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RA Digital - 02/2022

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80 Referendarteil:

80 Referendarteil: Zivilrecht RA 02/2022 Auch aus dem Gesetz ergibt sich keine besondere Risikozuweisung. Auch das Gesetz enthält diesbezüglich keine eindeutige Regelung. Zwar obliegt dem Beklagten als Mieter das Verwendungsrisiko der Sache. [55] Beruht die enttäuschte Gewinnerwartung des Mieters jedoch auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einer Betriebsschließung für einen gewissen Zeitraum, geht dies über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus (…). Das ist eine Krux an der Norm. Ein unbestimmter Rechtsbegriff wird mittels unbestimmter Rechtsbegriffe „konkretisiert“. Das Festhalten am Vertrag muss „unzumutbar“ sein, was der Fall ist, wenn ansonsten ein „nicht mehr tragbares Ergebnis“ erzielt werden würde. Das ist hinzunehmen. Ziehen Sie alles, was möglich ist, aus dem Sachverhalt und schließen Sie mit einem vertretbaren Ergebnis ab. Der Zeitraum betrifft „nur“ einen Monat. Die Beweislast erfolgt aufgrund des Umstandes, dass sich der Beklagte auf § 313 I BGB beruft. Daher ist B beweispflichtig, da die Rechtsfolge für ihn günstig wäre. Aus dem Tatbestand ergibt sich, dass K streitig behauptet hat, B habe die Hilfen erhalten. Da beim streitigen Parteivortrag des B hierzu nichts erfolgte, hat B die Behauptung lediglich einfach bestritten, den Nichterhalt – bspw. mittels ablehnenden Bescheides – aber nicht dargelegt. Darüber hinaus ist erforderlich, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. [53] (…). Hierfür ist (…) erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt. (…). Neben den zu berücksichtigen Verlusten der Beklagten sind aber darüber hinaus auch etwaige finanzielle Vorteile zu berücksichtigen. Es haben sämtliche Umstände des Einzelfalls in die Abwägung miteinzufließen. Bereits aus dem Tatsachenvortrag ergibt sich nicht, dass der durch die Geschäftsschließung entstandene Umsatzrückgang tatsächlich derart erheblich war, dass der B die vollständige Zahlung der Miete für den streitgegenständlichen Zeitraum unzumutbar war. [64] (…). Hinzu kommt, dass die Beklagte nur die Miete für April 2020 ausgesetzt und die weiteren Mieten im Jahr 2020 vollständig bezahlt hat. Außerdem hat B nicht dargelegt, staatliche Hilfen nicht erhalten zu haben. [61] (…). Im Falle einer pandemiebedingten Geschäftsschließung muss daher der Mieter darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche Nachteile ihm aus der Betriebsschließung entstanden sind, die ihm eine vollständige Mietzahlung für diesen Zeitraum unzumutbar machen (…), und welche zumutbaren Anstrengungen er unternommen hat, um drohende Verluste auszugleichen. Behauptet der Mieter, keine staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten zu haben, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er sich um mögliche Hilfeleistungen vergeblich bemüht hat. Gelingt ihm dies nicht, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er die staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten (…). Jura Intensiv Der Klageantrag zu 2 ist ebenfalls begründet. Der Anspruch besteht gemäß §§ 280 I 1, II, 286, 288 I 2 BGB. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 I 1 ZPO und § 709 ZPO. FAZIT Somit liegt eine abschließende Entscheidung bezüglich der Mietzahlungsverpflichtung für gewerbliche Mieter für den Zeitraum „harter Lock-Downs“ vor. Als Shortcuts: Art. 240 § 2 EGBGB sperrt Schuldrecht AT/BT über den Regelungsbereich hinsichtlich des Kündigungsrechts des Vermieters nicht. Die hoheitliche Untersagung der Geschäftsöffnung stellt keinen Mangel an der Mietsache i. S. d. § 536 BGB dar. Ob § 313 BGB einschlägig ist, ist und bleibt eine Einzelfallentscheidung. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2022 NEBENGEBIETE Nebengebiete 81 Arbeitsrecht Problem: Lohnanspruch bei Quarantäne eines Fußballprofis Einordnung: Lohn ohne Arbeit OLG Hamm, Urteil vom 29.10.2021 11 U 60/21 EINLEITUNG Lassen Sie sich von der Einkleidung in einen Anspruch aus dem IfSG nicht von der Lektüre abhalten. SACHVERHALT Die Klägerin ist Betreiberin der Lizenzspielerabteilung des SC Paderborn 07. Zwischen der Klägerin und dem Zeugen („Spieler“) besteht ein bis Juni 2022 gültiger Lizenzspielervertrag. Das Gesundheitsamt hatte für den Spieler vom 13.3.2020 bis zum 27.3.2020 eine Absonderungsverfügung nach §§ 16 I i.V.m. 30 I 2 IfSG ausgesprochen. Während dieser Zeit zahlte die Klägerin dem Spieler Gehalt und führte Rentenversicherungsbeiträge ab. Unabhängig von der Absonderungsverfügung wurden zur Eindämmung der Coronapandemie bundesweit unterschiedliche Maßnahmen ergriffen, dazu zählte auch die Aussetzung des Bundesligaspielbetriebs sowie die Aussetzung des gewöhnlichen Spiel- und Trainingsbetriebs. In diesen Zeitraum fiel auch die streitgegenständliche Absonderungsverfügung. Später begehrte die Klägerin die Erstattung der Leistungen und Rentenversicherungsbeiträge, die sie an den Spieler bzw. die Rentenversicherung gezahlt haben will. Das lehnte das beklagte Land ab. Jura Intensiv Die Klägerin war der Auffassung, ihr stehe der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen nach § 56 I, V IfSG zu. Denn der Spieler habe im Zeitraum der Absonderungsverfügung keine Arbeitsleistung für die Klägerin erbracht. Ein Vergütungsanspruch des Spielers gegen die Klägerin habe deshalb nach dem Grundsatz „keine Leistung ohne Gegenleistung“ nicht bestanden. LEITSÄTZE Für die Zeit einer häuslichen Quarantäne kann einem Profifußballer ein arbeitsrechtlicher Vergütungsanspruch gem. § 611a BGB gegen den ihn beschäftigenden Verein, seinen Arbeitgeber, zustehen, wenn er nach der Einstellung des regulären Spiel- und Trainingsbetriebs einen vom Verein vorgegebenen häuslichen Trainingsplan zu befolgen hat. Ein Vergütungsanspruch gem. § 615 BGB kommt in Betracht, wenn die Quarantäne aus betriebsbezogenen Gründen angeordnet werden musste, z.B. weil der unter Quarantäne gestellte Spieler während des Trainings Kontakt zu einem mit Corona infizierten Mitspieler hatte. Bei einer 14-tägigen Quarantäne kann der Spieler zudem für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit an seiner Arbeitsleistung gehindert gewesen sein, so dass ihm ggfls. ein Vergütungsanspruch gem. § 616 BGB zustünde. Die Voraussetzungen für eine Entschädigung des Vereins als Arbeitgeber gem. 56 IfSG liegen nicht vor, wenn er aus einem der genannten Gründe zur Zahlung der – nunmehr als Entschädigung verlangten - Vergütung an den Spieler verpflichtet war. Das LG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. LÖSUNG [3] In der Sache ist die Klage aber unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch gegen das beklagte Land aus § 56 V 2 IfSG i.V.m. §§ 30 I 2, 56 I1 und 2, II und V 1 IfSG auf Erstattung des von ihr an ihren Spieler A für die Zeit vom 13.03.2020 bis 27.03.2020 gezahlten Nettogehalts und für diesen entrichteten Rentenversicherungsbeitrages zu, weil die Klägerin nicht schlüssig dargelegt und nachgewiesen hat, dass dem Zeugen durch die vom Gesundheitsamt des Kreises B gemäß § 30 I 2 IfSG gegen ihn für diesen Zeitraum angeordnete Absonderungsverfügung ein Verdienstausfall entstanden ist. (…) Das Nichtbestehen anderweitiger Ansprüche ist (negatives) Tatbestandsmerkmal für den Entschädigungsanspruch aus § 56 I IfSG (Bales/Baumann, Infektionsschutzgesetz, § 56 Rn 5). © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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