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RA Digital - 02/2024

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74 Referendarteil:

74 Referendarteil: Zivilrecht RA 02/2024 Nennung der Anspruchsgrundlage Thematisierung des § 444 BGB – Klassiker bei Grundstücksverträgen; müssen Sie kennen! 1. Problem des Falles: Differenzierung zwischen Mangel und Mangelsymptom BGH, Urteil vom 16.03.2012, V ZR 18/11 BGH, Beschluss vom 15.04.2021, V ZR 170/20 § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F. entspricht § 434 I, III 1 Nr. 2 BGB Nach den Feststellungen, dass es sich hier um einen Mangel handelt muss geklärt werden, ob dieser auch arglistig von den Verkäufern verschwiegen wurde. Ursachenkenntnis für den Mangel ist unerheblich BGH, Urteil vom 14.06.2019, V ZR 73/18 BGH, Urteil vom 12.04.2013, V ZR 266/11 BGH, Urteil vom 09.02.2018, V ZR 274/16 BGH, Beschluss vom 15.04.2021, V ZR 170/20 ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE Die Klage ist zulässig und begründet. Den K steht ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I 1 BGB zu. Der Ausschluss der Gewährleistungsansprüche greift lediglich für solche Sach- und Rechtsmängel, welche nicht arglistig verschwiegen wurden, § 444 BGB. Dies ist nach den getroffenen Feststellungen aber zu bejahen. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten handelt es sich bei einem Wassereintritt auch nicht lediglich um ein sogenanntes Mangelsymptom. [13] Unter einem Mangelsymptom sind äußerliche Merkmale eines Mangels zu verstehen, die auf dessen Vorhandensein schließen lassen (vgl. BGH (…)). Von Mangelsymptomen kann also (nur) gesprochen werden, wenn die jeweiligen Umstände für sich genommen die Merkmale eines Sachmangels im Sinne von § 434 Abs. 1 BGB aF (noch) nicht erfüllen. (…). [14] Hiervon abzugrenzen sind wiederholte Wassereintritte durch ein Terrassendach (vgl. auch BGH (…)). Denn es entspricht nicht der üblichen Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB aF) eines mit einer überdachten Terrasse verkauften Hausgrundstücks, dass ein solches Terrassendach bei Regen undicht ist. Ferner haben die B den Sachmangel auch arglistig verschwiegen. Klären Verkäufer eines Hausgrundstückes die Käufer nicht über Wassereintritte durch ein Terrassendach auf, handeln diese arglistig, auch wenn sie deren Ursache(n) nicht oder nur teilweise kennen. Hierauf kommt es nicht an, denn der Mangel ist der Wassereintritt selbst und nicht die diesem zugrunde liegende Ursache. Die erforderliche Arglist liegt ebenfalls vor. Diese setzt nach ständiger Rechtsprechung lediglich Eventualvorsatz voraus. Leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genügt ebenso wenig wie ein bewusstes Sichverschließen. [18] Ein arglistiges Verschweigen eines Mangels im Sinne von § 444 BGB ist danach nur gegeben, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder ihn zumindest für möglich hält und zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Der Verkäufer muss, sofern es sich nicht um einer [sic] Besichtigung zugängliche und ohne weiteres erkennbare Mängel handelt, die der Käufer bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann, gemäß seinem Kenntnisstand aufklären und darf sein konkretes Wissen nicht zurückhalten (vgl. zum Ganzen etwa BGH (…)). [19] Hierbei ist allein entscheidend, ob der Verkäufer die den Mangel begründenden Umstände kennt; nicht relevant ist dagegen, ob er daraus den Schluss auf das Vorliegen eines Sachmangels zieht (vgl. BGH, (…)), zumal im Einzelfall auch eine Offenbarungspflicht des Verkäufers bei bloßen Mangelsymptomen, die für den Käufer nicht ohne weiteres erkennbar sind, bestehen kann (vgl. BGH (…)). Ebenso wenig ist relevant, ob der Verkäufer die Mangelursache kennt (vgl. Senat BGH (…)) oder ob ihm nur eine von mehreren Ursachen des Sachmangels bekannt ist. Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 16. März 2012 (V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078 Rn. 22) formuliert hat, dass der Käufer von dem Verkäufer, der auf Grund eigener Sachkunde oder auf Grund eines Gutachtens Schlüsse auf den Mangel und seine Ursachen zu ziehen vermag, deren Mitteilung erwarten darf, ergibt sich daraus nicht, dass ein arglistiges Verschweigen eines Mangels im Sinne Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2024 Referendarteil: Zivilrecht 75 von § 444 BGB nur zu bejahen wäre, wenn (auch) bedingter Vorsatz hinsichtlich der Ursache(n) des Mangels vorläge. § 444 BGB spricht (nur) von dem „Mangel“ im Sinne von § 434 BGB oder § 435 BGB (vgl. BGH (…)). Aufgrund dieser Bewertung war es auch unerheblich, ob die B die Wasseraustritte aus der Deckenverkleidung der Terrasse selbst bereits als Mangel im Rechtssinne einordneten. Hierauf kam es nicht an. Ebenfalls unerheblich ist, dass die B zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis von der technischen Ursache des Wassereintritts hatten. Dies ergibt sich aus den zuvor genannten Feststellungen dahingehend, dass der Wassereintritt selbst der Mangel ist. Die Schadenshöhe ist ebenfalls ausreichend durch die K dargelegt. Aus dem Sachverständigengutachten ergeben sich die voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten. [27] Der Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1, § 280 Abs. 1, 3 BGB kann anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten („fiktiven“) Mängelbeseitigungskosten bemessen werden. Den zur Mängelbeseitigung erforderlichen Betrag hat der Tatrichter gemäß § 287 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu ermitteln (vgl. Senat, Urteil vom 11. März 2022 – V ZR 35/21, NJW 2022, 2685 Rn. 26, 28). Ebenfalls zulässig und begründet ist der Feststellungsantrag der K. Insbesondere das für die Zulässigkeit eines grundsätzlich subsidiären Antrages ist gegeben. [25] Auch das Feststellungsinteresse – nicht zuletzt und gerade mit Blick auf die erst bei Durchführung der Mängelbeseitigung anfallende Umsatzsteuer – ist gegeben. Insbesondere müssen sich die Kläger nicht auf eine künftige Leistungsklage, die zudem in unverjährter Zeit zu erheben wäre, verweisen lassen. Denn berechnen die Kläger ihren Schaden, wie hier, zulässigerweise auf der Grundlage der von dem Sachverständigen ermittelten Mängelbeseitigungskosten „fiktiv“, also ohne Durchführung der Mängelbeseitigung und damit insbesondere ohne Umsatzsteuer (vgl. BGH (…)), haben sie – schon um der drohenden Verjährung zu begegnen (vgl. dazu BGH (…)) – ein Interesse im Sinne von § 256 ZPO an der Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden (vgl. BGH (…)). Jura Intensiv BGH, Urteil vom 28.05.2021, V ZR 24/20 Letztes Problem innerhalb dieses Anspruches: Höhe des Schadens, wenn eine Reparatur noch nicht erfolgt ist Siehe zur Abrechnung fiktiver Mängelbeseitigungskosten: RA 05/2021, 229 ff. Die Bewertung obliegt dem Tatrichter, § 287 I ZPO; dieser nimmt – was auch sonst – auf die Feststellungen im Gutachten des vereidigten Sachverständigen Bezug. Wichtig! Sie müssen alle Anträge abarbeiten. Klassiker: Thematisierung des Feststellungsinteresses bei Feststellungsklagen, § 256 I ZPO BGH, Urteil vom 12.03.2021, V ZR 33/19 BGH, Urteil vom 22.07.2010, VII ZR 176/09 BGH, Urteil vom 13.05.2022, V ZR 231/20 u.A. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 709 ZPO. FAZIT Der notarielle Kaufvertrag beinhaltet grundsätzlich einen Haftungsausschluss, wenn gebrauchte Immobilien veräußert werden. Der Grund ergibt sich bei Betrachtung des tatsächlichen Vorganges. Die potentiellen Käufer besichtigen das Objekt einmal, maximal zweimal, bevor die Beauftragung des Notars erfolgt. Der Verkäufer möchte das Objekt verkaufen, wie es ist („liegt und steht“). Er will keinen Mängelansprüchen ausgesetzt sein, weil eine Sicherung kaputt, eine Fliese geplatzt oder ein Rollladen schief hängt. Der Käufer sah das Objekt und kann sich entscheiden, ob er es zu dem Kaufpreis nimmt oder nicht. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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