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RA Digital - 02/2024

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86 Öffentliches Recht

86 Öffentliches Recht RA 02/2024 LÖSUNG Die Anträge haben Erfolg, soweit sie zulässig und begründet sind. A. Zulässigkeit der Anträge Abgrenzung BVerfG •• LVerfG Art. 64 BV Antragsgegnerin Wichtig: Rechtsnatur abhängig vom Adressatenkreis der umstrittenen Maßnahmen: • Bzgl. Mitarbeitern der Landtagsverwaltung: innerdienstliche Weisung. • Bzgl. Besuchern und Mitarbeitern der Abgeordneten/Fraktionen: VA. • Bzgl. Antragsteller: verfassungsrechtlich relevante Anordnung • Verfassungsstreitigkeit (+) I. Zuständigkeit des VerfGH Da es hier um einen Streit innerhalb des obersten Staatsorgans Landtag geht, ist für das allein in Betracht kommende Organstreitverfahren das Landesverfassungsgericht in Gestalt des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs zuständig, vgl. Art. 64 BV. II. Beteiligungsfähigkeit Beteiligungsfähig am Organstreitverfahren beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof sind gem. Art. 64 BV oberste Staatsorgane und in der Landesverfassung mit eigenen Rechten ausgestattete Teile eines obersten Staatsorgans. Die Antragstellerin zu 1 ist als Teil des obersten Staatsorgans Landtag in Art. 16a BV (Rechte der parlamentarischen Opposition) und der Antragsteller zu 2 in Art. 13 II BV (freies Mandat) mit eigenen Rechten ausgestattet. Der Antragsgegnerin, der Präsidentin des Bayerischen Landtags, sind u.a. in Art. 21 BV (Hausrecht und Polizeigewalt) eigene Rechtspositionen zugewiesen. Damit liegt die Beteiligungsfähigkeit vor. III. Antragsgegenstand Das Organstreitverfahren ist gem. Art. 64 BV statthaft, wenn eine Verfassungsstreitigkeit zwischen den Beteiligten vorliegt. „Die als „Anordnungen und Dienstanweisung“ bezeichneten Maßnahmen der Antragsgegnerin […] hatten keine einheitliche Rechtsnatur, sondern waren abhängig vom jeweiligen Adressatenkreis unterschiedlich zu qualifizieren. Gegenüber den Mitarbeitern des Landtagsamts handelte es sich um innerdienstliche Weisungen der Landtagspräsidentin in ihrer Funktion als Vorgesetzte. Gegenüber den externen Besuchern des Parlaments sowie den Mitarbeitern der Abgeordneten und Fraktionen stellten die zugangsbeschränkenden und verhaltenssteuernden Anordnungen einen Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung nach Art. 35 Satz 2 BayVwVfG dar, da die Antragsgegnerin insoweit mit rechtlicher Außenwirkung von ihren verfassungsunmittelbaren Regelungsbefugnissen nach Art. 21 Satz 1 Alt. 1 BV Gebrauch machte. Im Verhältnis zu den Antragstellern als mit eigenen verfassungsmäßigen Rechten ausgestatteten Teilen des Landtags handelte es sich dagegen nicht um Maßnahmen, die auf eine Rechtswirkung nach außen gerichtet waren, sondern um den innerparlamentarischen Rechtskreis betreffende, auf dem Hausrecht beruhende Anordnungen, die die verfassungsrechtlich verbürgten Rechte der Abgeordneten und Fraktionen berührten und daher Gegenstand (nur) eines Organstreitverfahrens sein konnten.“ Jura Intensiv Somit ist das Organstreitverfahren statthaft. Beim LVerfG können nur Organrechte aus der LVerf geltend gemacht werden. IV. Antragsbefugnis Die Antragsteller müssen antragsbefugt sein, d.h. geltend machen, in einem ihrer Rechte aus der Landesverfassung verletzt zu sein. Da die Beteiligten im Organstreitverfahren nicht als natürliche Personen auftreten, können sie nicht die Verletzung ihrer Grundrechte, sondern nur einen Verstoß gegen die ihnen übertragenen Organrechte geltend machen. Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG

RA 02/2024 Öffentliches Recht 87 „Soweit sich die Antragsteller gegen die unter Nr. 5 angeordnete sofortige Vollziehung […] wenden, sind die Anträge im Organstreitverfahren mangels eigener rechtlicher Betroffenheit unzulässig. […] Rechtliche Bedeutung besitzen Sofortvollzugsanordnungen als verfahrensrechtliche Nebenentscheidungen […] nur im Zusammenhang mit dem fachgerichtlichen Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte. Die Antragsgegnerin hat aber im Verhältnis zu den Antragstellern, wie oben dargelegt, keinen Verwaltungsakt erlassen, gegen den diese im Wege einer Anfechtungsklage und eines verwaltungsgerichtlichen Eilantrags hätten vorgehen können. […] Unzulässig sind die Anträge auch, soweit sich die Antragsteller gegen Nr. 6 der „Anordnungen und Dienstanweisung“ […] wenden und darin insbesondere eine Verletzung der in Art. 28 BV garantierten parlamentarischen Immunität sehen. […] Mit der Gewährleistung der parlamentarischen Immunität wird die Handlungsfähigkeit der Volksvertretung insbesondere in ihrer Funktion als Gesetzgebungsorgan geschützt […]. Die Vorschrift dient damit vornehmlich dem Parlament als Ganzem (sog. Parlamentsprivileg). Eine Rechtposition einzelner Abgeordneter ergibt sich daraus nur insoweit, als diese unter Berufung auf ihr Recht auf ungestörte Mandatsausübung (Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BV) verlangen können, dass die Entscheidung über eine Genehmigungserteilung nach Art. 28 Abs. 1 BV nicht anhand sachfremder Erwägungen und damit in willkürlicher Weise […] getroffen wird. Hatte das Parlament wie hier noch keinen Anlass, über eine immunitätsrelevante freiheitsbeschränkende oder freiheitsentziehende Maßnahme zu entscheiden, so fehlt es an einem konkreten Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten, das Gegenstand einer Organstreitigkeit sein könnte. […] Da Nr. 6 der „Anordnungen und Dienstanweisung“ nur in allgemeiner Form auf die im Fall ihrer Nichtbeachtung bestehenden Handlungsoptionen der Antragsgegnerin verwies, lag darin […] noch keine konkrete „Androhung“ der erwähnten Maßnahmen (Zwangsgeld bzw. Ersatzzwangshaft, Bußgeld, Hausverweis, Hausverbot) gegenüber etwa widerstrebenden Abgeordneten, die am Maßstab des freien Mandats (Art. 13 Abs. 2 BV) zu messen wäre. […] Jura Intensiv Hinsichtlich der übrigen Anträge besitzen die Antragsteller die erforderliche Antragsbefugnis. Sie […] rügen […] hinreichend substanziiert eine Verletzung der in Art. 13 Abs. 2 BV garantierten freien Mandatsausübung und der in Art. 16a BV gewährleisteten Minderheitenrechte. Die angegriffenen Anordnungen der Antragsgegnerin wirkten sich allerdings auf diese Organrechte zum Teil nur mittelbar aus. Sie waren gleichwohl als rechtserheblich anzusehen, da sie sich nach dem Sachvortrag der Antragsteller zumindest zu einem ihre Rechtsstellung beeinträchtigenden Verhalten verdichten konnten. […]“ V. Rechtsschutzbedürfnis Da die streitgegenständlichen Anordnungen mit Ablauf des 31.12.2020 außer Kraft getreten sind, ist fraglich, ob das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis vorliegt. „[…] Das Rechtsschutzinteresse für einen Antrag entfällt […] grundsätzlich nicht allein dadurch, dass die beanstandete Rechtsverletzung in der Vergangenheit stattgefunden hat und bereits abgeschlossen ist. Selbst wenn man in solchen Fällen ein besonderes Fortsetzungsfeststellungsinteresse Anordnung Nr. 5: Selbstbetroffenheit (-) Anordnung Nr. 6: Konkretes Rechtsverhältnis (-) Anordnungen Nr. 1-4a: Antragsbefugnis (+) Zur teilweise nur mittelbaren Betroffenheit s.u. in der Begründetheit die Prüfung des Eingriffs. Problem: Erledigung Zum Prüfungsaufbau: Kann alternativ in der Antragsbefugnis angesprochen werden. Fortsetzungsfeststellungsinteresse Hier: Wiederholungsgefahr © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis

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