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RA Digital - 02/2024

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62 Zivilrecht

62 Zivilrecht RA 02/2024 in einen Vertragsschluss ein. In diese Verhandlungsposition des Erblassers rückten nach dessen Tod die B im Wege der Universalsukzession gem. § 1922 BGB ein. Folglich bestand ein Schuldverhältnis zwischen den K und den B. Nur wenn die folgenden drei Voraussetzungen unter Berücksichtigung der Gebote von Treu und Glauben gem. § 242 BGB kumulativ vorliegen, kann der Abbruch von Vertragsverhandlungen zu einem Anspruch aus §§ 280 I, 311 II Nr. 1, 241 II BGB führen: 1. Ein Verhandlungspartner muss bei der Gegenseite zurechenbar das aus deren Sicht berechtigte Vertrauen erweckt haben, der Vertrag werde mit Sicherheit zustande kommen. 2. Die Gegenseite muss im Vertrauen auf den Vertragsschluss Aufwendungen getätigt haben. 3. Der Verhandlungspartner hat die Verhandlungen ohne triftigen Grund abgebrochen. Genauer: Nicht allein entscheidend ist es, dass.... Beispiele für Treuepflichtverletzungen II. Pflichtverletzung gem. § 241 II BGB Die B müssten eine Pflicht i.S.d. § 241 II BGB verletzt haben. Gem. § 241 II BGB sind die Parteien im Rechtsverkehr zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der jeweils anderen Seite verpflichtet. Aus diesem Gebot der Rücksichtnahme folgen auch Treuepflichten. Eine solche könnte hier verletzt sein, wenn es zu einem treuwidrigen Abbruch von Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund gekommen wäre. [20] (...). Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, trägt grundsätzlich jede Partei selbst das Risiko, dass es trotz der Aufnahme von Vertragsverhandlungen und der Tätigung von Aufwendungen im Vertrauen auf dessen Zustandekommen nicht zu einem Abschluss des Vertrages kommt. [21] Bei einem Grundstückskaufvertrag sind an die Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB besonders strenge Anforderungen zu stellen. Bei diesem löst die Verweigerung der Mitwirkung an der Beurkundung durch einen Verhandlungspartner nicht schon dann Schadensersatzansprüche aus, wenn es an einem triftigen Grund dafür fehlt, sondern nur, wenn eine besonders schwerwiegende, in der Regel vorsätzliche Treuepflichtverletzung vorliegt (...). Dies gilt auch, wenn - wie vorliegend - der vollmachtlos vertretene Vertragspartner den schwebend unwirksamen Vertrag nicht genehmigt (...). Nicht entscheidend ist, dass der Kaufinteressent im Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages bereits Aufwendungen getätigt hat. Hierin kann schon deshalb keine besonders schwerwiegende Treuepflichtverletzung gesehen werden, weil es der Kaufinteressent andernfalls in der Hand hätte, durch eigene Dispositionen den Verkäufer mittelbar zum Abschluss des Grundstückskaufvertrages zu bewegen, obwohl ein formgültiger Vertrag i.S. des § 311b BGB noch nicht zustande gekommen ist. Dies stünde im Widerspruch zum Zweck der Formvorschrift (...). Eine besonders schwere Treuepflichtverletzung ist beispielsweise beim Vorspiegeln einer tatsächlich nicht vorhandenen Abschlussbereitschaft oder auch dann gegeben, wenn ein Verhandlungspartner zwar zunächst verkaufsbereit war, im Verlaufe der Verhandlungen aber innerlich von dieser Bereitschaft abgerückt ist, ohne dies zu offenbaren (...). Entsprechendes gilt bei der Einschaltung eines vollmachtlosen Vertreters und der nicht erteilten Genehmigung des Rechtsgeschäfts (...). Jura Intensiv Unter Zugrundelegung des vorangehend dargelegten rechtlichen Rahmens bleibt zu prüfen, ob die B selbst als Erben eine solche Pflichtverletzung begangen haben. [24] (...) Hinsichtlich der Beklagten zu 1) scheidet eine solche bereits deshalb aus, da diese die Genehmigung des Vertrages erteilt hat. [25] Den Beklagten zu 2) und 3) fällt ebenfalls keine Treuepflichtverletzung zur Last. Sie kann nicht aus dem Eintreten der Beklagten in die vorvertraglichen Pflichten des Erblassers gefolgert werden. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2024 Zivilrecht 63 [26] Die Beklagten sind als Erben im Wege der Universalsukzession gemäß § 1922 Abs. 1, 1967 Abs. 1 BGB in die Gesamtheit der Rechtspositionen des Erblassers, einschließlich vorvertraglicher Schuldverhältnisse, eingetreten. Daraus folgt zwar, dass für sie der gleiche Maßstab mit den identischen vorvertraglichen Pflichten besteht, wie sie auch für den Erblasser galten. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass mit dem Erbfall hinsichtlich der allein der Begründetheitsprüfung unterliegenden Eigenschulden ausschließlich auf ihr Verhalten und die diesem zugrundeliegenden Umstände abzustellen ist. [28] Es stellt bereits einen triftigen Grund für die verweigerte Genehmigung dar, dass der Beklagte zu 3) ein eigenes, unwiderlegt tatsächlich bestehendes Interesse an der Nutzung des streitgegenständlichen Grundstücks geltend macht. Eine solches Motiv hätte auch in Form eines Sinneswandels bei dem Erblasser eintreten können, ohne dass dies eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung begründet hätte. Gleiches gilt für den weiteren, von den Beklagten angeführten und den Klägern nicht widerlegten Grund für die Verweigerung der Genehmigung, wonach man festgestellt habe, dass der vereinbarte Kaufpreis unangemessen zu niedrig gewesen sei. [29] Da die Beklagten zu 2) und 3) an den Verhandlungen über den Kaufvertrag nicht beteiligt waren, stellt es sich überdies nicht als widersprüchliches Verhalten dar, dass der Beklagte zu 3) sein Interesse an einer eigenen Nutzung des Grundstücks nicht zu einem früheren Zeitpunkt offengelegt hat. [30] (...). Die Berufung verkennt insoweit weiterhin die grundsätzliche Risikoverteilung bei Verhandlungen über den Abschluss eines formbedürftigen Grundstückskaufvertrages. Sämtliche Aufwendungen vor dem formgültigen Abschluss des Vertrages erfolgen letztlich auf eigene Gefahr. Wollte man den Beklagten eine vorvertragliche Verpflichtung zur Genehmigung des schwebend unwirksamen Vertrages auferlegen, begründete dies einen mittelbaren Zwang zum Vertragsschluss, was nach den eingangs geschilderten Grundsätzen regelmäßig nur bei einer vorsätzlichen Treuepflichtverletzung gerechtfertigt ist, an der es - wie bereits ausgeführt - fehlt. Folglich liegt keine Pflichtverletzung gem. § 241 II BGB vor. Jura Intensiv Auf das Vorverhalten des E soll es nicht ankommen. B3 hat mit seinem Wunsch der Eigennutzung einen triftigen Grund, den Vertragsschluss scheitern zu lassen. Dass B2 und B3 den Kaufpreis für zu niedrig halten, stellt einen triftigen Grund dar, weil nicht sie, sondern E die Verhandlungen geführt hatte. Jeder muss mit dem Abbruch von Verhandlungen rechnen und tätigt Aufwendungen daher stets mit dem Risiko der Frustration. B. Ergebnis Die K haben gegen die B keinen Anspruch auf Zahlung von 5.551,37 € aus §§ 280 I, 311 II Nr. 1 BGB. FAZIT Grundsätzlich trägt jede Partei bei den Verhandlungen über den Abschluss eines formbedürftigen Grundstückskaufvertrages das Risiko des Scheiterns der Verhandlungen. Sämtliche Aufwendungen vor dem formgültigen Abschluss des Vertrages erfolgen letztlich auf eigene Gefahr. Nur unter den o.g. engen Voraussetzungen ist Raum für eine Schadensersatzpflicht wegen des Abbruchs der Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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