K hier gelungen. Die Verletzung der vertraglichen Nebenpflicht zur wirtschaftlichen Betriebsführung hat sich nicht unmittelbar vergütungsmindernd ausgewirkt, weshalb keine – auch nur teilweise – rechtsgrundlose Überzahlung erfolgte. II. Pflichtverletzung Gem. § 241 II BGB haben die Parteien nach dem Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen der gegnerischen Partei Acht zu geben. Daraus folgt die Treuepflicht, Werkvertragsleistungen wirtschaftlich vernünftig auszuführen. Indem B mehr Arbeitsstunden angesetzt hat, als es der Wirtschaftlichkeit entsprochen hätte, hat B gegen dieses Gebot verstoßen und die Vermögensinteressen der K treuwidrig verletzt. III. Vertretenmüssen Dies erfolgte auch mindestens fahrlässig gem. §§ 280 I 2, 276 BGB, weshalb B die Pflichtverletzung zu vertreten hat. IV. Kausaler, ersatzfähiger Schaden Gem. § 249 I BGB hat B den überzahlten Betrag zu erstatten. Folglich schuldet B der K die Rückzahlung der 3.475,76 €. B. Anspruch der K gegen B aus § 355 III BGB auf Rückzahlung der 8.000 € Mangels Widerruf der K ist kein Rückgewährschuldverhältnis gem. § 355 BGB entstanden, weshalb kein Anspruch auf Rückzahlung besteht. C. Anspruch der K gegen B aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB K könnte gegen B einen Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB auf Zahlung der gesamten 8.000 € haben. B hat aufgrund der Zahlung der K gegen ihre Bank einen Anspruch aus Gutschrift gem. § 675t BGB erlangt. Indem K in Erfüllung der Verbindlichkeit aus dem Werkvertrag zahlte, liegt auch eine Leistung der K vor. Jedoch besteht ein Werkvertrag zwischen K und B. Dieser bildet einen Rechtsgrund für die Zahlung der vereinbarten Vergütung. Folglich besteht kein Anspruch aus § 812 I 1 Alt. 1 BGB zur Rückforderung. Jura Intensiv ERGEBNIS K hat gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung von 3.475,76 €. Darüber hinaus bestehen keine Ansprüche der K gegen B. FAZIT Werkunternehmer haben bei der Ausführung ihrer Aufträge nach den Grundsätzen wirtschaftlicher Betriebsführung zu arbeiten. Dies verbietet ihnen den überhöhten Ansatz von Arbeitsstunden. Verstöße gegen diese vertragliche Nebenpflicht mindern nicht die Vergütung unmittelbar, lösen aber einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, 241 II BGB aus, deren Voraussetzungen der Besteller zu beweisen hat. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2022 Zivilrecht 69 Problem: Vererbbarkeit des schmerzensgeldähnlichen Ausgleichsanspruchs Einordnung: Deliktsrecht, Erbrecht BGH, Urteil vom 29.11.2021 VI ZR 258/18 EINLEITUNG Bei schwerwiegenden, rechtswidrigen Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, welches ein sonstiges Recht im Sinne des § 823 I BGB ist, steht dem Verletzten ein schmerzensgeldähnlicher Ausgleichsanspruch zu. Mit der Streichung des § 847 S. 2 BGB a.F. wurden Schmerzensgeldansprüche erstmals vererblich. Bezüglich des o.g. schmerzensgeldähnlichen Ausgleichsanspruchs gelten aber strengere Regeln. Das vorliegende Urteil, in dem es um einen von der Witwe des ehemaligen Bundeskanzlers Kohl geltend gemachten Anspruch aus ererbtem Recht geht, konkretisiert die Anforderungen an die Vererblichkeit. SACHVERHALT K war zweite Ehefrau und testamentarische Alleinerbin des während des Berufungsverfahrens verstorbenen vormaligen Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl (im Folgenden: Erblasser). Der Erblasser und B1, beabsichtigten ab dem Jahr 1999, die Memoiren des Erblassers zu erstellen, die dann im D.-Verlag erscheinen sollten. B1 unternahm umfangreiche Recherchen. B1 und der Erblasser führten umfangreiche Gespräche im Wohnhaus des Erblassers. Diese wurden mit dessen Einverständnis auf Tonband aufgenommen und anschließend von der Schwester des B1 transkribiert. Der Erblasser sprach sehr ausführlich über sein gesamtes Leben, sowohl aus der Zeit vor der Übernahme höchster politischer Ämter als auch aus seiner Zeit als Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz und insbesondere aus den 16 Jahren, in denen er das Amt des Bundeskanzlers bekleidete. Dabei bediente er sich teilweise einer umgangssprachlichen und mitunter auch drastischen Ausdrucksweise, wohingegen er im Rahmen der veröffentlichten Memoirenbände Äußerungen in entsprechender Schärfe und Deutlichkeit bewusst vermied. Ab Anfang des Jahres 2000 war Gegenstand der auf Tonband aufgenommenen Gespräche auch die Abfassung eines fiktiven Tagebuchs des Erblassers mit dem Titel „Helmut Kohl - Mein Tagebuch 1998-2000“ aus Anlass der sogenannten „Spendenaffäre“, wozu der Erblasser und B1 – jeweils gesondert – mit dem D.-Verlag Ende Juli/Anfang August 2000 weitere Verlagsverträge schlossen. Auf der Grundlage der Zusammenarbeit des Erblassers und des B1 wurden bis zum Jahr 2008 zunächst, nämlich im Jahr 2000, ein fiktives „Tagebuch“ des Erblassers zur sogenannten „Spendenaffäre“ und anschließend, nämlich in den Jahren 2004, 2005 und 2007, drei Memoirenbände, im Haupttitel jeweils als „Erinnerungen“ bezeichnet, veröffentlicht. Im Februar 2008 musste der Erblasser die Arbeit an den Memoiren unfallbedingt unterbrechen. In der Folgezeit kam es zwischen ihm und B1 zu einem Zerwürfnis. Im März 2009 kündigte der Erblasser die weitere Zusammenarbeit mit dem B1 auf. Im September 2009 einigten sich B1 und der D.-Verlag auf die Aufhebung der zwischen ihnen geschlossenen Verträge unter Aufrechterhaltung der Rechteeinräumung für den Verlag und Verzicht des B1 auf seine Benennung als Urheber. Im März 2014 gab B1 im Rahmen der Jura Intensiv LEITSATZ DER REDAKTION Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung wird grundsätzlich erst mit Rechtskraft eines dem Verletzten die Geldentschädigung zusprechenden Urteils vererblich; ein nicht rechtskräftiges, nur vorläufig vollstreckbares Urteil genügt nicht (Fortführungen Senatsurteile vom 23.05.2017, und vom 29.04.2014, VI ZR 246/12). Bedauerlicherweise muss die Sachverhaltsdarstellung so umfangreich ausfallen, weil die Hintergründe der Streitigkeiten bekannt sein müssen, um die streitigen Rechtsfragen überhaupt zu verstehen. Die Ursprünge der Streitigkeit liegen Jahrzehnte zurück. Wer nicht zu den wenigen Menschen gehört, die das u.g. Buch in Besitz haben, findet die für diesen Prozess relevanten, angeblich gefallenen Äußerungen in der Randnummer 6 des Teilurteils des BGH vom 29.11.2021, VI ZR 258/18. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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