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RA Digital - 02/2023

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74 Referendarteil:

74 Referendarteil: Zivilrecht RA 02/2023 Ausnahme von der Bedingungsfeindlichkeit von Prozesserklärungen: Innerprozessuale Bedingungen wie hier die Unzulässigkeit des Hauptantrages Auch der Hilfsantrag bezieht sich auf den Kaufvertrag zwischen L und B. K beantragt hilfsweise für den Fall, dass das Gericht das Feststellungsinteresse verneine, die Beklagte zu verurteilen, an die Volkswagen Leasing GmbH 21.932,89 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.02.2016 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW (…) und Zug um Zug gegen Zahlung einer von der Beklagten noch darzulegenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung des PKW. B beantragt, die Klage abzuweisen. Zuletzt: BGH, Urteil vom 02.06.2022, VII ZR 160/21 BGH, a.a.O. Logisch! K konnte aus abgetretenem Recht Leistungsklage erheben. BGH, Urteil vom 16.09.2015, VIII ZR 119/14 § 5 I der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr BGH, Urteil vom 21.07.2021, VIII ZR 254/20 = RA 09/2021, 453 ff.; BGH, Urteil vom 29.09.2021, VIII ZR 111/20 = RA 12/2021, 617 ff.; BGH, Urteil vom 26.01.2022, VIII ZR 140/20; BGH, Urteil vom 04.05.2022, VIII ZR 50/20; BGH, Urteil vom 08.12.2021, VIII ZR 19/19 = RA 03/2022, 113 ff. Statt Vieler: BGH, Urteil vom 29.09.2021, VIII ZR 111/20 = RA 12/2021, 617 ff. „in aller Regel“ = widerlegbar ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrages unzulässig. Die Voraussetzungen des § 256 I ZPO liegen nicht vor. Das Feststellungsinteresse des K besteht nicht. Grundsätzlich schließt die Möglichkeit einer Leistungsklage das Feststellungsinteresse aus. Dies gilt jedoch nicht, [30] (…) wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt. Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. [31] Denn sofern sich der aus abgetretenem Recht des Leasinggebers klagende Leasingnehmer mit dem Rücktritt vom Kaufvertrag gegenüber dem Lieferanten durchsetzt, fehlt dem Leasingvertrag nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats von vornherein die Geschäftsgrundlage, so dass dem Leasinggeber von Anfang an keine Ansprüche auf Zahlung von Leasingraten zustehen (…). [33] (…) Für die Rückabwicklung des zwischen der Leasinggeberin und der Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrags infolge Rücktritts ist die bloße Feststellung der Umwandlung in ein Abwicklungsverhältnis aber unzureichend. Denn damit bleibt offen, welche Leistungen im Rahmen der Rückabwicklung zurückzugewähren sind. Dass dem Kläger unabhängig davon ein Interesse an der begehrten Feststellung zukäme, ist nicht ersichtlich. Jura Intensiv Der Hilfsantrag ist zulässig, aber unbegründet. Dem K steht ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags zwischen L und B gemäß §§ 434 I BGB (a.F.), 437 Nr. 2, 323, 440, 346 I BGB nicht zu. Zwar haftet dem Fahrzeug wegen der zumindest latenten Gefahr einer Betriebsuntersagung ein Sachmangel nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F. an (BGH (…)). Dennoch fehlte die gemäß § 437 Nr. 2, § 323 I BGB für den Rücktritt des K – aus abgetretenem Recht der L gegen B – grundsätzlich erforderliche Frist zur Nacherfüllung. Auch liegt eine Ausnahme gem. § 323 II Nr. 3 BGB tatbestandlich nicht vor. [43] (…). Ein die sofortige Rückabwicklung des Kaufvertrags rechtfertigendes überwiegendes Käuferinteresse ist regelmäßig dann zu bejahen, wenn der Verkäufer dem Käufer einen ihm bekannten Mangel bei Abschluss des Kaufvertrags arglistig verschwiegen hat (BGH (…)). In diesen Fällen ist in aller Regel ein den Verkäuferbelangen vorgehendes Interesse des Käufers anzuerkennen, von einer weiteren Zusammenarbeit mit Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2023 Referendarteil: Zivilrecht 75 dem Verkäufer Abstand zu nehmen, um sich vor möglichen weiteren Täuschungsversuchen zu schützen. [46] Zwar kann die Vertrauensgrundlage zwischen einem Käufer und einem Verkäufer unter Umständen auch dann gestört sein, wenn der Verkäufer sich bei Vertragsabschluss ordnungsgemäß verhalten hat, jedoch der Hersteller des Fahrzeugs dieses mit einer ihm bekannten und verschwiegenen unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht hat und der Verkäufer nun allein eine Nachbesserung in Form eines von diesem Hersteller entwickelten (oder in der Entwicklung befindlichen) Software-Updates anbietet. Dabei kommt es darauf an, ob spätestens bei Erklärung des Rücktritts die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien so gestört war, dass eine Nacherfüllung für den Käufer unter Einbeziehung des Herstellers nicht zumutbar war. (…) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung war nicht gem. § 323 II Nr. 3 BGB entbehrlich. Zu berücksichtigen ist, [47] (…) dass die Herstellerin durch ihre Ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015 ihre unternehmerische Entscheidung, im eigenen Kostenund Gewinninteresse das Kraftfahrt-Bundesamt und letztlich die Fahrzeugkäufer zu täuschen, ersetzt hat durch die Strategie, an die Öffentlichkeit zu treten, Unregelmäßigkeiten einzuräumen und in Zusammenarbeit mit dem Kraftfahrt-Bundesamt Maßnahmen zur Beseitigung des gesetzwidrigen Zustands zu erarbeiten, um die Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung zu bannen (BGH (…). Die Entbehrlichkeit der Fristsetzung ergibt sich aber aus § 440 S. 1, 3. Var. BGB aufgrund der Unzumutbarkeit der Nacherfüllung für K. Maßgebend für die Beurteilung ist der Erkenntnisstand des K im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung. [53] (…) die Beklagte hat lediglich vage angekündigt, dass mit der Rückrufaktion um diese Zeit [Kalenderwoche 36/2016] „begonnen“ werden könne. Insbesondere lag dieser Zeitpunkt geraume Zeit, hier sogar mehrere Monate in der Zukunft. Vor diesem Hintergrund kommt es weder auf den (…) Zeitpunkt der Freigabeentscheidung des Kraftfahrt-Bundesamts (…) noch auf die Frage an, ob mit dem freigegebenen Software-Update eine vollständige Beseitigung des Mangels zu erreichen sein würde. Jura Intensiv Ungünstige Formulierung, da hier zwei Verkäufer und zwei Käufer vorliegen. Gemeint ist hier aber grundsätzlich das Verhältnis zwischen K und L! Rücktritt des K! Geläutert und von nun an rein altruistisch handelnd oder doch lebensfremd, naiv und meiner Meinung nach mit dem Sinn des § 323 II Nr. 3 BGB – hier in dieser Konstellation als Schutznorm des Käufers – unvereinbar? Bilden Sie sich Ihre eigene Meinung. BGH, Urteil vom 30.07.2020, VI ZR 5/20 = RA 10/2020, 505 ff.; BGH, Urteil vom 08.12.2020, VI ZR 244/20 Kurzum: Die Mitteilung, mit der flächendeckenden Mangelbeseitigung zu einem späteren Zeitpunkt anzufangen, ist unzumutbar. Ein Ausschluss des Rücktrittsrechts ergibt sich aufgrund der Erheblichkeit des Mangels auch nicht aus § 323 V 2 BGB. [56] (…) nach der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (nachfolgend: Gerichtshof), die auch bei der Auslegung und Anwendung des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB zu berücksichtigen ist, kann eine unzulässige Abschalteinrichtung nicht als geringfügige Vertragswidrigkeit im Sinne von Art. 3 Abs. 6 der RL 1999/44/EG (…) und damit grundsätzlich auch nicht als eine unerhebliche Pflichtverletzung nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB angesehen werden. [57] Der Gerichtshof (…) hat entscheidend darauf abgestellt, dass ein Fahrzeugtyp, der mit einer Abschalteinrichtung ausgerüstet ist, deren Verwendung nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 verboten ist, nicht genehmigt werden kann. Ein solches Fahrzeug vermag die in RL 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. EG Nr. L 171, S. 12) EuGH, Urteil vom 14.07.2022, C-145/20 © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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