130 Referendarteil: Zivilrecht RA 03/2017 BGH, Urteil vom 08.12.2011, IX ZR 33/11 BGH, Urteil vom 27.09.1990, IX ZR 67/90 Ein Insolvenzgrund muss nicht vorgetragen werden, alles andere wäre auch widersprüchlich, da bei Insolvenz die Insolvenzanfechtung durch den Insolvenzverwalter zugunsten der Insolvenzmasse möglich ist. Bei Haupt- und Hilfsantrag muss unterschieden und dargelegt werden, welcher Antrag begründet ist. BGH, Urteil vom 01.04. 2004, IX ZR 305/00 BGH, Urteil vom vom 25.06.1992, IX ZR 4/91 „II.1.a) Nach § 2 AnfG ist ein Gläubiger, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, dann zur Anfechtung berechtigt, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, dass sie nicht dazu führen würde. Die mutmaßliche Erfolglosigkeit der Zwangsvollstreckung ist kein reales Geschehen, sondern eine Prognose. Der Kläger kann den ihm insoweit obliegenden Nachweis führen, indem er Beweisanzeichen (Indizien) darlegt und gemäß § 286 ZPO zur vollen Überzeugung des Gerichts beweist, die den Schluss auf einen negativen Ausgang eines Vollstreckungsversuchs zulassen. Der Misserfolg der Vollstreckung muss wahrscheinlicher sein als der Erfolg. Ob dies der Fall ist, ist nach § 287 ZPO zu beurteilen. II.1.b) Der Kläger hat nicht behauptet, selbst die Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Schuldnerin betrieben zu haben. Er hat jedoch tatsächliche Umstände dargelegt, welche die Prognose tragen könnten, dass eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Schuldnerin aller Wahrscheinlichkeit nach erfolglos bleiben würde. Nach dem Vorbringen des Klägers hat ein weiterer Gläubiger wegen einer titulierten Forderung von 131.728,60 € vergeblich die Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Schuldnerin betrieben. Fruchtlose Vollstreckungsversuche anderer Gläubiger können Beweisanzeichen dafür sein, dass auch eine vom Anfechtungsgläubiger veranlasste Zwangsvollstreckung erfolglos bleiben würde. Der Kläger hat weiter ein Vollstreckungsprotokoll vorgelegt, nach welchem der Geschäftsführer der Schuldnerin erklärt hat, zur Begleichung der Forderung von 131.728,60 € in bar nicht in der Lage zu sein. Aussagen des Schuldners selbst kommen ebenfalls als Beweisanzeichen in Betracht.“ Die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (vgl. § 17 InsO) oder die etwaige Überschuldung braucht nicht nachgewiesen und festgestellt zu werden. Die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Anfechtungsgegners ist bereits dann eröffnet, wenn eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners erfolglos war oder voraussichtlich erfolglos bleiben würde. Jura Intensiv Die Klage ist auch bereits mit dem Hauptantrag begründet. Der Kläger ist als Gläubiger zur Anfechtung nach § 4 I AnfG berechtigt, da die Beklagte Empfängerin einer teilweise unentgeltlichen Leistung ist, die insoweit der unentgeltlichen Leistung gleichzustellen ist. „II.2.a) Nach § 4 Abs. 1 AnfG ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, wenn sie nicht früher als vier Jahre vor der Anfechtung vorgenommen worden ist. Unentgeltlich ist eine Leistung dann, wenn der Erwerb des Empfängers in seiner Endgültigkeit vereinbarungsgemäß nicht von einer ausgleichenden Zuwendung abhängt. (…) Eine teilweise unentgeltliche Leistung unterliegt der Anfechtung insoweit, als deren Wert denjenigen der Gegenleistung übersteigt und die Vertragsparteien den ihnen zustehenden Bewertungsspielraum überschritten haben.“ Die erfolgreiche Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz verpflichtet den Anfechtungsgegner dazu, dasjenige, was aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben worden ist, dem Gläubiger zur Inhaltsverzeichnis © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG
RA 03/2017 Referendarteil: Zivilrecht 131 Verfügung zu stellen, soweit es zu dessen Befriedigung erforderlich ist (§ 11 I 1 AnfG). Konkret bedeutet dies, dass die Zwangsvollstreckung in den Vermögensgegenstand zu dulden ist. Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nach § 4 I AnfG nur zur Verfügung zu stellen, soweit er durch sie bereichert ist, es sei denn, er weiß oder musste wissen, dass die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligte (§ 11 II 1, 2 AnfG). In diesem Fall kann er sich nicht auf den Entreicherungseinwand berufen. „II.2.c) Diese Grundsätze gelten auch für den Empfänger einer nur teilweise unentgeltlichen Leistung. II.2.c) aa) Das Anfechtungsgesetz enthält keine besonderen Vorschriften für die Rechtsfolgen der Anfechtung einer teils entgeltlichen, teils unentgeltlichen Leistung. Folgerichtig hat der Senat in früheren Entscheidungen die Vorschriften der §§ 11, 12 AnfG ohne weitere Begründung angewandt. Ist die Leistung des Schuldners teilbar, kann die Anfechtung auf den unentgeltlichen Teil der Leistung beschränkt werden mit der Folge, dass der Anfechtungsgegner nur insoweit die Zwangsvollstreckung zu dulden hat. Eine unteilbare Leistung des Schuldners ist grundsätzlich insgesamt anfechtbar. II.2.c) bb) In der Kommentarliteratur wird allerdings vertreten, dass Rechtsfolge der Anfechtung einer teils entgeltlichen, teils unentgeltlichen Leistung nur ein Anspruch auf Zahlung des Wertüberschusses sei. Der Empfänger einer teilweise unentgeltlichen Leistung soll danach von vornherein nur zu Wertersatz in Höhe des unentgeltlichen Teils der empfangenen Leistung verpflichtet sein, auch dann also, wenn ihm die Erfüllung des Primäranspruchs gemäß § 11 AnfG - der Duldung der Zwangsvollstreckung in den empfangenen Gegenstand - möglich ist. II.2.c) cc) Dieser Ansicht, welche insbesondere den Interessen des Anfechtungsgegners Rechnung trägt, den anfechtbar erlangten Vermögensgegenstand zu behalten, vermag sich der Senat jedoch nicht anzuschließen. Der Schutz des Anfechtungsgegners verlangt im Fall der Anfechtung einer teils entgeltlichen, teils unentgeltlichen Leistung keine Einschränkung der gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolge des II.2.c) cc) (1) Die Vorschrift des § 11 AnfG enthält in Absatz 2 eine Sonderregelung für den gutgläubigen Empfänger einer unentgeltlichen Leistung. Dieser hat die Leistung nur insoweit zur Verfügung zu stellen, als er durch sie bereichert ist. Der Schutz des Anfechtungsgegners wird also durch eine Beschränkung des Haftungsumfangs erreicht. Eine andere Rechtsfolge als die Pflicht zur Duldung der Zwangsvollstreckung sieht die Vorschrift dagegen nicht vor.“ „II.2.c) cc) (2) Nichts anderes gilt im Falle der Anfechtung einer teils entgeltlichen, teils unentgeltlichen Leistung. Der Empfänger einer solchen Leistung unterscheidet sich von demjenigen einer insgesamt unentgeltlichen Leistung nur insoweit, als er eine den Wert der Leistung des Schuldners deutlich unterschreitende Gegenleistung zu erbringen hat. (…) II.2.c) cc) (3) Rechtstechnisch gibt es mehrere Möglichkeiten, dem Entreicherungseinwand des gutgläubigen Empfängers einer teilweise unentgeltlichen Leistung Rechnung zu tragen, ohne den Anfechtungsgläubiger auf einen Anspruch auf Zahlung des Wertüberschusses zu beschränken. Der Anfechtungsgläubiger, der bereit und in der Lage ist, die Gegenleistung aus seinem eigenen Vermögen zurück zu gewähren, kann auf eine Verurteilung des Anfechtungsgegners Jura Intensiv BGH, Urteil vom 18.5.2000, IX ZR 119/99 BGH, Urteil vom 25.6.1992, IX ZR 4/91 Unterscheidung zwischen teilbarer und unteilbarer Leistung Abweichende Auffassung der Kommentarliteratur, der sich der Senat allerdings nicht anschließt Entscheidendes Argument: Der Anfechtungsgegner wird durch die Beschränkung des Haftungsumfangs geschützt. © Jura Intensiv Verlags UG & Co. KG Inhaltsverzeichnis
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