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RA Digital - 02/2024

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76 Referendarteil:

76 Referendarteil: Zivilrecht RA 02/2024 Dem entgegengesetzt möchte der Käufer keine finanzielle „Bombe“ kaufen und keine Mängel beheben müssen, die er nicht kennt. Das Problem ist also: Bestehen Mängel, die der Verkäufer kennt, der Käufer aber im Besichtigungstermin nicht sofort hat sehen können? Der Klassiker hier ist der Hausschwamm, ein Pilz in den Wänden, welcher bei großflächigem Befall zu einer erforderlichen Kernsanierung des Objektes führt. Die goldene Mitte ergibt sich hier aus dem Gewährleistungsausschluss (Interessen des Verkäufers) und der – wenn man so will – Rückausnahme des § 444 BGB, wonach arglistig verschwiegene Mängel von dem Gewährleistungsausschluss nicht umfasst sind (Interessen des Käufers). Zwei Kernpunkte waren hier wichtig: Die Differenzierung zwischen einem Mangelsymptom und einem Mangel. Die Kurzform: Maßgeblich ist, ob die Sache noch die übliche Beschaffenheit hat. Bei Wasserschäden ist der Übergang zwischen Mangelsymptom und Mangel – pun intended – fließend. Ist eine Kellerwand feucht, ist dies ein Symptom für eine bspw. fehlende Außenabdichtung; „Regnet es ins Wohnzimmer“, liegt ein Mangel vor. Hier muss in einer Klausur abgegrenzt und ausführlich begründet werden. Hinsichtlich der Arglist ist allein relevant, ob der Verkäufer die den Mangel begründenden Umstände kennt. Rechtliche Wertungen oder technische Ursachen sind hierfür unerheblich. Streiten sich die Parteien über die Schadenshöhe, wenn der Schaden noch gar nicht behoben ist, ist hierüber Beweis zu erheben. Ergeben sich konkrete Bezifferungen aufgrund eines Beweismittels, kann der Richter diese seiner Entscheidung zugrunde legen, § 287 ZPO. Erfolgt eine fiktive Schadensabrechnung (Schaden ist noch nicht behoben, der Schuldner soll aber schonmal zahlen), ist dieser Zahlungsantrag zu kombinieren mit dem Feststellungsantrag, dass der Schuldner ersatzpflichtig für sämtliche künftige weitere Schäden aufgrund des Mangels ist. Das Feststellungsinteresse gem. § 256 ZPO besteht aufgrund der noch nicht angefallenen Umsatzsteuer der Handwerker sowie aufgrund der Gefahr der Verjährung des Zahlungsanspruches. Jura Intensiv Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2024 Referendarteil: Zivilrecht 77 Problem: Aufhebung der Erbfolge durch neues Testament Einordnung: Erbrecht OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.12.2023 3 Wx 189/23 EINLEITUNG Es gibt ausschließlich einen Grund dafür, seinen letzten Willen handschriftlich selbst zu verfassen und der besteht darin, Geld zu sparen. Man riskiert aber damit Zweierlei. Erstens besteht die Gefahr, dass man sich rechtlich falsch ausdrückt und im Erbfall Juristen in den Formulierungen eine andere als die gewünschte Bedeutung hineininterpretieren. Zweitens besteht die Gefahr, dass dieses Dokument – vorsätzlich oder fahrlässig – nicht gefunden wird. Hierzu der folgende Fall. GRÜNDE I. Die Erblasserin (E) verstarb ledig und kinderlos. Sie hatte zwei Geschwister: den am (…) 2009 vorverstorbenen F.-K. und die am (…) 2020 vorverstorbene Ch. Die Beteiligten zu 2. bis zu 4. (B2-B4) sind die Kinder von F-K. Die Beteiligte zu 1. (B1) ist die Tochter des B4. E hinterließ vier handschriftliche Testamente. Im Testament vom 03.04.2007 setzte E ihre Schwester Ch. zu ihrer Alleinerbin ein. Unterhalb des Testaments befindet sich eine auf den 20.04.2007 datierte Ergänzung, die wie folgt lautet: „Für den Fall, dass meine Schwester Ch. das Erbe nicht antreten kann, soll mein Bruder F-K., Alleinerbe meines gesamten Besitzes sein.“ Die Ergänzung ist durchgestrichen. Oberhalb der Ergänzung findet sich der handschriftliche Vermerk: „Durchgestrichen am 26.04.2009“ und daneben das Wort „ungültig“, das seinerseits durchgestrichen wurde. Am Rand des Schriftstücks neben dem ergänzenden Text steht: „F-K ist am (…) 2009 gestorben.“ Mit Testament vom 26.04.2009 erklärte E erneut die Einsetzung ihrer Schwester Ch. zu ihrer Alleinerbin. Unterhalb des Testaments brachte sie eine undatierte und unvollständige Ergänzung mit folgendem Wortlaut an: „Für den Fall, daß meine Schwester Ch. das Erbe nicht antreten kann, setze ich meine Großnichte ... (lies: die Beteiligte zu 1.), ... als“ Mit Testament vom 18.10.2009 erklärte E ein weiteres Mal die Einsetzung ihrer Schwester Ch. zu ihrer Alleinerbin. Im Testament heißt es: „Für den Fall, dass meine Schwester Ch. verstorben ist, setze ich zur Nacherbin meine Großnichte ... (lies: die Beteiligte zu 1.), ... ein.“ Das Testament vom 27.04.2016 lautet wie folgt: „Mein Testament Ich erkläre, dass ich im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte bin. Für den Fall meines Todes setze ich, die Unterzeichnende (…), hiermit meine Schwester Ch., (…) zur Alleinerbin meines gesamten Eigentums ein. Ihr gehört damit mein Haus, 4(…) K2., U.str. (…) mit dem dazugehörenden Grundstück und allem, was darinnen ist. Außerdem gehört ihr all mein Geld. Ich wiederhole, meine Schwester Ch. erbt alles, was mir gehört.“ Jura Intensiv LEITSÄTZE 1. Ein Widerspruch i.S.v. § 2258 I BGB liegt auch dann vor, wenn der Erblasser mit dem späteren Testament seine Erbfolge insgesamt, d.h. abschließend und umfassend, neu geregelt hat. 2. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein späteres Testament die Erbfolge vollständig und abschließend neu regelt, sind alle Umstände des Falles zu berücksichtigen, die Aufschluss über den Testierwillen des Erblassers geben können. Neben dem Wort der zur Beurteilung stehenden testamentarischen Verfügung ist auch der Inhalt früherer Testamente sowie eine dort erkennbare Übung des Erblassers, vollständige Testamente zu errichten, die allenfalls durch Streichungen oder Ergänzungen geändert werden, zu berücksichtigen. In der Klausur sind die Parteibezeichnungen auszuschreiben. Rechtsbehelfe und Rechtsmittel im Erbscheinsverfahren richten sich nicht originär nach der ZPO, sondern nach dem FamFG, hier §§ 58 ff. FamFG, da die Ablehnung des beantragten Erbscheines der B1 eine erstinstanzliche Entscheidung des AG ist. Die Formatierung in kursiv dient hier für Sie als Leseerleichterung. Sie „formatieren“ in Ihrer Klausur Ausführungen zum unstreitigen Tatbestand nicht. In Entscheidungen, die als Urteile ergehen, wird stets zwischen „Tatbestand“ und „Entscheidungsgründe“ getrennt. Ergeht die Entscheidung als Beschluss, wird zwischen Gründe zu I. und zu II. und teilweise für Nebenentscheidungen zu III. unterschieden. Ein Fall, wie ihn nur das Leben schreiben kann. E hat – immer dann, wenn sie mit ihrer getroffenen Regelung unzufrieden war – die bestehende abgeändert und eine neue aufgesetzt. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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