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RA Digital - 02/2022

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72 Zivilrecht

72 Zivilrecht RA 02/2022 Klarstellung: Wurde dem Verletzten die Geldsumme ausgezahlt, tritt Erfüllung ein und der Verletzte kann die Geldsumme nun vererben. Erweiterung: Hat der Verletzte zu Lebzeiten den Geldentschädigungsanspruch rechtskräftig eingeklagt, steht dies der Erfüllung gleich. Der rechtskräftig zugesprochene Anspruch darf vererbt werden, weil mit der Rechtskraft bereits Genugtuung eingetreten ist. Neu: Zu entscheiden war, ob dies auch gilt, wenn der Verletzte ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil erstritten hat. Argument dafür: Leistet der Verletzte Sicherheit gem. § 709 ZPO, kann er vollstrecken und erlangt die Geldentschädigung zunächst vorläufig. Entscheidendes Argument dagegen: Wird das vorläufig vollstreckbare Urteil in der Berufungs- oder Revisionsinstanz aufgehoben, trifft den Verletzten die Schadensersatzpflicht aus § 717 II ZPO, für deren Sicherheit er gem. § 709 ZPO Sicherheit geleistet hat. Deshalb mag die Genugtuung gesteigert worden sein – sie ist aber noch nicht endgültig erlangt worden. die Genugtuungsfunktion der Geldentschädigung erfüllt ist, gilt anderes. Nach Zahlung der Geldentschädigung an den Verletzten stellt sich die Vererblichkeitsfrage angesichts des damit eintretenden Erlöschens des Anspruchs gemäß § 362 Abs. 1 BGB nicht mehr; auch der Rechtsgrund für die Zahlung entfällt mit einem späteren Versterben des Geschädigten nicht. Darüber hinaus hat der erkennende Senat im Urteil vom 23. Mai 2017 (VI ZR 261/16, (...)) - wenn auch nicht tragend - ausgeführt, dass der Verletzte bereits vor Erhalt des Geldes aus dem Geldentschädigungsanspruch Genugtuung erfahren kann, die es - eben, weil die Funktion der Geldentschädigung damit jedenfalls teilweise erfüllt ist - rechtfertigt, den Anspruch als vererblich zu behandeln. Namentlich sei dies, so der erkennende Senat in der zitierten Entscheidung, dann der Fall, wenn der Geldentschädigungsanspruch dem Verletzten noch zu dessen Lebzeiten rechtskräftig zugesprochen werde; bloße Rechtshängigkeit des Geldentschädigungsanspruchs genüge indes nicht. [16] Ob - wie die Revision (hilfsweise) meint - gleiches wie im Falle des rechtskräftig zuerkannten Geldentschädigungsanspruchs auch dann gelten muss, wenn oder soweit dem Verletzten dieser Anspruch vorläufig vollstreckbar zugesprochen wird, hatte der erkennende Senat bislang noch nicht zu entscheiden. Für die Annahme der - ggf. teilweisen - Vererblichkeit in diesem Fall könnte sprechen, dass der Verletzte auch mit einer solchen noch nicht rechtskräftigen Entscheidung in die Lage versetzt wird, sich die Geldentschädigung im Wege der Zwangsvollstreckung jedenfalls vorläufig zu verschaffen oder zu sichern. Entscheidend ist mithin, ob diese Möglichkeit jedenfalls in Verbindung mit der in einer solchen Entscheidung zum Ausdruck kommenden Anerkennung seiner schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung durch ein staatliches Gericht geeignet ist, einem Verletzten bereits ein für die Annahme der Vererblichkeit hinreichendes Maß an Genugtuung zu verschaffen (…). [17] Der erkennende Senat verneint diese Frage. Denn die vorläufig vollstreckbare Entscheidung allein verschafft dem Verletzten noch keine gesicherte Position (…). Der Verletzte hat damit zu rechnen, dass das ihn begünstigende Urteil auf ein Rechtsmittel des Beklagten zu seinem Nachteil abgeändert wird. Hat er aus dem noch nicht rechtskräftigen Urteil vollstreckt, so trifft ihn im Falle einer solchen Abänderung die verschuldensunabhängige Schadensersatzpflicht des § 717 Abs. 2 ZPO. Vor diesem Hintergrund mag ein noch nicht rechtskräftiges, lediglich vorläufig vollstreckbares, zusprechendes Urteil die Aussicht des Verletzten, über eine Geldentschädigung Genugtuung zu erhalten, steigern können, es ist aber allein für sich genommen nicht geeignet, dem Verletzten diese Genugtuung bereits in hinreichender Art und Weise zu verschaffen. Jura Intensiv B. Ergebnis K hat gegen B1 und B3 keinen Anspruch aus §§ 1922, 823 I BGB auf Zahlung der Geldentschädigung. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2022 Referendarteil: Zivilrecht 73 Speziell für Referendare Problem: Aktivlegitimation bzgl. Sondernutzungsrechte (WEG) Einordnung: WEG-Recht BGH, Urteil vom 01.10.2021 V ZR 48/21 EINLEITUNG Die Wohnungseigentümergemeinschaften werden gerne auch als Streithäuser bezeichnet. Insbesondere bei einer Vielzahl von Parteien kollidieren Interessen. Ebenso wie nach BGB folgt das Eigentum am (Teil-)Gebäude dem Eigentum am Grundstück, §§ 93, 94 I 1 BGB. Besonderheiten bestehen aber bei der Zuordnung. Jedem Miteigentumsanteil am Grundstück wird Sondereigentum zur alleinigen und damit ausschließlichen Nutzung gem. § 3 I 1 WEG eingeräumt; hierbei handelt es sich um Eigentum im Sinne des § 903 BGB, somit um ein dingliches Recht. Dies beinhaltet grundsätzlich – zumindest – eine in sich abgeschlossene Einheit. Daneben gibt es das gemeinschaftliche Eigentum, welches sich negativ dahingehend definiert, dass alles umfasst wird, was nicht Sondereigentum, § 5 III WEG, oder sondereigentumsfähig ist, § 5 II WEG. Hiervon zu trennen ist das Sondernutzungsrecht, welches die Nutzung von – typischerweise nicht sonderrechtsfähigen – Bestandteilen zwischen den Eigentümern regelt. Gegenstand des folgend dargestellten Rechtsstreits war insbesondere, ob ein Beseitigungsanspruch hinsichtlich der Beeinträchtigung eines Sondernutzungsrechts durch den einzelnen Eigentümer geltend gemacht werden kann oder von der WEG geltend gemacht werden muss. TATBESTAND Die Parteien bilden eine aus zwei Einheiten bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie sind jeweils Sondereigentümer einer Einheit. Der Klägerin (K) steht zudem ein Sondernutzungsrecht an zwei auf dem gemeinschaftlichen Teil des Grundstücks befindlichen Stellplätzen zu. Ein Verwalter ist nicht bestellt. Im Sommer 2020 errichtete der Beklagte (B) ohne Zustimmung der K auf der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Grundstücksfläche, auf der sich auch die Stellplätze befinden, eine Betonmauer samt Fundament, brachte darauf einen Holzzaun an und baute ein Tor ein. Dies erschwert das Rangieren mit Fahrzeugen auf der vor dem Stellplatz gelegenen Fläche. Zuvor befanden sich anstelle der Betonmauer Rankzäune und ein in Florwallsteinen eingefasstes Tor. K vertritt die Rechtsauffassung, dass die Errichtung der Betonmauer samt Zaun und Tor rechtswidrig sei und ihr daher ein Beseitigungsanspruch zustehe. K beantragt, den B zu verurteilen, die Betonmauer, den darauf befindlichen Holzzaun und das Tor, die sich auf dem Grundstück (…) befinden, zu beseitigen. B beantragt, die Klage abzuweisen. Jura Intensiv LEITSATZ Nach der zum 01.12.2020 in Kraft getretenen Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes kann ein Wohnungseigentümer Unterlassungsund Beseitigungsansprüche gemäß § 1004 BGB, die auf die Abwehr von Störungen seines im Grundbuch eingetragenen Sondernutzungsrechts gerichtet sind, weiterhin selbst geltend machen. § 9a II WEG steht dem nicht entgegen. Beachte: Das Sondereigentum entsteht mit dinglicher Einigung und Eintragung im WE-Grundbuch, § 4 WEG. Das Sondernutzungsrecht, § 10 I 2 WEG, entsteht mit wirksamer schuldrechtlicher Einigung. Die Eintragung erfolgt dennoch häufig im Grundbuch, damit diese auch gegen mögliche Rechtsnachfolger unmittelbar gilt, § 10 III 1 WEG (lesen!). Wirksamkeitsvoraussetzung ist die Eintragung im Grundbuch aber nicht. Das Unstreitige wird im Indikativ Imperfekt dargestellt. Ausnahmen – insbesondere hier – sind Umstände, die sich auf die Gegenwart beziehen. Der streitige Parteivortrag wird im Präsens und indirekter Rede dargestellt. Aktuelle Anträge sind hervorzuheben. Dies erfolgt stets durch Einrücken, Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 313 Rn 19. Ggf. bietet es sich an, den Verlauf der Mauer auf dem Grundstück näher zu beschreiben um nicht Gefahr zu laufen, einen unbestimmten Antrag zu stellen, § 253 II Nr. 2 ZPO. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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